LVwG-850336/7/Bm/AK

Linz, 25.08.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Maga. Michaela Bismaier über die Beschwerde des Herrn O R, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. x, x, x, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 16. Februar 2015, GZ: Ge01-980-2014, betreffend Feststellung der individuellen Befähigung nach § 19 GewO 1994 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 12. August 2015

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde Folge gegeben und gemäß § 19 GewO 1994 festgestellt, dass bei Herrn O R, geboren am x, österreichischer Staatsbürger, wohnhaft in x, x, die individuelle Befähigung für die Aus­übung des Gewerbes „Fremdenführer gemäß § 94 Z 21 GewO 1994, eingeschränkt auf Stadtführungen in der Stadtgemeinde Freistadt“ vorliegt.

 

II.      Gemäß § 78 Abs. 1 AVG iVm Tarifpost X Z 135 lit. a) Bundesver­waltungs­abgabenverordnung 1983 ist vom Beschwerdeführer eine Verwal­tungsabgabe in der Höhe von 59,50 Euro zu entrichten.

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

Zu I. und II.:

 

1.  Mit Eingabe vom 7. August 2014 beantragte der Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) die Feststellung der individuellen Befähigung für das Gewerbe „Fremdenführer, eingeschränkt auf Stadtführungen in der Stadtgemeinde Freistadt“.

 

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 16. Februar 2015 wurde gemäß § 19 GewO 1994 festgestellt, dass beim Bf die individuelle Befähigung für die Ausübung des reglementierten Gewerbes des Fremdenführers, eingeschränkt auf Stadtführungen in der Stadtgemeinde Freistadt nicht vorliegt.

 

Begründend wurde ausgeführt, für die Tätigkeit als Fremdenführer sei ein umfas­sendes Wissen für den Bereich des Wirkens eine wesentliche Voraussetzung, auch für eine auf ein eingeschränktes Gebiet beabsichtigte Tätigkeit. Die vom Antragsteller bisher durchgeführte ehrenamtliche Kulturarbeit sei auf jeden Fall sehr positiv zu bewerten und werde auch aus Sicht der Behörde nicht angezwei­felt, dass der Antragsteller über ein profundes Wissen, insbesondere im Zusam­menhang mit den „Freistädter Kellern“, verfüge. Für die von ihm beantragte Tätigkeit, nämlich im Stadtgebiet Freistadt Fremdenführungen durchzuführen, seien jedoch noch komplexere Grundkenntnisse erforderlich, die vom Antrag­steller bei der Befragung durch die Wirtschaftskammer Oberösterreich und der erfolgten Probeführung offensichtlich nicht überzeugend nachgewiesen worden seien. Aufgrund der Beurteilung des Fachgespräches und des Proberundganges durch die Wirtschaftskammer Oberösterreich sei seitens der Gewerbebehörde davon auszugehen, dass die gemäß § 19 GewO 1994 für die selbstständige Aus­übung des Gewerbes „Fremdenführer“ erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen beim Antragsteller nicht gegeben seien und somit eine individuelle Befähigung für die beabsichtigte Tätigkeit im angeführten örtlichen Bereich nicht vorliegen könne.

 

2. Gegen diesen Bescheid hat der Bf durch seinen Rechtsvertreter innerhalb offener Frist Beschwerde eingebracht und darin im Wesentlichen ausgeführt, aus § 18 Abs. 1 GewO iVm der Fremdenführer-VO und iVm der Fremdenführer-Befähigungsprüfungsordnung ergebe sich, dass die für das reglementierte Gewerbe eines Fremdenführers erforderliche fachliche Qualifikation zum Gewerbe der Fremdenführer durch Zeugnisse über den erfolgreichen Abschluss eines Lehrganges für Fremdenführer und die erfolgreich abgelegte Befähigungsprüfung erbracht werden müsse.

