LVwG-150584/5/EW/GD

Linz, 21.07.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Elisabeth Wiesbauer über die Beschwerde der Frau A W, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Stadt Wels vom 02.12.2014, GZ: DI-StV-118-2014, betreffend die Vorschreibung eines Verkehrsflächenbeitrags für die Grundstücke Nr. x und Nr. x, beide EZ x, KG P

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.         Gemäß § 279 Abs. 1 BAO wird die Beschwerde gegen den Bescheid vom 02.12.2014, GZ: DI-StV-118-2014 als unbegründet abgewiesen.

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I.            Verfahrensgang, Sachverhalt:

 

I.1. Mit Bescheid vom 31.05.2013 (BZ-BauR-1051-2013 und BZ-BauR-4015-2013) wurde Frau A W (im Folgenden Bf genannt) die Baubewilligung für das Bauvorhaben Abbruch sowie Aufstockung des Objektes H, Grundstück-Nummer 287 Baufl. x EZ x, KG  P, erteilt. Mit gleichem Bescheid wurde die Bauplatzbewilligung für die angeführten Grundstücke erteilt.

 

Laut Bauplan, Baubewilligung und Aktenvermerk vom 20.01.2015 wurde das Dachgeschoß abgetragen und das Erdgeschoss als Bestand erhalten. Das Obergeschoß und Dachgeschoß wurden entsprechend der Baupläne auf dem bestehenden Erdgeschoss gänzlich neu errichtet. Die Nutzfläche des neu errichteten Obergeschoß und Dachgeschoß beträgt 111,54 .

 

I.2. Mit Schreiben vom 26.05.2014, FD-STV-8533-2014 wurde die Bf über die beabsichtigte Vorschreibung des Verkehrsflächenbeitrages nach der Oö. BauO 1994 informiert und eine zweiwöchige Frist zur Stellungnahme eingeräumt. Die Berechnungsgrundlagen wurden zur Information beigelegt.

 

Am 17.06.2014 wurde durch Bescheid, Gz: FD-STV-8533-2014 vom Magistrat der Stadt Wels als Abgabenbehörde erster Instanz der Bf als Eigentümerin der angeführten Grundstücke der Verkehrsflächenbeitrag in Höhe von Euro 1.537,92 vorgeschrieben.

 

Die Berechnung des Verkehrsflächenbeitrags erfolgte aufgrund der in §§ 20ff Oö. BauO 1994 angegebenen Berechnungsformel wie folgt.

 

 

„Berechnunqsblatt für Verkehrsflächenbeitraq

 

KG: P

Grundstück Nummer: x BfL. x

EZ: x

Grundstücksfläche: 317 m2

Verkehrsfläche: H

 

Berechnungsgrundlagen

 

Der Verkehrsflächenbeitrag ist gemäß § 20 O.ö. Bauordnung 1994 i.d.g.F. das Produkt aus der anrechenbaren Breite der Verkehrsfläche, der anrechenbaren Frontlänge und dem Einheitssatz.

Die anrechenbare Breite beträgt unabhängig von der tatsächlichen Breite 3 Meter.

Die anrechenbare Frontlänge beträgt √317m² = 17,80 m

Der Einheitssatz beträgt € 72,00.

 

 

 

 

 

 

Der Verkehrsflächenbeitrag errechnet sich demnach wie folgt:

 

17,80 m x 3,00 x € 72,00                                                                   € 3.844,80

- 60%ige Ermäßigung gem. § 21 Abs. 2 O.ö. BauO 1994 i.d.g.F. € 2.306,88

 

Vorschreibungsbetrag € 1.537,92

 

 

Erläuterungen:

 

Die anrechenbare Frontlänge ergibt sich aus der Quadratwurzel der Größe des Bauplatzes bzw. Grundstückes.“

 

 

I.3. Gegen den Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz vom 17.06.2014, zugestellt am 24.06.2014 brachte die Bf, vertreten durch Rechtsanwälte OG H, rechtzeitig am 03.07.2014 das Rechtsmittel der Berufung ein.

Die Bf sah sich in ihren Rechten verletzt an und begründete dies wie folgt:

-      Es wurden bereits durch frühere Umbauten Verkehrsflächenbeiträge geleistet, welche nicht angerechnet wurden.

-      Die Wohnfläche ist nur um 17 angehoben worden, sodass eine Vorschreibungsberechtigung nicht besteht und die Ausnahmebestimmung nach § 21 Oö. BauO 1994 anzuwenden ist.

