LVwG-750271/6/BP

Linz, 02.06.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Mag. Dr. Bernhard Pree über die Beschwerde des MK, B. Straße x, S, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 19. März 2015, GZ: VB-7274, mit dem der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Waffenpasses abgewiesen wurde,

 

zu Recht   e r k a n n t:

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm. §§ 21 Abs. 2 und 22 Abs. 2 des Waffengesetzes 1996, BGBl. I Nr. 12/1997, in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 161/2013, wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art.133 Abs.4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.               

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck wies mit Bescheid vom 19. März 2015, GZ: VB-7274, den Antrag des Beschwerdeführers (im Folgenden: Bf) vom 15. Jänner 2015 auf Ausstellung eines Waffenpasses für eine Waffe der Kategorie B (Faustfeuerwaffe) gemäß § 21 Abs.2 iVm § 22 Abs.2 und § 10 des Waffengesetzes 1996, BGBl. 12/1997 idF BGBl. I Nr. 161/2013 ab.

 

In der Begründung führte die belangte Behörde ua. wie folgt aus:

(...)

Ich bin Abteilungsleiter der allgemeinen Verwaltung (Hauptverwaltung und Bürgerservice bzw. Meldeamt), sowie Amtsleiter-Stellvertreter der Stadtgemeinde S. Mein Betätigungsfeld umfasst sämtliche Personalangelegenheiten der Stadtgemeinde S, sowie Verkehrs-, Sicherheits- und Wirtschaftsangelegenheiten. Sämtliche Amtshandlungen, Sachverhaltsfeststellungen, Anzeigen, Zeugeneinvernahmen, etc., die ein erhöhtes Sicherheitsrisiko für die zuständigen Bediensteten mit sich bringen könnten, nehme ich jedenfalls selbst wahr. Diese ergeben sich aus ortspolizeilichen Verordnungen gesetzlichen Vorschriften.

 

Hiezu zählen insbesondere folgende Tätigkeiten:

-      Erfassung und Überprüfung von Spielapparaten nach dem Oö. Spielapparate- und Wettgesetz einschließlich Prüfung der Lustbarkeitsabgaben

-      Lokalaugenscheine und Anzeigen nach der Lärmschutzverordnung

-      Oö. Hundehaltegesetz, Kontrolle der Einhaltung von Bescheidauflagen, Anzeigen und Einvernahmen im Zusammenhang mit der Leinenpflicht

-      Erhebungen wegen unsachgemäßer Müllentsorgung

-      Kontrolle, Gebühreneinhebung, Sachverhaltsermittlung im Zusammenhang mit den regelmäßigen Besuchen von Roma und Sinthi

-      Amtshandlungen im Zusammenhang mit Entfernungsaufträgen gemäß der Straßenverkehrsordnung

-      Überprüfung der Plätze der Drogensüchtigen und Alkoholiker in S und Kontrolle der eingeleiteten Maßnahmen

-       

Verschiedene Amtshandlungen führten bereits in der Vergangenheit dazu, dass eine unmittelbare Bedrohung stattfand, bzw. im Vorhinein nicht ausgeschlossen werden konnte. Eine polizeiliche Begleitung wurde oftmals angefordert, ist jedoch aus nachvollziehbaren Gründen nicht immer möglich. Aggressionen und Drohungen beim Hinweis auf Einhaltung einschlägiger Gesetzesbestimmungen oder im Falle einer Androhung einer Anzeige bei der Bezirksverwaltungsbehörde, sind leider keine Seltenheit. Verschiedenen Techniken zur Deeskalation sind mir bekannt und werden eingesetzt um auf eine Aggressor dahingehend einzuwirken, dass weder für das unmittelbare Umfeld noch für meine Person ein Schaden zu erwarten ist Dennoch kam es in der Vergangenheit zu verschiedenen Situationen, die auf mich und meine Familie bedrohlich wirkten:

-      Aussage einer weiblichen Person mit Migrationshintergrund bei einer Amtshandlung im Haus „Zuerst bringe ich dich um und dann den Bürgermeister“. Da ich erst kurz im Amt war, unterschätzte ich die Tragweiter einer solchen Aussage. Aus heutiger Sicht ist zwar keine Bedrohung mehr gegeben, eine Anzeige wäre jedoch jedenfalls zu erstatten gewesen.

-      Bewurf meines Wohnhauses mit Eiern. Der Sachschaden war unbeträchtlich, daher sah ich von einer Anzeige gegen unbekannt ab.

-      Vor einer Amtshandlung erfolgt im Vorhinein eine Drohung. „Es ist Krieg, da wird scharf geschossen“. Dies wurde angezeigt, jedoch nicht weiter verfolgt. Ein Polizeischutz war bei der darauffolgenden Amtshandlung leider nicht möglich.

-      Mein Vater öffnete einer mir bekannten Person die Tür, worauf sich dieser in mein Wohnhaus drängte. Er verlangte Geld oder seine Bankomatkarte um selbst etwas abzuheben. Er sei vertrauenswürdig, ich würde ihn kennen. Mein Vater konnte den stämmigen Mann nicht aus dem Haus vertreiben. Erst als ich einschritt und eine Anzeige wegen Hausfriedensbruch androhte, verließ er das Haus. Anmerkung: zum Selbstschutz trug ich die Waffe verdeckt am Körper.

-      Meine Gattin öffnete im Sommer 2014 einer Person die Haustür, die sich lautstark und entfesselt über Probleme mit dem Ortskanal beschwerte. Er schrie und forderte sie auf, ich muss ich Problem lösen (Anmerkung: Sonntag). Durch Deeskalation konnte ich den aufgebrachten Bürger beruhigen und die Situation entspannen.

-      Die gleiche Person trat auch am Stadtamt durch aggressives Verhalten auf, bedrängte und stieß den Amtsleiter in ein Büro. Es erfolgte eine Anzeige bei der Polizei wegen tätlichen Angriffs.

 

(...)“

 

Zum Antrag wurde auf CD-ROM ein einige Minuten dauerndes Video vorgelegt, auf welchem ein verbaler Schlagabtausch zwischen einem aufgebrachten Bürger und dem Amtsleiter der Stadtgemeinde S. zu sehen ist. Körperliche Aggressionshandlungen oder gefährliche Drohungen sind auf diesem weder hör- noch sehbar.