Soweit es den Inhalt dieser Kenntnisse betreffe, seien jedoch sowohl in der Anlage zur Fremdenführer-VO als auch in der Fremdenführer-Befähigungs-VO der Wirt­schaftskammer Oberösterreich lediglich bestimmte abstrakte Prüfungs­gegen­stände, denen jeweils eine spezifische Stundenzahl zugeordnet sei, angeführt. Insgesamt ergebe sich daraus nicht einmal eine grobe Eingrenzung des Prüfungsstoffes in dessen vollem Umfang, aber auch nicht hinsichtlich ein­zelner Teilgebiete. Eine einigermaßen konkrete Umschreibung und Abgrenzung des Stoffes sei aber nicht nur im Hinblick auf eine seriöse Möglichkeit zur Vor­bereitung für sogenannte „normale Prüfungskandidaten“, sondern insbesondere hinsichtlich der im § 19 GewO normierten als subjektiv-öffentliches Recht ausge­stalteten Möglichkeit der Erbringung eines individuellen Befähigungsnachweises, von zentraler Bedeutung. Angesichts jener rudimentären Art und Weise, in der auf Gesetzes- und Verordnungsebene die Erlangung eines normalen Befähi­gungs­nachweises für das Fremdenführergewerbe geregelt sei, müsse daher objektiv gesehen völlig offen bleiben, wie durch beigebrachte Beweismittel im Sinne des § 19 GewO die für die Ausübung des Fremdenführergewerbes erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen in adäquater Weise nachgewiesen werden könnten. Dies sei jedoch im gegenständlichen Fall in keiner Weise zugetroffen - im Gegenteil: dem Bf sei nicht nur weder ein Prüfungsthema noch eine Prüfungsunterlage mitgeteilt worden, sondern auch die Mitglieder der Prüfungskommission hätten sich selbst ihre Fragen jeweils erst gleichsam anlassbezogen zurechtgelegt.

Der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt stütze sich bezüglich des individuellen Befähigungsnachweises auf ein Fachgespräch und einen Proberund­gang, welche beide von der Wirtschaftskammer Oberösterreich beurteilt worden seien. Dieses Vorgehen ist weder der GewO noch der Fremdenführer-VO zu entnehmen. Die Auswahl und Durchführung der Prüfungskriterien seien nicht festgelegt und sei nicht ersichtlich, aus welchen Gründen diese Beurteilungskri­terien gewählt worden seien. Aus der im Protokoll wiedergegebenen Aufgaben­stellung zum Proberundgang sei ersichtlich, dass die Prüfer einen Handlungs­spielraum bezüglich der Route und des Rundganges generell vorgegeben hätten. Der individuell gestaltete Rundgang des Bf sei im Nachhinein nachträglich ein­geschränkt worden und seien erst nach absolviertem Rundgang Prüfungs­kriterien, z.B. bestimmte historische Orte, herangezogen worden. In Bezug zur fachlichen Eignung des Bf sei zu erwähnen, dass dieser Empfehlungsschreiben beilegen könne. Der Bf habe etwa als Autor am Buch „Freistadt“ mitgewirkt und zahlreiche andere Publikationen zum Themenbegriff „Freistadt“ verfasst. Insbe­sondere werde auf die wichtige Publikation „Freistadt“ verwiesen, deren Text und Konzept vom Bf stamme. Dort seien nicht nur Details über das herausragende Kellersystem in Freistadt beschrieben, sondern seien die gesamte Stadt­geschichte und die Sehenswürdigkeiten umfangreich festgehalten. Diese Publi­kation und die damit offenkundige Qualifikation seien völlig übergangen worden. Der Bf habe weiters als Führer bei mehreren Landesausstellungen in Oberöster­reich fungiert. Dies allein hätte für die fachliche Qualifikation bei weitem ausge­reicht. Im Bescheid heiße es, dass eine objektive Beurteilung durch die vorge­legten Nachweise nicht schlüssig möglich und ausreichend sei. Dies sei aber von der Behörde nicht begründet worden, vielmehr seien Nachweise des Bf generell und ohne Begründung als unzureichend angesehen worden.

