LVwG-150688/2/MK

Linz, 26.08.2015

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Markus Kitzberger über die Beschwerde von

1. S O

2. A O

gegen den Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde S vom 28.04.2015, GZ. 2014-13/131-9/35/Sch/M,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Schreiben vom 28.10.2014 (eingelangt am 30.10.2014) zeigten S und A O (in der Folge: BF)  dem Bürgermeister der Marktgemeinde S die beabsichtigte Errichtung eines Carports mit 15m2 Grundfläche und 2,4m Höhe auf Gst.Nr. X, EZ X, KG X S I, an.

 

I.2. Zur fachlichen Beurteilung des Bauvorhabens, wurde eine ortsplanerische Stellungnahme eingeholt, welche –  aufgrund der erhöhten Standortsensibilität und einer drohenden Störung des von unbebauten Vorgärten geprägten Straßenbildes – von einer Genehmigung des Bauvorhabens abriet.

 

Mit Schreiben vom 24.11.2014 informierte der Bürgermeister der Marktgemeinde S die Bf davon, die Bauanzeige mit der Begründung, dass die beabsichtigte Maßnahme das Ortsbild negativ beeinflussen und im Gegensatz zu den für das Jahr 2015 geplanten Neugestaltungen stehen würde. Es wurde eine Frist zur Stellungnahme eingeräumt.

 

Am 08.12.2014 (Eingangsdatum 09.12.2014) teilten die Bf der Baubehörde I. Instanz per E-Mail mit, das Carport trotz der mitgeteilten Bedenken errichten zu wollen. Nähre Gründe wurden nicht angegeben.

 

I.3. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde S vom 11.12.2014 wurde das angezeigte Bauvorhaben mit der Begründung untersagt, das das geplante Carport den durch die bestehende große Anzahl unverbauter Vorgärten geprägten großzügigen Gesamteindruck der im Übergang zum Kerngebiet zentral gelegenen Schulstraße störe, zumal dieser Straßenzug auch als Ortseinfahrt diene und daher eine erhöhte Sensibilität aufweise.

Das geplante Schutzdach würde wie ein Fremdkörper wirken, die einheitliche Bauflucht durchbrechen und damit eine nicht gerechtfertigte Dominanz im Straßenraum erhalten. Darüber hinaus würde es der für 2015 geplanten Neugestaltung der Schulstraße zuwider laufen.

 

I.4. Gegen diesen Bescheid brachten die Bf innerhalb offener Frist das Rechtsmittel der Berufung ein und begründeten dies damit, dass sich eine Untersagung nur auf einen der in § 25a Abs.1 Oö. BauO 1994 genannten Gründe stützen könne. Da ein solcher im bekämpften Bescheid nicht genannt worden wäre, sei dieser rechtswidrig.

 

I.5. Mit Berufungsbescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde S (in der Folge: belangte Behörde) vom 28.04.2015, dem ein entsprechender Gemeinderatsbeschluss zu Grunde liegt, wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen und der Bescheid des Bürgermeister bestätigt. Begründend wurde ausgeführt, dass der als Grundlage für die Untersagung zitierte § 25a Abs.1 Z2 Oö. BauO 1994 im Wege des Verweises auf „offensichtliche Abweisungsgründe im Sinne des § 30 Abs.6 Z2“ die Berücksichtigung des Ort- und Landschaftsbildes sehr wohl beinhalte.

 

Nach § § Oö. Bautechnikgesetz 2013 (Oö. BauTG 2013) müssten darüber hinaus Bauwerke allgemeinen Anforderungen entsprechen. Dazu gehöre gemäß Abs.3 Z3 der zitierten Bestimmung auch das Orts- und Landschaftsbild.

 

Die Störwirkung sei einer schlüssigen und nachvollziehbaren fachlichen Beurteilung unterzogen worden, deren Ergebnis in der Sache auch nicht bestritten worden sei.