-      Fraglich ist, ob die Gemeinde überhaupt die betroffene Verkehrsfläche errichtet hat.

 

Es wurden keine Unterlagen vorgelegt, die die bereits erbrachten Leistungen der Bf belegen.

 

I.4. Der Stadtsenat der Stadt Wels als Abgabenbehörde zweiter Instanz wies die Berufung als unbegründet ab. Der Bescheid vom 02.12.2014 mit der
Gz. DI-StV-118-2014 wurde am 05.12.2014 zugestellt.

 

Begründet wurde die Entscheidung damit, dass aufgrund des Sachverhalts und der Aktenlage keine Aufschließungsbeiträge vorgeschrieben wurden. Der Antrag auf Baubewilligung und der Bauplan stammen aus dem Jahr 1905, mit welchem das Erdgeschoss als Wohnfläche und das OG als Dachboden und nicht als Wohnraum bewilligt wurde. Die Vorschreibung von Anliegerbeiträgen erfolgte erst ab dem Jahr 1946. Die Behauptung der Bf über bereits geleistete Verkehrsflächenbeitrage konnte nicht verifiziert werden.

Hinsichtlich des Einwands, ob die Gemeinde die Straße tatsächlich errichtet hat, ist festzuhalten, dass das Gesetz lediglich von einer öffentlichen Verkehrsfläche spricht.

Da der Bauplan im neu errichteten OG und DG eine zusätzliche Gesamtnutzfläche von 107,61 ergibt, ist eine Ausnahme nach § 21 Abs. 1 der Oö. BauO 1994 nicht gegeben.

 

 

I.5. Am 05.01.2015 brachte die Bf, welche nun nicht mehr anwaltlich vertreten ist, rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde ein und beantragte die Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde nicht beantragt.

 

Inhaltlich begründet wurde die Beschwerde damit, dass das ehemalige Dachgeschoss als Wohnraum ausgebaut und genutzt wurde und deswegen eine Überschreitung der gesamten neuen Nutzfläche von 100 nicht gegeben ist. Laut Bf waren ursprünglich (1905) ein Erdgeschoss, ein 1. Stock und ein Dachgeschoss geplant. Gebaut wurden tatsächlich ein Erdgeschoss und das Dachgeschoss. Das Dachgeschoss wurde genau nach Plan (beiliegend) gebaut: Kabinett, 2 Kinderzimmer, Zimmer, Stiegenaufgang wie zu einem bewohnten Stock und ein Teil Dachboden wobei auch dieser als Wohnraum genutzt wurde.

 

 

I.6. Mit Schreiben vom 22.01.2015, eingelangt am 26.01.2015 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vor.

 

 

II. Beweiswürdigung:

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt (einschließlich ergänzend angeforderter Aktenbestandteile, ON 4 des verwaltungsgerichtlichen Aktes). Der unter I. dargestellte Sachverhalt ergibt sich daraus widerspruchsfrei.

 

 

III. Maßgebliche Rechtslage:

 

III.1. Verfahren vor dem Verwaltungsgericht:

 

Gemäß § 22 Abs. 1 Oö. BauO 1994 sind die Beiträge gemäß §§ 19 bis 21 leg. cit. hinsichtlich der Verkehrsflächen der Gemeinde als Interessentenbeiträge ausschließliche Gemeindeabgaben im Sinn des § 6 Z 5 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948.

 

Gemäß § 1 Abs. 1 BAO gelten die Bestimmungen der BAO in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und der Gemeinden) sowie der auf Grund unmittelbar wirksamer Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu erhebenden öffentlichen Abgaben, in Angelegenheiten der Eingangs- und Ausgangsabgaben jedoch nur insoweit, als in den zollrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, soweit diese Abgaben durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zu erheben sind.

 

Gemäß § 2a erster und zweiter Satz BAO gelten die Bestimmungen der BAO sinngemäß im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren der belangten Abgabenbehörde gelten. In solchen Verfahren ist das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) nicht anzuwenden.

 

Nach § 243 BAO sind gegen Bescheide, die Abgabenbehörden erlassen, Beschwerden an die Verwaltungsgerichte zulässig, soweit in Abgabenvorschriften nicht anderes bestimmt ist.