 

Auf Ersuchen um umfassende Stellungnahme betreffend die angeführte Bedarfsbegründung erstattete die Polizeiinspektion S. mit Schreiben vom 20.2.2015 folgende Stellungnahme:

„…

In den letzten drei Jahren wurde die PI S. mehrmals vom Stadtamt S insbesondere von MK; zur Assistenzleistung angefordert. Die Hauptanforderungsgrunde waren, Einschreiten gegen Zigeuner, die im Gemeindegebiet wild campierten und die Lagerplätze vermüllt zurück ließen. Zum Schutz der einschreitenden Gemeindebediensteten bei der Durchsetzung der Ansprüche, sowie zur Aufrechterhaltung der Ordnung wurde die PI S in den letzten Jahren mindestens zweimal jährlich um Unterstützung ersucht.

Weiters wurde die PI S am 02.04.2014 um Unterstützung beim baupolizeilichen Einschreiten gegen TH ersucht, wobei in der Folge gegen TH unter ho. GZ B5/5382/14 Anzeige wegen § 176 StGB Vorsätzliche Gemeingefährdung an die Staatsanwaltschaft Wels erstattet,

Am 15.01.2015 wurde vom Stadtamt S. bei der Polizei S. angezeigt, dass sich eine Partei äußerst aggressiv verhalte und den Amtsleiter in dessen Büro gestoßen habe. Bei der aggressiven Person hielt es sich um FF, welcher auf Grund seines Verhaltens anschließend dem Amtsarzt der BH Vöcklabruck vorgeführt wurde. Ho GZ E1/842/15. An der Wohnadresse musste die Polizei bis Dato nicht einschreiten.

MK ist ho, seit Beginn seiner Einstellung am Stadtamt S vor 11 Jahren, als umsichtiger, besonnener und zuverlässiger Beamter bekannt. Gegen seine Person liegen keine negativen Vormerkungen auf. Es kann auch davon ausgegangen werden, dass MK mit der gebotenen Sorgfalt und Rechtskunde vorgeht. Auf die Möglichkeit, der Verwendung eines Reizgassprays, wurde im persönlichen Gespräch mit ihm hingewiesen.

…“

 

Auf Ersuchen um Stellungnahme betreffend die angeführte berufsbezogene Bedarfsbegründung äußerte der Bürgermeister als Amtsvorstand und Dienstgeber mit Schreiben vom 27.2.2015 wie folgt:

„….

Ich bin seit über 50 Jahren bei der Stadtgemeinde S beschäftigt, (42 Jahre als Mitarbeiter und seit 20 Jahren als Bürgermeister) und hätte dabei nie den Bedarf gesehen, zu meinem Schutze eine Waffe tragen zu müssen. Richtig ist natürlich, dass die „Kunden" leider immer aggressiver werden, ob aber deshalb eine Waffe zur Verteidigung mitzuführen ist, wage ich zu bezweifeln. Natürlich ist es in den vergangenen Jahren immer wieder zu verbalen Angriffen gegen die Gemeinde und deren Mitarbeiter gekommen und das eine oder andere Mal musste auch die Polizei eingeschaltet werden. Ich ersuche daher in diesem Zusammenhang, dass bei „gefährlichen" Amtshandlungen die Polizei zum Schutz der amtshandelnden Mitarbeiter angefordert werden kann.

Als Bürgermeister und damit „Amtsvorstand" der Stadtgemeinde S. sehe ich aus dienstlicher Sicht keine Notwendigkeit des Waffentragens während der Dienstzeit. Ob Herrn K. das Tragen einer Waffe außerhalb des Dienstes genehmigt wird, liegt nicht in meinem Verantwortungsbereich.

…“

 

Mit Schreiben vom 2.3.2015, nachweislich zugestellt am 3.3.2015 (RSb), wurden Sie vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt und Gelegenheit gegeben sich zu den Stellungnahmen der Polizeiinspektion S. und des Bürgermeisters zu äußern.

Sie nahmen dazu wie folgt mit Schreiben vom 11.3.2015 Stellung:

 

„….

Der Stellungnahme der Polizeiinspektion S. vom 20.02.2015 schließe ich mich vollinhaltlich an. Folgerichtig wird in der Stellungnahme von „Ersuchen" um Unterstützung durch die Exekutive gesprochen, denen in der Vergangenheit nicht immer entsprochen werden konnte. Beispielsweise die Sicherung der Amtshandlung (Gefahr in Verzug) aufgrund des Einschreitens gegen TH, dem eine Drohung gegen die Bediensteten des Stadtamtes vorausging, konnte aufgrund personeller Engpässe in der Polizeiinspektion S. nicht erfolgen. (...)“

 

Darüber wurde rechtlich wie folgt erwogen:

 

(...)

 

Ausgehend von dieser Rechtslage ist es allein Sache des Waffenpasswerbers, das Vorliegen eines Bedarfes zum Führen genehmigungspflichtiger Schusswaffen nachzuweisen und im Anwendungsbereich des § 22 Abs 2 WaffG die dort geforderte besondere Gefahrenlage, der am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann, glaubhaft zu machen.

 

Der Waffenpasswerber hat daher im Verwaltungsverfahren konkret und in substanzieller Weise im Einzelnen darzutun, woraus er für seine Person die geforderte besondere Gefahrenlage ableite, dass diese Gefahr für ihn gleichsam zwangsläufig erwachse und dass es sich hiebei um eine solche qualifizierte Gefahr handle, der am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden könne.

Bloße Vermutungen und Befürchtungen einer möglichen Bedrohung reichen zur Dartuung einer Gefährdung nicht aus, solange sich Verdachtsgründe nicht derart verdichten, dass sich schlüssig eine konkrete Gefährdung ergibt.

 

Es reicht also nicht aus, dass in bestimmten Situationen das Führen einer genehmigungspflichtigen Schusswaffe zweckmäßig sein kann, vielmehr ist zum einen glaubhaft zu machen, dass in derartigen Situationen eine genehmigungspflichtige Schusswaffe geradezu erforderlich ist und dass auf andere Weise der Bedarf nicht befriedigt, das bedarfsbegründende Ziel nicht erreicht werden kann; zum anderen ist erforderlich, dass der Antragsteller selbst mit einer hohen Wahrscheinlichkeit in die bedarfsbegründende Situation kommt (VwGH 20.06.2012, ZI. 2012/03/0037; 21.10.2011, ZI. 2010/03/0058, mwH).