Dass wichtige Publikationen zu Freistadt, die Tätigkeit als Stadtbibliograph und Führer bei Landesausstellungen etc. keine ausreichende individuelle Befähigung des Bf belegen können sollen, sei nicht nachvollziehbar. Gerade das Gegenteil sei diesen Tätigkeiten zu entnehmen, da sie ein umfangreiches Wissen und Kennt­nisse, die weit über solche eines Fremdenführers hinausgehen, anschaulich beweisen.

Das Gutachten bemängle die angeblich geringe didaktische Kompetenz des Bf, ohne stichhaltig zu sein.

Er habe die Aufgabenstellung, Freistadt zu präsentieren, nicht erfüllt, etwa weil er nebensächliche Details erwähnte. Davon abgesehen, dass er laut der Auf­gabenstellung Freistadt in individueller Weise präsentieren sollte, sei eine solche Behauptung nicht mit der wissenschaftlich anerkannten Geschichtsdidaktik ver­einbar. In der modernen Geschichtsdidaktik sei es anerkannt, dass vor allem kleinere Details das Geschichtsverständnis nachhaltig schulen und somit etwa Kellerführungen in historisch ansprechender Weise mehr dazu in der Lage seien, ein richtiges Geschichtsbild zu vermitteln, als etwa lose Fakten zu einzelnen historischen Daten. Eine halbstündige „Kellerbesichtigung“ scheine zudem auch nicht übermäßig lange, da immer auch noch etwa eine Stunde generelle, orts­übliche Bauwerke und Geschichtsereignisse erörtert werden haben können. Hinzu komme, dass Freistadt für sein Kellersystem nahezu einzigartig sei. Auch sei es bei modernen Führungen mittlerweile üblich und anerkannt, einzelne Besonder­heiten herauszugreifen und würden sich gerade diese Rundgänge, die mehr die Details und die Besonderheiten herausgreifen, auch immer größerer Beliebtheit erfreuen. Diese Rundgänge seien auch in der Geschichtsdidaktik und in der Ver­mittlung von historischem und städtischem Wissen als Standard unbestritten anerkannt. Auch sei es wohl erwartbar, dass der Führer bei Erklärungen auf und ab gehe und teilweise damit anderen den Rücken zukehren müsse. Der indivi­duelle Eindruck der Prüfer, dass der Bf besserwisserisch gewirkt habe, lasse nicht den Schluss zu, dass der Bf damit didaktisch fehlerhaft agiere. Dies bestätige vielmehr die obigen Ansichten. Einerseits werde der Eindruck der Prüfer in keinem der Empfehlungsschreiben geteilt, andererseits werde eine überzeugende Wissenspräsentation vom Publikum positiv aufgefasst und könne dieser einzelne Eindruck der Prüfer somit nicht einen didaktisch unpassenden Ton nahelegen. Insgesamt liege daher bereits eindrucksvoll der Nachweis der individuellen Befähigung vor und sei dieser auch bei der Prüfung durch die Wirtschaftskammer Oberösterreich unter Beweis gestellt worden. Abgesehen von den aufgezeigten Mängeln sei die Beurteilung der Wirtschaftskammervertreter auch durch die Wettbewerbs- und Konkurrenzsituation der Fremdenführer unzulässig beeinflusst und nach objektiven Kriterien die individuelle Befähigung ausreichend belegt, sodass es auch keiner weiteren Beweise mehr bedürfe.

 

Es werde daher der Antrag gestellt,

den angefochtenen Bescheid nach Durchführung einer öffentlichen Verhandlung seinem gesamten Umfang nach aufzuheben und die Feststellung beantragt, dass der Bf die individuelle Befähigung besitzt, das Gewerbe „Fremdenführer, einge­schränkt auf Stadtführungen in der Stadtgemeinde Freistadt“ auszuüben.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat die Beschwerde gemeinsam mit dem bezughabenden Verwaltungsverfahrensakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (LVwG) vorgelegt.