 

Gemäß § 279 Abs. 1 BAO hat das Verwaltungsgericht, außer in den – hier nicht relevanten – Fällen des § 278 BAO, immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Nach dem zweiten Satz dieser Bestimmung ist das Verwaltungsgericht berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

 

III.2.  In der Sache:

 

Die hier maßgeblichen Bestimmungen der Oö. Bauordnung 1994 (Oö. BauO 1994), LGBl. Nr. 66, in der Fassung LGBl. Nr. 34/2013 lauten:

 

 

§ 19,

Beitrag zu den Kosten der Herstellung öffentlicher Verkehrsflächen

 

(1) Anlässlich der Erteilung einer Baubewilligung für den Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden, die durch eine öffentliche Verkehrsfläche der Gemeinde oder des Landes (§ 8 Oö. Straßengesetz 1991) aufgeschlossen sind, hat die Gemeinde dem Eigentümer des Bauplatzes oder des Grundstücks, auf dem das Gebäude errichtet werden soll oder schon besteht, mit Bescheid einen Beitrag zu den Kosten der Herstellung dieser öffentlichen Verkehrsfläche (Verkehrsflächenbeitrag) vorzuschreiben. Ausgenommen sind Radfahr-, Fußgänger- und Wanderwege.

 

(4) Abgabepflichtig ist derjenige, der im Zeitpunkt der Vorschreibung Eigentümer des Grundstücks ist.

 

 

 

 

§ 20,

Berechnung des Verkehrsflächenbeitrags

 

(1) Der Beitrag ist für die Grundstücksfläche, die der Berechnung der anzurechnenden Frontlänge zugrunde gelegt wurde, vorbehaltlich des Abs. 4b nur einmal zu entrichten.

 

(2) Die Höhe des Beitrags ist gleich dem Produkt aus der anrechenbaren Breite der öffentlichen Verkehrsfläche, der anrechenbaren Frontlänge und dem Einheitssatz.

 

(3) Die anrechenbare Breite der öffentlichen Verkehrsfläche beträgt unabhängig von ihrer tatsächlichen Breite drei Meter.

 

(4) Anrechenbare Frontlänge ist die Seite eines mit dem Bauplatz oder dem zu bebauenden oder bereits bebauten Grundstück flächengleichen Quadrats.

 

(5) Den Einheitssatz hat die Landesregierung durch Verordnung festzusetzen; dabei sind jene durchschnittlichen Straßenerrichtungskosten pro Quadratmeter zugrunde zu legen, die     

1. mit der Herstellung des Tragkörpers (einer mechanisch verdichteten Schottertragschicht) und

2. mit der Aufbringung einer bituminös gebundenen Tragschicht oder einer Pflasterung auf den Tragkörper

 

üblicherweise verbunden sind. Für öffentliche Verkehrsflächen der Gemeinde hat der Gemeinderat durch Verordnung einen niedrigeren oder höheren Einheitssatz pro Quadratmeter festzusetzen, wenn auf Grund der örtlichen Verhältnisse in der Gemeinde die durchschnittlichen Straßenerrichtungskosten niedriger oder höher sind als die von der Landesregierung der Festsetzung des Einheitssatzes zugrunde gelegten Durchschnittskosten.

 

 

§ 21,

Ausnahmen und Ermäßigungen

 

(1) Der Verkehrsflächenbeitrag entfällt, wenn die Baubewilligung erteilt wird für

        

1. den Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden im Sinn des § 3 Abs. 2 Z 5;

2. den Ausbau eines Dachraumes oder Dachgeschoßes;

3. den sonstigen Zu- oder Umbau von Gebäuden, durch den die Nutzfläche insgesamt höchstens um 100 vergrößert wird;

 

4. den Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden im Hofbereich eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs sowie von sonstigen Gebäuden, wenn

a) die Aufschließung durch eine öffentliche Verkehrsfläche erfolgt, deren Errichtung im Weg einer Beitrags- oder Interessentengemeinschaft finanziert wird oder wurde, und

b) der Hofbereich oder das sonstige Gebäude mit einem entsprechenden Anteil in die Beitrags- oder Interessentengemeinschaft einbezogen war oder ist;

5. den Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden der Gebietskörperschaften und Gemeindeverbände, wenn sie in Erfüllung öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen oder zur Befriedigung öffentlichen (kommunalen) Bedarfs als Träger privater Rechte tätig werden.