 

Mit Ihren Vorbringen sowohl im Antrag als auch in Ihrer Stellungnahme vom 11.03.2015 ist es nicht gelungen, glaubhaft zu machen, dass in den von Ihnen aus Ihrer Berufstätigkeit abgeleiteten Gefahrensituationen eine genehmigungspflichtige Schusswaffe geradezu erforderlich ist und auf andere Weise das bedarfsbegründende Ziel nicht erreicht werden kann, und daher ein Bedarf iSd § 22 Abs 2 WaffG bestehe.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in ständiger Judikatur ausgesprochen, dass der Schutz eines Dienstnehmers vor Straftaten (gefährlichen Angriffen, Überfällen) bei der Erfüllung seines Dienst- bzw. Arbeitsverhältnisses unter die (allgemeine) Fürsorgepflicht ihres Dienst- bzw. Arbeitgebers fällt, der unter anderem die Dienstleistungen so zu regeln hat, dass Leben und Gesundheit des Dienstnehmers (soweit es nach der Natur der Dienstleistung möglich ist) geschützt werden (VwGH 27.01.2011, ZI. 2010/03/0072, mwH).

Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers besteht auch gegenüber Vertragsbediensteten von Gebietskörperschaften (wie hier einer Gemeinde), derzufolge die Arbeitsbedingungen entsprechend den materiellen und ideellen Interessen der Arbeitnehmer zu wahren sind (vgl Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten4, 2010, 263).

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt diese Fürsorgepflicht des Dienstgebers gegenüber den (in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehenden) Beamten ebenfalls zum Tragen (VwGH 20.06.2012, ZI. 2012/03/0037; 21.10.2011, ZI. 2010/03/0058; 12.05.2010, ZI 2006/12/0015 und ZI 2009/12/0072).

 

Da es somit auf der Grundlage seiner Fürsorgepflicht bei Ihrem Dienstgeber liegt, Ihnen den erforderlichen Schutz vor Straftaten (gefährlichen Angriffen, Überfällen) zukommen zu lassen, besteht schon deshalb kein Bedarf iSd § 22 Abs 2 WaffG.

 

Weiters ist bezüglich der von Ihnen befürchteten gefährlichen Angriffe auf das Sicherheitspolizeigesetz (SPG) hinzuweisen. Nach dem SPG obliegt die Sicherheitsverwaltung den Sicherheitsbehörden (§ 2 Abs 1 leg cit), die Organe des Sicherheitsdienstes versehen für die Sicherheitsbehörden den Exekutivdienst (§ 5 Abs 1 leg cit). Zur Sicherheitspolizei zählt insbesondere die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit (§ 3 leg cit), wobei die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit insbesondere die Abwehr allgemeiner Gefahren (diese obliegt gemäß § 21 iVm § 16 SPG den Sicherheitsbehörden) erfasst. Nach § 16 Abs 1 SPG besteht eine allgemeine Gefahr bei einem gefährlichen Angriff, nämlich der Bedrohung eines Rechtsgutes durch die rechtswidrige Verwirklichung eines Tatbestandes einer gerichtlich strafbaren Handlung (die vorsätzlich begangen wird) nach dem StGB, wie dies der Beschwerde bezüglich befürchteter Eingriffe in das Leben bzw. die körperliche Integrität des Beschwerdeführers offensichtlich vor Augen steht. Die Abwehr solcher Gefahren bei Amtshandlungen innerhalb wie außerhalb der Amtsräume einer Verwaltungsbehörde bzw. Verwaltungsdienststelle (und damit auch die Hintanhaltung des Eintretens von Notwehrsituationen) liegt somit bei den Sicherheitsbehörden und der Sicherheitsexekutive, was nicht dadurch ersetzt werden kann, dass im Interesse der Gefahrenabwehr andere Organwalter im Wege der Ausstellung des Waffenpasses zum Führen einer Waffe berechtigt werden, zumal diesen Organwaltern die Zuständigkeiten der Sicherheitsbehörden und der Sicherheitsexekutive (eben) nicht zukommen.

 

Dem von Ihnen befürchteten Eintritt von Notwehrsituationen kann auch durch die von Ihnen und im Antrag sowie in der Stellungnahme vom 11.3.2015 angesprochene Unterstützung seitens der Sicherheitsbehörden und der Sicherheitsexekutive - die eingeräumter Maßen schon bisher gelegentlich erfolgte - entgegengetreten werden. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer nach dem insofern unstrittigen Sachverhalt ohnehin über eine Waffenbesitzkarte verfügt und daher mit Zustimmung des Dienstgebers dementsprechend nach

Maßgabe des § 7 Abs 2 WaffG innerhalb der Betriebsräume (somit auch der Amtsräume) eine Waffe bei sich haben darf.

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass es nicht ausgeschlossen ist, dass die Bekämpfung einer etwaigen Gefahrensituation durch Waffengewalt zu einer erheblichen Gefährdung Unbeteiligter führen kann, und dass der Versuch, Gefahrensituationen mit Waffengewalt hintanzuhalten, eine Erhöhung der Gefährlichkeit solcher Situationen mit sich bringen kann.

 

Eine staatliche Einrichtung in einem dem Schutz der Freiheit und den Prinzipien des demokratischen Rechtstaates verschriebenen Staat sollte so aufgebaut und betrieben werden, dass solche typischer Weise gefährlichen Situationen - vor allem auch für unbeteiligte Bürger -nicht noch weiter verstärkt werden.

 

 

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, rechtzeitig bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck eingebrachte, Beschwerde vom 17. April 2015.

 

Darin wird ua. wie folgt ausgeführt:

1. Der Beschwerdeführer vertritt sich selbst und erhebt gegen den Bescheid der

Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, Geschäftszahl VB-7274-2015 vom 19.03.2015,

zugestellt am 21.03.2015, binnen offener Frist

 

BESCHWERDE

 

an das Landesverwaltungsgericht und führt wie nachstehend aus.

 

(...)

 

7. Die rechtswidrig erlangte Stellungnahme des Bürgermeisters als Amtsvorstand und Dienstgeber fällt unter das Vernehmungsverbot gemäß § 48 Abs 3 AVG, da er nicht von der Amtsverschwiegenheit entbunden wurde. Ein Antrag auf Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht wurde von der belangten Behörde nicht gestellt. Die Verwertung der Stellungnahme des Bürgermeisters vereitelt den Schutzzweck des Erhebungsverbotes. Die Stellungnahme des Bürgermeisters hätte zur Beurteilung nicht herangezogen werden dürfen.

 

(...)