 

4. Das LVwG hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Ver­fahrensakt und in die vom Bf vorgelegten Unterlagen sowie Durchführung einer münd­lichen Verhandlung am 12. August 2015, an der der Bf und sein Rechts­vertreter teilgenommen haben und gehört wurden.

Als Zeuge einvernommen wurde Herr S F, Wirtschafts­kammer Oberösterreich, welcher das Fachgespräch und den Proberundgang mit dem Bf vorgenommen hat.

 

4.1. Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

 

Mit Eingabe vom 7. August 2014 beantragte der Bf bei der Bezirkshauptmann­schaft Freistadt die Feststellung der individuellen Befähigung für das Gewerbe „Fremdenführer, eingeschränkt auf Stadtführungen in der Stadtgemeinde Freistadt“.

Vom Bf wurden Nachweise über folgende  Ausbildungen und Tätigkeiten vorgelegt:

-       bis zum Jahr 2010 (Zeitpunkt der Pensionierung) Bibliothekar an der Univer­sität Linz

-       Linzer Stadtbibliograph von 1979 bis 1991

-       Führer bei Landesausstellungen

-       Publikationen und Erstellung von Katalogen im künstlerisch-archäologischen Bereich

-       Autor und Mitgestalter von Geschichtsbüchern und Geschichtsblättern zu Freistadt

-       Empfehlungsschreiben von Personen, die an vom Bf geleiteten Führungen teilgenommen haben

 

Am 21. Oktober 2014 wurde von der Wirtschaftskammer Oberösterreich mit dem Antragsteller und nunmehrigen Bf ein Fachgespräch geführt. Als Prüfer waren anwesend Frau G G (Branchensprecherin), Herr A R und Herr S F, wobei lediglich Herr A R Mitglied der Befähi­gungsprüfungskommission ist.

Bei diesem Fachgespräch wurden an den Bf allgemein politisch-wirtschaftliche Fragen sowie Fragen zur Geschichte und zu Sehenswürdigkeiten von Freistadt gestellt.

Die hierzu gestellten Fragen wurden vom Bf beantwortet, allerdings in sehr aus­schweifender Weise. Zum Teil wurde in der Beantwortung auch vom abgefragten Themenbereich abgewichen.

Am 20. November 2014 wurde mit dem Bf ein Proberundgang in Freistadt im Beisein der Prüfer G G und S F vorgenommen. Die Aufgabenstellung für diesen Proberundgang lautete:

„Machen Sie einen normalen Rundgang durch Freistadt von eineinhalb Stunden. Die Gäste empfangen Sie am Linzer Tor. Passen Sie auf Ihr Zeitmanagement auf. Stellen Sie sich vor, Sie haben Gäste vor sich, die zum ersten Mal in Freistadt sind, teilweise aus Österreich und Deutschland kommen und keine Vorahnung haben und die wichtigsten Highlights von Freistadt kennenlernen wollen. Die Route bestimmen Sie selbst.“

Die Probeführung wurde abwechselnd von Herrn R gemeinsam mit einer weiteren Nachsichtswerberin gestaltet. Von der Prüfungskommission wurden der Aufbau der Führung und die didaktischen Fähigkeiten des Bf über­prüft. Sowohl der gewählte Führungsablauf als auch die didaktischen Fähigkeiten wurden von der Kommission als nicht ausreichend für die Fest­stellung der individuellen Befähigung gesehen.

Begründet wurde dies damit, dass es dem Bf nicht gelungen ist, einen Überblick über Freistadt zu geben und wesentliche Sehenswürdigkeiten im Rundgang nicht erwähnt worden sind.