 

I.6. Gegen den Bescheid der belangten Behörde erhoben die Bf am 28.05.2015 Beschwerde an das LVwG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Mangelhaftigkeit des Verfahrens.

 

Der Berufungsbescheid stütze sich nur noch auf § 30 Abs.6 Oö. BauO 1994 und

§ 3 Abs.3 Oö. BauTG 2013, wobei jedoch kein Bebauungsplan existieren würde.

 

Nach stRsp des VwGH handle es sich bei der Frage der Berücksichtigung des Orts- und Landschaftsbildes zwar um eine Rechtsfrage, diese sei aber unter Beiziehung eines Sachverständigen auf der Grundlage einer detaillierten Beschreibung der maßgeblichen örtlichen Gegebenheiten zu beurteilen. Von einer in diesem Sinne detaillierten Beschreibung könne nicht die Rede sein, da die belangte Behörde überhaupt keinen Sachverständigen beigezogen sowie keinerlei Aussagen über den baulichen Bestand und die Rechtsgrundlage betreffend den Verstoß gegen die einheitliche Bauflucht getroffen habe.

 

Da somit keine schlüssigen Versagungsgründe dargelegt worden wären, wurde beantragt, den bekämpften Bescheid dahingehend abzuändern, die Errichtung des gegenständlichen Carports nicht zu untersagen, in eventu den Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben und die Angelegenheit nach Verfahrensergänzung zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückzuverweisen. Auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde verzichtet.

 

I.7.            Mit Vorlageschreiben vom 28.05.2015 wurde der Verfahrensakt vorgelegt.  

 

 

II. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt. Auf dessen Grundlage konnten  weitere Ermittlungsschritte unterbleiben, da keine weitere Klärung des in diesem Verfahren gegenständlichen Sachverhaltes zu erwarten war. Es waren diesbezüglich ausschließlich Rechtsfragen zu beurteilen.

 

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest.

 

 

III. Für die Beurteilung der hier relevanten Rechtsfragen sind insbesondere nachstehende Bestimmungen zu berücksichtigen:

 

III.1. In der Sache:

 

Gemäß § 25 Abs.1 Oö. Bauordnung 1994 (Oö. BauO 1994) sind folgende Bauvorhaben der Baubehörde vor Beginn der Bauausführung anzuzeigen (Bauanzeige), soweit § 26 nichts anderes bestimmt:

[…]

9b. die Errichtung […] von freistehenden oder angebauten Schutzdächern mit einer bebauten Fläche bis zu 35 , auch wenn sie als Abstellplätze für Kraftfahrzeuge verwendet werden;

[…]

 

Nach § 25a Abs.1 leg.cit. hat die Baubehörde innerhalb von acht Wochen ab Einlangen der vollständigen und ordnungsgemäß belegten Bauanzeige die Ausführung des Bauvorhabens zu untersagen, wenn

[…]

2. offensichtliche Abweisungsgründe im Sinne des § 30 Abs.6 Z 2 festgestellt werden […]

 

Gemäß § 30 Abs.6 ist der Bewilligungsantrag […] abzuweisen, wenn sich […] ergibt, dass das Bauvorhaben

[…]

2. sonstigen zwingenden baurechtlichen Bestimmungen widerspricht und eine Baubewilligung daher ohne Änderung des Bauvorhabens offensichtlich nicht erteilt werden kann.

 

Nach § 3 Abs.3 Oö. Bautechnikgesetz 2013 (Oö. BauTG 2013) müssen Bauwerke und alle ihre Teile überdies so geplant und ausgeführt sein, dass

[…]

3. das Orts- und Landschaftsbild nicht gestört wird; dabei müssen die charakteristischen gestalterischen Merkmale des geplanten Bauwerks auf die Gestaltungscharakteristik bzw. Struktur des Baubestandes und die Charakteristik der Umgebung abgestimmt werden; […]

 

 

 

III.2. Verfahren vor dem Verwaltungsgericht:

 

Gemäß § 24 Abs.4 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG),
BGBl. I. 33/2013, kann das Verwaltungsgericht, sofern durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrages von der Durchführung einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art.6 Abs.1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

 

Nach § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid […] auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3) […] zu überprüfen.