 

(2) Der Verkehrsflächenbeitrag ermäßigt sich um 60%, wenn die Baubewilligung erteilt wird für den Neu-, Zu- oder Umbau von 

1. Gebäuden, die nach wohnbauförderungsrechtlichen Bestimmungen gefördert werden oder wurden;

2. Kleinhausbauten;

3. Gebäuden, die gemeinnützigen oder öffentlichen Zwecken dienen;

4.Gebäuden von Klein- oder Mittelbetrieben sowie von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben.“

 

 

Die hier maßgebliche Bestimmung des Landesgesetzes vom 5. Mai 1994 über die Planung und Ausführung von Gebäuden und sonstigen baulichen Anlagen (Oö. Bautechnikgesetz - Oö. BauTG), LGBl.Nr. 67/1994 in der Fassung LGBl. Nr. 68/2011 lautet:

 

 

㤠2,

Begriffsbestimmungen

 

Im Sinn dieses Landesgesetzes bedeutet:       

 

32a.

Neubau: die Herstellung eines Gebäudes, und zwar auch dann, wenn nach Abtragung bestehender baulicher Anlagen alte Fundamente oder Kellermauern ganz oder teilweise wieder benützt werden;

 

40b.

Umbau: eine so weitgehende bauliche Änderung eines Gebäudes, dass dieses nach der Änderung ganz oder in größeren Teilen (z. B. hinsichtlich eines Geschosses) als ein anderes anzusehen ist;

 

 

46.

Zubau: die Vergrößerung eines Gebäudes in waagrechter oder lotrechter Richtung.“

 

 

Die hier maßgebliche Bestimmung der Verordnung der Oö. Landesregierung, womit der bei der Berechnung des Verkehrsflächenbeitrags anzuwendende Einheitssatz festgesetzt wird (Oö. Einheitssatz-Verordnung 2011), LGBl. Nr. 81/2010 lautet:

㤠1

 

Der Einheitssatz für die Berechnung des Beitrags zu den Kosten der Herstellung öffentlicher Verkehrsflächen des Landes und der Gemeinden wird nach den durchschnittlichen Straßenerrichtungskosten, die mit der Herstellung des Tragkörpers (einer mechanisch verdichteten Schottertragschicht) und der Aufbringung einer bituminös gebundenen Tragschicht oder einer Pflasterung auf den Tragkörper üblicherweise verbunden sind, mit 72 Euro pro Quadratmeter festgesetzt.

 

 

IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

IV.1. Mit der Baubewilligung für den Abbruch sowie die Aufstockung des Objektes H, Grundstück-Nummer x, Baufl. x, EZ x, KG  P (Gz: BZ-BauR-1051-2013 und BZ-BauR-4015-2013) wurde der Tatbestand des § 19 Abs. 1 Oö. BauO 1994 verwirklicht. Die Abgabenbehörde hatte den Verkehrsflächenbeitrag entsprechend der Bestimmungen der §§ 19 ff Oö. BauO 1994 vorzuschreiben.

 

IV.2. Die Bf sieht sich in ihren Rechten verletzt an, da sie der Meinung ist, dass kein Verkehrsflächenbeitrag zu entrichten sei und begründet dies damit, dass das Dachgeschoss als Wohnraum ausgebaut und genutzt worden sei und deswegen eine Überschreitung der gesamten neuen Nutzfläche von 100 nicht gegeben sei. Laut Bf waren ursprünglich (1905) ein Erdgeschoss, ein 1. Stock und ein Dachgeschoss geplant. Gebaut wurden damals tatsächlich ein Erdgeschoss und das Dachgeschoss. Das Dachgeschoss wurde genau nach Plan gebaut: Kabinett, 2 Kinderzimmer, Zimmer, Stiegenaufgang wie zu einem bewohnten Stock und ein Teil Dachboden wobei auch dieser als Wohnraum genutzt wurde.

Die Bf spricht mit diesem Argument die Ausnahmebestimmung des § 21 Abs. 1 Z 3 Oö. BauO 1994 an.

Nach dieser Bestimmung entfällt der Verkehrsflächenbeitrag, „wenn die Baubewilligung erteilt wird für den sonstigen Zu- oder Umbau von Gebäuden, durch den die Nutzfläche insgesamt höchstens um 100 vergrößert wird;“

 

Im gegenständlichen Fall  wurde laut Bauplan, Baubewilligung und Aktenvermerk vom 20.01.2015 das Dachgeschoß abgetragen und das Erdgeschoss als Bestand erhalten. Das Obergeschoß und Dachgeschoß wurden entsprechend den Bauplänen auf dem bestehenden Erdgeschoss gänzlich neu errichtet.