Die didaktischen Fähigkeiten wurden von der Prüfungskommission als nicht aus­reichend beurteilt und dies damit begründet, dass der Bf oftmals Erklärungen mit dem Rücken zur Gruppe und Blick zum jeweiligen Objekt gegeben hat und die Lage der jeweiligen Sehenswürdigkeiten nicht konkret angezeigt wurde.

 

4.2. Der hier entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung. In der mündlichen Verhandlung wurden vom Bf sein beruflicher und persönlicher Werdegang sowie seine wissenschaftlichen Publikationen, insbesondere die Stadtgemeinde Freistadt betreffend, und seine bisherigen Tätigkeiten als Ausstellungs- und Stadtführer näher dargelegt und entsprechende Nachweise vorgelegt. Die vom Bf vorgelegten Nachweise und die dazu vom Bf getätigten Ausführungen lassen erkennen, dass der Bf über profunde (kunst- und kultur-) geschichtliche Kennt­nisse über die Stadt Freistadt sowie über Erfahrungen im Bereich der Ausstel­lungs- und Fremdenführung verfügt.

Vom Zeugen F wurde der Ablauf des Fachgespräches und des Proberundganges vorgebracht und erläutert, weshalb die Prüfungskommission zu einer negativen Beurteilung gelangt ist (siehe hierzu Tonbandprotokoll vom
12. August 2015, Seiten 4-7).

 

Die vom Bf beantragte Einvernahme der Frau R Kuttner, F, war zur Feststellung des relevanten Sachverhaltes nicht erforderlich. 

 

5. Das LVwG hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 16 Abs. 1 GewO 1994 ist Voraussetzung für die Ausübung von reglementierten Gewerben und von Teilgewerben der Nachweis der Befähigung.

 

Nach Abs. 2 dieser Bestimmung ist unter Befähigungsnachweis der Nachweis zu verstehen, dass der Einschreiter die fachlichen einschließlich der kaufmännischen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen besitzt, um die dem betreffenden Gewerbe eigentümlichen Tätigkeiten selbstständig ausführen zu können.

 

Nach § 18 Abs. 1 GewO 1994 hat der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit (nunmehr: Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft) für jedes reglementierte Gewerbe durch Verordnung festzulegen, durch welche Belege - für sich allein oder in entsprechender Verbindung untereinander - die Zugangsvoraussetzungen zum betreffenden Gewerbe, gegebenenfalls für dessen eingeschränkte Ausübung, im Hinblick auf die hierfür erforderliche fachliche Befähigung jedenfalls als erfüllt anzusehen sind.

 

Nach § 19 GewO 1994 hat die Behörde, wenn der nach § 18 Abs. 1 vorgeschrie­bene Befähigungsnachweis nicht erbracht werden kann, unter Bedachtnahme auf Vorschriften gemäß § 18 Abs. 4 das Vorliegen der individuellen Befähigung fest­zustellen, wenn durch die beigebrachten Beweismittel die für die jeweilige Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen nachgewiesen werden. Die Behörde hat das Vorliegen der individuellen Befähi­gung mit der Beschränkung auf Teiltätigkeiten des betreffenden Gewerbes aus­zusprechen, wenn die Befähigung nur in diesem Umfang vorliegt.

 

Nach § 94 Z 21 GewO 1994 stellt das Gewerbe „Fremdenführer“ ein reglemen­tiertes Gewerbe dar.

 

In der aufgrund des § 18 Abs. 1 GewO 1994 ergangenen Fremdenführer-Verord­nung werden die Zugangsvoraussetzungen für das reglementierte Gewerbe der Fremdenführer geregelt.

 

Nach § 1 Abs. 1 dieser Verordnung wird die fachliche Qualifikation für die Tätig­keit der Fremdenführer durch Zeugnisse über den erfolgreichen Abschluss des in der Anlage festgesetzten Lehrganges für Fremdenführer und die erfolgreich abgelegte Befähigungsprüfung erbracht.