 

10. Die Behörde hat die im Verfahren vorgebrachten Beweise nicht ausreichend berücksichtigt. Aufgrund der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vom 20.06.2012 ZI. 2012/03/0037 wird angenommen, dass die belangte Behörde darauf verzichtet hat, den Antragsteller über den erhobenen Sachverhalt in umfassender und nachvollziehbarer Weise zu informieren und die Umstände die zur Entscheidung führten umfassend zu begründen. (...)

 

(...)

 

13. Der Antragsteller hat im verfahrensleitenden Antrag darauf hingewiesen, dass im Bedarfsfall eine Stellungnahme des Dienstgebers, konkret vom Leiter des Stadtamtes, Herrn OAR AB, nachgereicht werden kann. Da der Antragsteller nicht aufgefordert wurde und ihm seine Mitwirkungspflicht zum Verfahren nicht ermöglicht wurde, nämlich die erforderliche Bestätigung nachzureichen, wird diese Stellungnahme des Stadtamtsleiters vom 15.04.2015 als neues Beweismittel eingebracht.

 

14. Die Beurteilung der Frage über die Erfüllung der Voraussetzungen gemäß § 22 Abs. 2 WaffG wurde vorrangig daran gemessen, dass sich aufgrund der berufsbedingten Gefährdung die Fürsorgepflicht auch auf Vertragsbedienstete einer Gemeinde Anwendbarkeit findet. Es wird jedoch keine Aussage über die im Antrag vom 15.01.2015 angeführten Geschehnisse getroffen. Sowohl in der Stellungnahme vom 11.03.2015 als auch im Antrag vom 15.01.2015 wurden Gründe dargelegt, die von der belangten Behörde stillschweigend übergangen wurde, weshalb der angefochtene Bescheid infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften rechtswidrig ist (VwGH 07.05.1998, ZI. 96/20/0241)

 

15. Die Stellungnahme des Antragstellers vom 11.03.2015 enthielt darüber hinaus ein Eventaalvorbringen „Die Verantwortung der Bezirksverwaltungsbehörde, die einschlägigen Bestimmungen des Waffengesetzes restriktiv auszulegen und kein Präjudiz für Gemeindebedienstete zu erzeugen, ist nachvollziehbar. Ich ersuche daher unter Beurteilung der Umstände des Einzelfalles um Ausstellung eines Waffenpasses".

Der Antrag impliziert (Arg. „ersuche"), dass im Falle der Verneinung des Bedarfes zum Führen von Faustfeuerwaffen im Rahmen der Ausübung des behördlichen Ermessens ein Waffenpass auszustellen sei. Bei der Zusammenfassung des der belangten Behörde für die Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhaltes, wurde dieses Eventualvorbringen aus der Stellungnahme vom 11.03.2015 schlicht weggelassen. Im Bescheid fehlt gänzlich die Aufnahme dieses Antrages obwohl dieser unter der aufschiebenden Bedingung gestellt wurde, dass der verfahrensleitende Antrag auf Ausstellung eines Waffenpasses erfolglos bleibt (vgl. VwGH 20.02.1990, ZI. 89/01/0114).

 

16. Obwohl dieser Antrag nicht aufgenommen wurde, hat die Behörde über dieses Ansuchen durch Verweis auf die einschlägigen Bestimmungen pauschal mit bloßem Verweis auf den verfahrensleitenden Antrag vom 15.01.2015 abgesprochen.

Im Spruch wurde die Ausstellung eines Waffenpasses gemäß § 21 Abs 2 iVm § 22 Abs 2 und § 10 des Waffengesetzes 1996 i.d.g.F. zur Gänze abgewiesen, lediglich bezugnehmend auf den verfahrensleitenden Antrag vom 15.01.2015. Es fehlt, wie bereits angeführt, der Verweis auf das Eventualvorbringen des Antragstellers vom 11.03.2015. Über diesen Antrag hätte im Spruch gesondert abgesprochen, bei Erledigung in einem Spruch zumindest aber gesondert hingewiesen werden müssen. Die Behörde verletzt daher das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter.

Im Falle der Annahme, dass sowohl der verfahrensleitende Antrag als auch das Eventualvorbringen in Einem abgehandelt werden, reicht das Zitat der einschlägigen Bestimmungen des Waffengesetzes in der Begründung als Antwort auf die Ermessensentscheidung nicht aus. Die Behörde hat die Erwägungen, aus denen sie den Argumenten des Antragstellers nicht folgte in einem ausreichenden Maße darzulegen. Es ist nicht erkennbar, ob der Ermessensentscheidung der belangten Behörde eine die Verhältnisse des zu beurteilenden Einzelfalles voll berücksichtigende Interessensabwägung vorausgegangen ist. (VwGH 07.05.1998, ZI. 96/20/0241). (...)

 

17. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Behörde eine ordnungsgemäße Prüfung einer Ermessensentscheidung gänzlich unterlassen hat. Gemäß § 10 WaffG ist die positive Ermessensentscheidung nicht von vornherein ausgeschlossen, sofern die privaten Interessen einem Bedarf, wie er sonst bei der Ausstellung eines Waffenpasses jedenfalls erforderlich ist, nicht nachkommen (vgl. Runderlass des BMJ GZ: BMI-VA1900/0147-III/3/2006).

 

18. Es wurde im Antrag und in der Stellungnahme mehrfach auf das persönliche Schutzbedürfnis hingewiesen. Es hat mangels Verfügbarkeit der Exekutive bereits Amtshandlungen gegeben, bei denen erhöhtes Gefahrenpotential bestanden hat. Der Hinweis im Bescheid der belangten Behörde, dass es nicht ausgeschlossen ist, dass durch die Bekämpfung einer etwaigen Gefahrensituation durch Waffengewalt zu einer erheblichen Gefährdung Unbeteiligter führen kann, und dass der Versuch, Gefahrensituationen mit Waffengewalt hintanzuhalten, eine Erhöhung der Gefährlichkeit solcher Situationen mit sich bringen kann, erfolgt beispielsweise in Anlehnung an das Erkenntnis des VwGH vom 19.12.2013, Zl. 2013/03/0017. Diese Aussage trifft wohl für alle Waffenträger zu, egal ob in Besitz einer Dienstwaffe, oder in Besitz eines Waffenpasses sind. Bei dieser Entscheidung handelt es sich um einen Geschäftsführer eines Betriebes, der richtigerweise im Falle eines vermuteten Einbruchs in seine Betriebsgebäude, die Exekutive verständigen sollte. Der Beschwerdeführer muss hingegen aus seiner ihm obliegenden Dienstpflichten sich solcher Gefahren bewusst aussetzen. (...)