Nach § 2 Z 46 Oö. BauTG handelt es sich bei einem Zubau um die Vergrößerung eines Gebäudes in waagrechter oder lotrechter Richtung. Das Obergeschoß und Dachgeschoß wurden entsprechend den Bauplänen nach Abtragung des bestehenden Dachgeschoßes auf dem alten Fundament des bestehenden Erdgeschoßes hergestellt und dadurch das Gebäude in lotrechter Richtung vergrößert. Aufgrund dieser Erhöhung des bestehenden Gebäudeteils handelt es sich bei den beiden neuen Geschoßen um einen Zubau im Sinne der Legaldefinition des § 2 Z 46 Oö. BauTG.

 

In Bezug auf die Nutzflächenvergrößerung ist auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 17.05.1999, Zl. 97/17/0025, zu verweisen. Darin definiert der Verwaltungsgerichtshof den Begriff der Nutzfläche folgendermaßen: „Der Begriff der Nutzfläche wird in § 2 Z 8 WFG 1993 als die gesamte Bodenfläche einer Wohnung mit Ausnahme der Wandstärken und der im Verlauf der Wände befindlichen Durchbrechungen (Ausnehmungen), der Stiegen und Vorhäuser, Windfänge, offenen Balkone bzw. Terrassen und der Räume innerhalb einer Wohnung, die für landwirtschaftliche oder berufliche Zwecke spezifisch ausgestattet sind, definiert. Ohne näheren Hinweis (Hinweis E 23.2.1996, 92/17/0291 und E 22.3.1996, 94/17/0323) ist nun nicht davon auszugehen, dass der Gesetzgeber ein und denselben Begriff der Nutzfläche - soweit sich nicht aus dem jeweils verfolgten Gesetzeszweck anderes ergibt - in der BauO 1994 anders als im Wohnbauförderungsgesetz verstanden hat.“

Dieser Definition folgend beträgt die neue Nutzfläche laut Bauplan im Obergeschoss und Dachgeschoss 111,54 : Obergeschoss: Schlafzimmer: 18,25 m², Bad/WC: 12,42 , Abstellraum:   8,98 m², Vorraum: 7,52 m², Raum: 10,38 , Dachgeschoss: Küche/Essen/Wohnen: 44,17 , WC: 2,32 , Vorraum: 3,57 m², Abstellraum: 1,19 m², Loggia: 2,74 (zur Berücksichtigung von Loggien siehe VwGH 25.01.1990, Zl. 89/16/0001).

 

Dem Argument, dass das Dachgeschoss schon vor dem letzten Umbau als Wohnraum genutzt wurde und es somit zu keiner Überschreitung von 100 durch den diesen Umbau gekommen ist, kann nicht gefolgt werden, da aus der Baubewilligung und den dazugehörigen Plänen aus dem Jahre 1905 hervorgeht, dass nur das Erdgeschoss als Wohnfläche genutzt wurde und das Obergeschoss als Dachboden und nicht als Wohnraum bewilligt wurde.

 

Die Ausnahmebestimmung des § 21 Abs. 1 Z 3 ist daher aufgrund der 100 m² übersteigenden  Nutzflächenvergrößerung nicht anwendbar. Die Bf brachte keine Argumente vor, die belegt hätten, dass sie bereits Leistungen betreffend den Verkehrsflächenbeitrag erbracht habe.

 

Aus den genannten Gründen erfolgte die Vorschreibung des Verkehrsflächenbeitrags durch die Abgabenbehörde zu Recht.

 

 

V. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass eine tatbestandsauslösende Baubewilligung für den Abbruch sowie die Aufstockung des Objekts der Bf im Sinne des § 19 Abs. 1 Oö. BauO 1994 vorliegt.

Die Ausnahmebestimmung des § 21 Abs. 1 Z 3 Oö. BauO 1994 kommt nicht zur Anwendung.

Die Vorschreibung des Verkehrsflächenbeitrags erfolgte zu Recht.

 

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Die Abfassung und Einbringung der Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder durch einen bevollmächtigten Wirtschaftstreuhänder bzw. eine bevollmächtigte Wirtschaftstreuhänderin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Dr. Elisabeth Wiesbauer