 

5.2. Die oben zitierte Fremdenführer-Verordnung legt im Sinne des § 18 Abs. 1 GewO 1994 die formellen Zugangsvoraussetzungen zur Ausübung sowohl des uneingeschränkten als auch des eingeschränkten Fremdenführergewerbes fest.

Kommt nun keiner der in dieser Verordnung vorgezeichneten Wege in Betracht, kann die Befähigung nach § 19 GewO 1994 auch dadurch nachgewiesen werden, dass der Bewerber durch entsprechende Beweismittel die für die jeweilige Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen nach­weist (individueller Befähigungsnachweis).

Beim „individuellen Befähigungsnachweis“ wird demnach der gemäß § 18 Abs. 1 leg.cit. vorgeschriebene Befähigungsnachweis durch sonstige Nachweise ersetzt, die jene Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen belegen, die für die Ausübung des angemeldeten Gewerbes erforderlich sind.

Die Beurteilung, ob durch diese (sonstigen) Nachweise die erforderlichen Kennt­nisse, Fähigkeiten und Erfahrungen belegt werden, hat daher am Maßstab der den Befähigungsnachweis im Sinne des § 18 Abs. 1 GewO 1994 festlegenden Vorschriften (Zugangsvoraussetzungen) zu erfolgen (vgl. VwGH 30.11.2006, 2005/04/0163).

Aufgrund sonstiger Nachweise kann die erforderliche Befähigung somit nur dann belegt werden, wenn die vom Antragsteller absolvierte Ausbildung (Bildungs­gang, bisherige Tätigkeit) das Ausbildungsziel in gleicher Weise verwirklicht, wie in den erwähnten Vorschriften (siehe VwGH 18.5.2005, 2004/04/0188, 6.4.2005, 2004/04/0047 u.a.).

 

Das bedeutet, vom Vorliegen der individuellen Befähigung im Sinne des § 19 GewO 1994 kann dann gesprochen werden, wenn aufgrund der vom Antrag­steller beigebrachten Unterlagen die Annahme gerechtfertigt erscheint, dass er immerhin über so viele Kenntnisse und Erfahrungen verfügt, die als erforderlich erachtet werden, um Leistungen erbringen zu können, welche in der Regel von Inhabern des betreffenden Gewerbes verlangt werden.

 

Gegenständlich bildet den Entscheidungsmaßstab für die Beurteilung des Vor­liegens der individuellen Befähigung daher der Inhalt der oben zitierten Zugangs­verordnung für das Gewerbe der Fremdenführer.

Die Befähigungsprüfungsordnung orientiert sich hinsichtlich der Prüfungsgegen­stände an den Lehrstunden des Fremdenführerlehrganges.

 

Vorweg ist auszuführen, dass der Bf die Feststellung der individuellen Befähigung für die Ausübung des Gewerbes „Fremdenführer, eingeschränkt auf Stadtfüh­rungen in der Stadtgemeinde Freistadt“ beantragt hat.

Die Beurteilung, ob der Bf die erforderliche Befähigung zur Ausübung des bean­tragten Gewerbes besitzt, hat sich demnach ausschließlich auf den einge­schränkten Umfang der Stadtführungen in Freistadt zu beziehen.

 

Vom Bf wurden im Zuge des Verfahrens umfangreiche Unterlagen, die den bis­herigen Bildungsgang und die bisherigen antragsbezogenen Tätigkeiten darlegen, vorgelegt (siehe hierzu unter 4.1.).

Diese Unterlagen belegen deutlich, dass der Bf ein umfassendes und detailliertes Wissen über die Geschichte, Kultur und historische Entwicklung der Stadt Freistadt besitzt. Der vom Bf mit den Unterlagen dargelegte Bildungs­gang bzw. die angeführten Tätigkeiten, insbesondere die Publikationen, lassen für die erkennende Richterin des LVwG den Schluss zu, dass der Bf ein auf Stadtfüh­rungen in Freistadt bezogenes detaillierteres Wissen aufweist, als in der Fremden­führer-Verordnung als Zugangsvoraussetzung gefordert wird.