Die Genehmigung einer solchen Anforderung im Vorfeld unterliegt in casu dem Ermessen der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck. Dabei bestätigt die belangte Behörde den Umstand im angefochtenen Bescheid, dass die angesprochene Unterstützung seitens der Sicherheitsbehörden und der Sicherheitsexekutive „die eingeräumter Maßen schon bisher gelegentlich erfolgte ". Eine gelegentliche Unterstützung durch die Exekutive kann kein geeigneter Schutz bei zu erwartenden Gefahrenlagen sein. Insofern widerspricht sich die belangte Behörde in ihrer Begründung selbst, wenn sie auf das Anfordern der Exekutive verweist. Die Stadtgemeinde als Dienstgeberin hat daher keine andere Möglichkeit, als ihrer behördlichen Verpflichtung auch im Falle der Untersagung des exekutivdienstlichen Schutzes nachzugehen.

 

Beispielsweise hat das Inkasso von Abfallgebühren im dreistelligen Bereich bei Roma und Sinti Gruppen oder Hinweise auf unsachgemäße Müllentsorgung bereits in der Vergangenheit zu Bedrohungslagen geführt. Weiters war sich die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck der Brisanz der von ihr erlassenen beiden Entfernungsaufträgen gemäß § 89a StVO im Verfahren H durchaus bewusst, da beide Male die Exekutive die Durchführung dieser Aufträge der Bezirkshauptmannschaft abgesichert hat. Als die Zuständigkeit dieser Angelegenheit richtigerweise auf die Stadtgemeinde St übertragen wurde, und die Entfernungsaufträge gemäß § 89a StVO vom Bürgermeister erlassen wurden, erfolgte plötzlich keine Unterstützung durch die Exekutive. Der durch die Amtshandlung betroffene Bürger drohte im Vorfeld „es ist Krieg, da wird scharf geschossen" (siehe Antrag), was zu einer Anzeige bei der zuständigen Polizeiinspektion S führte (neben anderen Delikten). Trotz Vereinbarung mit den diensthabenden Exekutivbeamten, den Betroffenen sofort einzuvernehmen und so die bevorstehende Amtshandlung ungestört durchführen zu können, erfolgte auf Weisung der Bezirkshauptmannschaft keine Unterstützung. Selbst während der Durchführung und der sich zuspitzenden Situation wurde im Telefonat mit dem zuständigen Leiter der Sicherheitsabteilung, der auch den angefochtenen Bescheid erlassen hat, keine Unterstützung zugesagt. Begründet wurde dies mit „Personalmangel". Die Drohgebärden mündeten in kleinere Handgreiflichkeiten. Nur durch ein taktisches deeskalierendes Gespräch, einer Überzahl an angeforderten Kollegen konnte der Aggressor beruhigt werden, was dazu führte, dass er sich selbst an diverse Gegenstände ankettete um eine Durchführung der Amtshandlung zu verhindern.

Ein weiterer Beweis ist die beigefügte CD mit einem Video eines aufgebrachten Bürgers. Dies hatte den Hintergrund zu verdeutlichen, dass diese Person in der unmittelbaren Nachbarschaft des Antragstellers wohnt. Über Dritte hat der Antragsteller erfahren, dass eben dieser aufgebrachte Bürger drohte, er werde zuerst mit der Amtsärztin abrechnen, danach mit dem Antragsteller. Da dieser aufgebrachte Bürger bereits einmal das Haus des Beschwerdeführers aufsuchte und sich ungebührlich verhielt, ist diese Drohung zwar besorgniserregend, mangels direkter Drohung gegenüber dem Beschwerdeführer für eine Anzeige aufgrund des „Hörensagens" nicht hinreichend konkretisiert. Eine begründete Bedrohung auch der Familie der Kinder ist hier evident.

 

19. Die Untersagung der Unterstützung durch die Exekutive im Falle der Entfernungsaufträge gemäß § 89a StVO erfolgte durch jenen Bediensteten der belangten Behörde, der nun über das Vorliegen der Voraussetzungen auf Ausstellung eines Waffenpasses befunden hat. Gemäß § 7 Abs 1 Z 3 AVG hätte sich der Bearbeiter des angefochtenen Bescheides, Herr Dr. JB, der Ausübung seines Amtes enthalten müssen da sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, seine volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen.

 

20. Der verfahrensleitende Antrag wird im gesamten angefochtenen Bescheid als „Eingabe vom 15.01.2014" bezeichnet. Der verfahrensleitende Antrag ist jene Eingabe, datiert mit 15.01.2015, die der Behörde am 15.01.2015 persönlich durch den Antragsteller der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck rechtskräftig zugestellt wurde. Der sich auf diesen Antrag beziehende Spruch des angefochtenen Bescheides ist daher rechtswidrig, was mangels der Berichtigung dieses Fehlers gemäß § 62 Abs. 4 AVG die Rechtswidrigkeit des gesamten Bescheides zur Folge hat.

 

21. Sowohl die rechtswidrige Anfrage an den Dienstgeber des Beschwerdeführers, die fehlende Aufnahme eines Antrages, die fehlende und nicht nachvollziehbare Ermessensentscheidung, die unzureichende Begründung im Bescheid und beachtliche Verfahrensfehler lassen den Schluss zu, dass die Behörde an keiner objektiven Prüfung interessiert war, sondern das Verfahren mit möglichst geringem Aufwand unter Heranziehung einer „Berufsgruppenjudikatur" negativ erledigen wollte. Aufgrund des beruflich bedingten Naheverhältnisses des Antragstellers zur belangten Behörde erscheint eine derartige Verfahrensführung und Erledigung unverständlich und nicht nachvollziehbar, besonders unter dem Gesichtspunkt, dass die bisher bekannte hohe Qualität der rechtlichen Beurteilungen und die gute Zusammenarbeit mit der belangten Behörde amtsbekannt sind. Es ist daher die Verpflichtung eines besonnen und rechtstreuen Bediensteten, im privaten und beruflichen Umfeld gleichermaßen den Schutz auf die körperliche Unversehrtheit einzufordern und für ausreichenden persönlichen Schutz in einem konfliktträchtigen Umfeld zu sorgen. Es ist auch das Schutzanliegen eines Menschen, der im Dienste der Allgemeinheit damit beschäftigt ist, schwierige Konfliktsituationen anderer Menschen zu regeln und damit zur Aufrechthaltung der rechtsstaatlichen Ordnung beizutragen. Dieses Schutzinteresse kommt im Ergebnis auch der Allgemeinheit zugute, weil nur sichere und unbeeinflussbare Bedienstete auch objektive Entscheidungen treffen und damit auf lange Sicht den Bestand der Rechtsordnung garantieren.