 

Gemäß § 28 Abs.1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

 

 

IV. Das Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

IV.1. Vorab ist festzuhalten, dass seitens der Bf in der Beschwerde vorgebracht wird, dass der bekämpfte (Berufungs-)Bescheid (nur noch) auf § 3 Abs.3 Z 3 Oö. BauTG 2013 gestützt wird, wobei jedoch kein Bebauungsplan existiert. Ein sachlicher Konnex zwischen den materiellen Anforderungen der zitierten Bestimmung und dem Bestehen eines Bebauungsplans ergibt sich nicht aus dem Gesetz und ist auch sonst nicht ersichtlich.

 

IV.2. Zum konkreten Beschwerdevorbringen ist Folgendes auszuführen:

 

Entsprechend den allgemeinen Beweisregelungen des AVG ist es zutreffend, dass fachlich besonders gelagerte – d.h. über das Allgemeinwissen hinausgehende – und ihrem (etwa wissenschaftlich-technisch geprägten) Wesen nach definierte bzw. definierbare Sachgebiete vor dem Hintergrund des prozessualen Modell des Verwaltungsverfahrens durch einen örtlichen Erkundungs- und/oder Sachverständigenbeweis iSd §§ 52 ff materiellen Eingang in des Ermittlungsverfahren der Behörde finden.

 

Das AVG normiert auch den Vorrang des Amtssachverständigen, tut dies aber in Form einer „internen“, d.h. ausschließlich die Behörde bindenden, Anordnung und bewusst ohne die Konsequenz, ein konkretes Verfahren bei Nichtbeachtung dieses Gebotes mit einem Verfahrensmangel zu behaften.

 

Darüber hinaus regelt das AVG die Beweisaufnahme in einer durchaus pragmatischen Art und Weise dahingehend, dass – basierend auf den zentralen Grundsatz der Behördenpflicht zur Ausforschung der materiellen Wahrheit und ungeachtet der weiteren Maxime der Wahrung des Parteiengehörs und dogmatisch stark reduziert – ein (abstrakt betrachtet) fachlich fundiertes Beweisergebnis erzielt werden muss.

 

Unabhängig von der Frage, ob der Ortsplaner als nichtamtlicher Sachverständiger zu qualifizieren ist oder der Gemeinde (als Baubehörde) auf Grund des bestehenden Vertragsverhältnisses auch diesbezüglich zugerechnet werden kann, ist es im gegenständlichen Fall unbestritten, dass der beigezogene „Fachmann“ in der Lage war, eine den inhaltlichen Anforderungen an ein Sachverständigengutachten genügende Expertise zu erstellen. Seine Beurteilung war – den in der Judikatur entwickelten Beweiswürdigungsregeln des AVG entsprechend – auch als schlüssig und nachvollziehbar zu qualifizieren. In der eingeholten Stellungnahme, welche in ihrem Ergebnis im bekämpften Bescheid (mittelbar) auch korrekt wiedergegeben wurde, wird den Legalanforderungen der baulich-strukturellen und umgebungs-strukturellen Diskussion (Befundaufnahme und Bewertung) umfassend Genüge getan.

 

In konsequenter Verfolgung seiner Beweisgrundsätze ordnet das AVG weiters an, dass einem vorliegenden Beweisergebnis (zumindest) auf der gleichen fachlichen Qualifikationsebene entgegengetreten werden muss, um dieses auch inhaltlich erschüttern zu können. Genau dies verabsäumen die Bf aber in ihrem Vorbringen.

 

 

V. Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass auf der Grundlage eines ordnungsgemäß durchgeführten Ermittlungsverfahrens und einem darauf basierenden (dem Grunde nach unbestrittenen) Beweisergebnisses, die Untersagung des angezeigten Bauvorhabens zu Recht erfolgte.

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Markus Kitzberger