Das Vorliegen der erworbenen (kultur- und kunst-) geschichtlichen Kenntnisse wird auch von der „Prüfungskommission“ laut Aussage des Zeugen F nicht in Abrede gestellt.

Als nicht adäquat wurde in diesem Zusammenhang von der Prüfungskommission die Art der Fragebeantwortung durch den Bf gesehen, nämlich dahingehend, dass die gestellten Fragen sehr ausschweifend, zum Teil vom Thema abkommend, beantwortet wurden.

Diese in der Persönlichkeit des Bf gelegene Form der Wissensdarlegung kann jedoch nicht zu einem negativen Ergebnis des Fachgespräches führen, da Ziel des Fachgespräches wohl die Überprüfung des vorhandenen erforderlichen Wissens in Form von verfügbarem Bestand von Fakten und Theorien bezogen auf Geschichte, Kultur und Entwicklung der Stadt Freistadt sein muss. Dass dieses Wissen beim Bf vorhanden ist, kann nach dem Vorgenannten zweifelsfrei angenommen werden.

Das LVwG verkennt nicht, dass auch eine entsprechende Ausdrucksfähigkeit für die Ausübung des Fremdenführergewerbes von Bedeutung ist.

Soweit eben diese von der Prüfungskommission beim Fachgespräch aufgrund der als ausschweifend gesehenen Darlegungen des Bf als nicht ausreichend befunden wurde, ist hierzu vorerst festzuhalten, dass sowohl das Fachgespräch als auch der Proberundgang eine Momentaufnahme bilden.

Dass der Bf über eine entsprechende Ausdrucksfähigkeit verfügt, ist anzu­nehmen, wäre er sonst nicht in der Lage (bereits über Jahre) Radiosendungen zu geschicht­lichen Themen inhaltlich zu gestalten und auch selbst zu moderieren. Dass von jemandem, der Radiosendungen gestaltet und live moderiert, ein struktu­riertes Vorgehen und ein konsequentes Zeitmanagement verlangt werden, versteht sich von selbst. Da der Bf über Jahre derartige Radiosendungen moderiert, ist davon auszugehen, dass er diesbezügliche Fähigkeiten besitzt.

 

Zum Proberundgang ist auszuführen, dass hinsichtlich des Ablaufes einer Frem­den­­führung keine allgemein gültige Didaktik zu finden sein wird. Der Aufbau der Führung wird immer von der Zusammensetzung der Gruppe und dem jeweiligen - durchaus vom Fremdenführer auch selbst bestimmten - Führungsthema abhängig sein. Dass der Bf die Fähigkeit besitzt, adäquate Führungen durch­zuführen, nämlich mit Engagement, didaktisch ansprechend und untermauert mit umfassendem Wissen, zeigen die vom Bf vorgelegten Empfehlungsschreiben von Füh­rungsteilnehmern. Es kann nicht unterstellt werden, dass es sich dabei um Gefälligkeitsschrei­ben handelt, da diese zum Teil bereits älteren Datums sind.

 

In Gesamtbetrachtung des bisherigen beruflichen und außerberuflichen Werde­ganges des Bf und der von ihm vorgelegten Nachweise über entsprechende Fach­kenntnisse ist daher festzustellen, dass der Bf die individuelle Befähigung nach
§ 19 GewO 1994 für das gegenständliche Gewerbe (im eingeschränkten Umfang) aufweist.

 

Damit war der Beschwerde Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden.

 

6. Die Vorschreibung der Verwaltungsabgabe ist in der zitierten gesetzlichen Bestimmung begründet.

 

 

Zu III.:

 

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsan­walt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Maga. Michaela Bismaier