 

Aus diesen Gründen stellt der Beschwerdeführer die

 

ANTRÄGE,

 

das Verwaltungsgericht möge

1. eine mündliche Verhandlung anberaumen und

2. den bekämpften Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 19.03.2015, GZ VB-7274-2015 dahingehend abändern, dass die Ausstellung eines Waffenpasses genehmigt wird, in eventu

3. den bekämpften Bescheid wegen Rechtswidrigkeit aufheben und zur neuerlichen Entscheidung an die zuständige Behörde zurückzuverweisen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck legte den in Rede stehenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit Schreiben vom 21. April 2015 zur Entscheidung vor.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und die Beschwerdevorbringen. Zusätzlich wurde am 1. Juni 2015 – entsprechend dem Beschwerdeantrag – eine öffentliche Verhandlung vor dem LVwG Oö. durchgeführt.

 

5. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung zunächst von dem unter Punkt I.1. und I.2. dargestellten relevanten Sachverhalt aus.

 

Weiters ist aber noch näher auszuführen, dass der Bf im Umgang mit einer Schusswaffe durchaus vertraut und bemüht ist, durch stetige Übung in deren Verwendung auf dem Laufenden zu bleiben.

 

In den verschiedenen vom Bf auch in der Verhandlung geschilderten Situationen, in denen er eine Bedrohung seinerseits geltend machte, kam es nie zu tätlichen Angriffen. Die Situationen veranlassten den Bf auch nicht zu Anzeigen gegen die jeweiligen „Aggressoren“.

 

Weiters führt der Bf aktuell keine Defensivgegenstände wie etwa einen Reizgasspray im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit mit sich; auch nicht in den von ihm als bedrohlich eingestuften Situationen.

 

6. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ist gemäß § 2 VwGVG zur Entscheidung durch Einzelrichter berufen, zumal das Materiengesetz keine Senatszuständigkeit vorsieht.

 

 

II.             

 

Im Rahmen der öffentlichen Verhandlung schilderte der Bf verschiedene  Situationen, die im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit stehen, durchaus glaubhaft. Allerdings fand sich unter diesen keine, die einen tätlichen Angriff gegen den Bf oder auch nur eine Anzeige nach sich gezogen hätte.

 

In der Situation mit Herrn H konnte die Lage durch deeskalierendes Verhalten und eine erhöhte Anzahl an Gemeindebediensteten geklärt werden. Die Aussage, es werde scharf geschossen, muss im Übrigen nicht den vom Bf wortwörtlich genommenen ballistischen Sinn beinhaltet haben, sondern kann auch im metaphorischen Sinn gemeint gewesen sein und auch durchaus so verstanden werden.

 

Herr F leistete der Aufforderung des Bf sein Grundstück zu verlassen anstandslos Folge. Die Drohung vom Hörensagen ist zwar glaubhaft vorgetragen worden, allerdings ist auch festzuhalten, dass es offensichtlich nur bei dieser potentiellen Drohung blieb und der Bf selbst nicht konkret weiter beeinträchtigt wurde. Dass das Haus des Herrn F nahe dem des Bf liegt, wird anerkannt, jedoch schilderte der Bf selbst in der Verhandlung, dass er ja seine Waffe, für die er über eine entsprechende Besitzkarte verfüge, im Haus aufbewahre und daher zur Hand gehabt hätte. Für diese Situation sei also kein Waffenpass erforderlich gewesen.

 

Der Bf begründete seine Abneigung gegen das Mit-sich-Führen eines Reizgassprays damit, dass er im Freien wegen allfälliger ungünstiger Windverhältnisse diesen nicht zum Einsatz bringen könnte und er sich innerhalb von Räumen selbst außer Gefecht setzen würde. Diese Aussage wies einen sehr stark generalisierenden Zug auf, genau wie diejenige, dass bei Roma- und Sinti-Gruppen eine hohe Gewaltbereitschaft vorliege. Im Übrigen kam es aber auch im Fall des Einsatzes betreffend vermüllte Wege weder zu Handgreiflichkeiten noch zu Anzeigen wegen allfälliger Aggressionen.

 

Die geschilderte Situation mit Herrn P weist mit Ausnahme, dass jener Waffen besitzt, ebenfalls keine konkrete Bedrohung auf. Dass der Sohn des Herrn P in der Pfadfindergruppe der Ehegattin des Bf war, ist zwar glaubhaft, jedoch nicht von erkennbarer Relevanz zur Stützung eines Bedrohungsszenarios.

 

 

III.            

 

1. Gemäß § 21 Abs. 2 des Waffengesetzes 1996 – WaffG, BGBl. I Nr. 12/1997, in der Fassung BGBl. I Nr. 161/2013, hat die Behörde verlässlichen EWR-Bürgern, die das 21. Lebensjahr vollendet haben und einen Bedarf zum Führen von Schusswaffen der Kategorie B nachweisen, einen Waffenpass auszustellen. Die Ausstellung eines Waffenpasses an andere verlässliche Menschen, die das 21. Lebensjahr vollendet haben, liegt im Ermessen der Behörde.  

 

Gemäß § 22 Abs. 2 WaffG ist ein Bedarf im Sinne des § 21 Abs 2 jedenfalls als gegeben anzunehmen, wenn der Betroffene glaubhaft macht, dass er außerhalb von Wohn- oder Betriebsräumen oder seiner eingefriedeten Liegenschaften besonderen Gefahren ausgesetzt ist, denen am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann.

 

Gemäß § 19 Abs. 1 sind Schusswaffen der Kategorie B Faustfeuerwaffen, Repetierflinten und halbautomatische Schusswaffen, die nicht Kriegsmaterial oder verbotene Waffen sind.

 

Gemäß § 7 ABs. 1 WaffG führt eine Waffe, wer sie bei sich hat.

 

Gemäß § 7 Abs. 2 WaffG führt eine Waffe jedoch nicht, wer sie innerhalb von Wohn- oder Betriebsräumen oder eingefriedeten Liegenschaften mit Zustimmung des zu ihrer Benützung Berechtigten bei sich hat.

 

2.1. Zunächst ist im hier zu beurteilenden Fall anzumerken, dass die in der Beschwerde weitwendig geltend gemachten Verfahrens- und Bescheidmängel – ohne konkret deren tatsächliches Vorliegen eingehend zu beurteilen – durch das Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich als geheilt betrachtet werden können, da der Bf in der Verhandlung seine Darstellungen ausführlich vorbringen konnte. Zumal das LVwG auch keinen Bezug auf die Stellungnahme des Bürgermeisters der betreffenden Gemeinde nahm, ist auch hier nicht näher auf die Beschwerdevorbringen einzugehen. Im Übrigen ist festzuhalten, dass der Bf am Ende des Beweisverfahrens auch keine Notwendigkeit zur Erhebung weiterer Beweise sah.

 

2.2. Hinsichtlich der ebenfalls geltend gemachten Befangenheit des Abteilungsleiters der belangten Behörde, ist – wie schon im Beschluss im Rahmen der öffentlichen Verhandlung ausgeführt – kein Anhaltspunkt aus dem Sachverhalt erkennbar, der konkret einen wichtigen Grund im Sinne des § 7 AVG darstellen könnte. Dass es hier ein Zusammentreffen von der Versagung der polizeilichen Unterstützung für eine Amtshandlung der Gemeinde und der Bescheiderlassung im in Rede stehenden Fall gab, ist für die Annahme einer Befangenheit  keinesfalls ausreichend. Weitere Gründe wurden im Verfahren aber auch nicht vorgebracht.

 

3.1. In § 21 Abs. 2 WaffG sieht der Gesetzgeber im (hier anzuwendenden) ersten Satz der Bestimmung 3 Tatbestandselemente vor, bei deren Vorliegen ein Waffenpass für Waffen der Kategorie B von der Behörde (ohne Ermessen) auszustellen ist. Sowohl die Verlässlichkeit als auch die Vollendung des 21. Lebensjahres sind im in Rede stehenden Fall unbestritten und sohin nicht weiter zu erörtern. Anders aber verhält es sich bei dem Tatbestandselement des Bedarfes, der vom Bf nachzuweisen ist. Hier ist insbesondere auf § 22 Abs. 2 WaffG Bedacht zu nehmen.  

 

3.2. Gemäß § 22 Abs. 2 WaffG ist ein Bedarf im Sinne des § 21 Abs. 2 leg. cit. jedenfalls als gegeben anzunehmen, wenn der Betroffene glaubhaft macht, dass er außerhalb von Wohn- und Betriebsräumen oder seiner eingefriedeten Liegenschaften besonderen Gefahren ausgesetzt ist, denen am zweckmäßigsten mit Waffengewalt entgegnet werden kann.

 

3.3. Ausgehend von der geltenden Rechtslage ist es allein Sache des Waffenpasswerbers, das Vorliegen eines Bedarfes zum Führen genehmigungspflichtiger Schusswaffen nachzuweisen und im Anwendungsbereich des § 22 Abs. 2 WaffG die dort geforderte besondere Gefahrenlage, der am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann, glaubhaft zu machen. Der Waffenpasswerber hat daher – macht er eine besondere Gefährdung geltend – im Verwaltungsverfahren konkret und in substanzieller Weise im Einzelnen darzutun, woraus er für seine Person die geforderte besondere Gefahrenlage ableitet, dass diese Gefahr für ihn gleichsam zwangsläufig erwächst und dass es sich hierbei um eine solche qualifizierte Gefahr handelt, der am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann. Bloße Vermutungen und Befürchtungen einer möglichen Bedrohung reichen zur Dartuung einer Gefährdung nicht aus, solange sich Verdachtsgründe nicht derart verdichten, dass sich schlüssig eine konkrete Gefährdung ergibt (vgl. das Erkenntnis des VwGH vom 19.12.2006 2005/03/0035; vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 2006, Zl. 2005/03/0062).

 

3.4. Der Bf macht nun geltend, dass er im Rahmen und aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit in der Gemeindeverwaltung besonderen Gefahren-situationen ausgesetzt ist, die ihn zwangsläufig ereilen und denen er sich auch nicht entziehen kann, da sie aus seiner Tätigkeit resultieren. Er schilderte in der Verhandlung verschiedene Situationen, in denen er Bedrohungsszenarien erkannte, etwa beim Vollzug eines Entfernungsauftrages oder bei dem Einschreiten betreffend Müllvermeidung gegen Roma- und Sintigruppen. Zudem berichtete er davon, dass ein Nachbar, der im Bereich des Kanalwesens mit der Gemeinde nicht zufrieden gewesen sei, ihn privat zuhause aufgesucht habe und dabei sehr lautstark gewesen sei. Letztendlich äußerte er auch die Befürchtung bei Amtshandlungen gegen einen Gemeindebürger, dessen Sohn der Bf wegen Hantieren mit einer Schusswaffe angezeigt habe, konkret einer Bedrohungssituation ausgesetzt zu sein.

 

3.5. Betreffend die Fürsorgepflichten des Dienstgebers im Rahmen der Erfüllung der öffentlich rechtlichen Aufgaben kann zunächst auf die Ausführungen der belangten Behörde verwiesen werden.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in ständiger Judikatur ausgesprochen, dass der Schutz eines Dienstnehmers vor Straftaten (gefährlichen Angriffen, Überfällen) bei der Erfüllung seines Dienst- bzw. Arbeitsverhältnisses unter die (allgemeine) Fürsorgepflicht des Dienst- bzw. Arbeitgebers fällt, der unter anderem die Dienstleistungen so zu regeln hat, dass Leben und Gesundheit des Dienstnehmers (soweit es nach der Natur der Dienstleistung möglich ist) geschützt werden (VwGH 27.01.2011, ZI. 2010/03/0072, mwH).

Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers besteht auch gegenüber Vertragsbediensteten von Gebietskörperschaften (wie hier einer Gemeinde), derzufolge die Arbeitsbedingungen entsprechend den materiellen und ideellen Interessen der Arbeitnehmer zu wahren sind (vgl Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten4, 2010, 263).

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt diese Fürsorgepflicht des Dienstgebers gegenüber den (in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehenden) Beamten ebenfalls zum Tragen (VwGH 20.06.2012, Zl. 2012/03/0037; 21.10.2011, Zl. 2010/03/0058; 12.05.2010, ZI 2006/12/0015 und ZI 2009/12/0072).

 

Der Bf machte jedoch geltend, dass in der Vergangenheit mehrfach die Absicherung von Amtshandlungen durch Exekutivorgane aus Personalmangel nicht erfolgen habe können und die Gemeinde gegenüber der Exekutive nicht weisungsberechtigt sei. Dies ist durchaus nachvollziehbar, jedoch begründet es per se noch keine Bedarfssituationen, die das Führen einer Schusswaffe erforderlich machen würden. Es ist sogar – wie im Folgenden noch auszuführen sein wird – vor allem die in § 22 Abs. 2 WaffG geforderte Zweckmäßigkeit oftmals schon mehr als fraglich.

 

3.6. Den vom Bf geschilderten Situationen ist gemein, dass sie den Bf nicht dazu veranlassten aufgrund der Vorfälle eine Anzeige zu erstatten und dass auch nie eine tatsächliche violente Eskalation erfolgt war. Sämtliche Vorfälle konnten so auch durch erfolgreiche Deeskalation bewältigt werden.

 

Dem Waffengesetz wohnt eine durchgängige Grundhaltung inne, die einen restriktiven Zugang bei der Ausstellung von waffenrechtlichen Genehmigungen dokumentiert, was sich nicht zuletzt ua. in der Bestimmung des § 10 manifestiert, wo das öffentliche Interesse „an der Abwehr der mit dem Waffengebrauch verbundenen Gefahren betont“ wird.

 

In diesem Sinn ist zur Beurteilung der Frage des Bedarfes schon aus der Formulierung, „besondere Gefahren, denen am Zweckmäßigsten durch Waffengewalt wirksam begegnet werden kann“ abzulesen, dass hier Fallgruppen angesprochen sind, die quasi der ultima ratio des Waffeneinsatzes bedürfen. Demnach sind solche nicht umfasst, die am Ehesten durch Deeskalation, durch Anzeigeerstattung oder auch durch den Einsatz von gelinderen Mitteln als dem Führen einer Schusswaffe gelöst werden können.

 

Überdies sei angemerkt, dass es sicherheitsrechtlich bedenklich und dem Grundkonzept der kommunalen Selbstverwaltung widerstreitend erschiene, dass kommunales Recht in Umgehung der Sicherheitsbehörden durch Waffengewalt durchgesetzt würde.

 

Der Bf konnte – nach eigener Schilderung – bisher die mit seiner Tätigkeit für die Gemeindevollziehung verbundenen, unbestritten oftmals herausfordernden Situationen durch Deeskalation bewältigen, ohne dass er je mit einem Waffeneinsatz gegen seine Person konfrontiert war und ein solcher auch nicht von seiner Seite her erforderlich gewesen wäre, denn er schilderte keine Situation, in der ein Waffeneinsatz auch nur im Ansatz hilfreich – schon gar nicht zweckmäßig –  gewesen wäre; im Gegenteil kam der erkennende Richter zu dem Schluss, dass das offene Führen einer Waffe im Rahmen der Vollziehung der Gemeindeaufgaben dem Bf eine Deeskalation eher verunmöglicht haben würde, zumal dies nicht dazu angetan gewesen wäre, die Emotionen der von den Amtshandlungen Betroffenen zu calmieren. Weiters ist auszuführen, dass der Bf auch nicht geltend machte, dass er in der Vergangenheit je die Notwendigkeit erkannte, im Rahmen eines Notrufs den bewaffneten Wachkörper, der hier fraglos eingeschritten wäre, zu Hilfe zu holen.

 

Schlussendlich ist auch darauf zu verweisen, dass der Bf den Einsatz eines alternativen Defensivmittels wie einen Reizgasspray von vorneherein ablehnt; dies mit einer minder nachvollziehbaren Begründung, da nicht immer davon auszugehen sein dürfte, dass man sich aufgrund der Thermik das Reizgas selbst zufügen wird. Dadurch aber zeigt der Bf im Grunde selbst, dass er die Gefahreneinschätzung nicht zu hoch ansetzen dürfte, da er ansonsten – mangels der aktuellen Möglichkeit des Mitführens einer Schusswaffe – auf ein gelinderes Mittel reflektiert haben würde.

 

Die Anmerkung, der Stadtamtsleiter der in Rede stehenden Gemeinde habe einen Waffenpass erhalten, ist per se nicht geeignet die vorliegende Beurteilung zu beeinflussen, zumal hier weder eine Bindungswirkung vorliegt noch generelle Überlegungen platzgreifen sollen.

 

3.7. Zusammengefasst ist also festzuhalten, dass dem Bf ein Nachweis des Bedarfes gemäß § 21 Abs. 2 iVm. § 22 Abs. 2 WaffG nicht gelungen ist. 

 

4.1. Gemäß § 21 Abs. 3 WaffG liegt die Ausstellung von Waffenpässen an verlässliche Menschen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und den Nachweis erbringen, dass sie entweder beruflichen oder als Inhaber einer Jagdkarte jagdlichen Bedarf zum Führen genehmigungspflichtiger Waffen haben, im Ermessen der Behörde.

 

Gemäß § 10 WaffG sind private Rechte und Interessen bei der Anwendung der in diesem Bundesgesetz enthaltenen Ermessensbestimmungen nur insoweit zu berücksichtigen, als dies ohne unverhältnismäßige Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses, das an der Abwehr der mit dem Gebrauch von Waffen verbundenen Gefahren besteht, möglich ist.

 

4.2. Kann der Antragsteller einen Bedarf zum Führen von Schusswaffen der Kategorie B nicht nachweisen (vgl. auch betreffend § 21 Abs. 3 WaffG, der ebenfalls einen Bedarf bedingt, Punkt III. 3.1. - 3.7.), so liegt gemäß § 10 WaffG die Ausstellung im Ermessen der Behörde. Das eingeräumte Ermessen darf nur im Rahmen privater Interessen geübt werden, die einem Bedarf iSd § 22 Abs. 2 WaffG nahekommen.

 

4.3. Eine positive bedarfsunabhängige Ermessensentscheidung war im konkreten Fall nicht zu fällen, da die vom Bf geltend gemachten Umstände nicht an einen Bedarf heranreichen und es darüber hinaus – generell gesprochen – den Gefahren, die mit dem Führen von Schusswaffen der Kategorie B für Dritte verbunden sind, zu begegnen gilt, da dies nicht dem Verhältnismäßigkeitsgebot des § 10 WaffG entsprechen würde. 

 

Auch hier kann der belangten Behörde kein Vorwurf im Rahmen ihrer Ermessensausübung gemacht werden.

 

5. Es war also im Ergebnis die Beschwerde als unbegründet abzuweisen und spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

IV.          Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art.133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Bernhard Pree