LVwG-400111/2/Gf/Mu

Linz, 31.07.2015

I M  N A M E N  D E R  R E P U B L I K !

 

 

 

Das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich hat durch seinen Einzelrichter Dr. Alfred Grof über die Beschwerde des S D gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 14. April 2015, Zl. 933/10-1298683, wegen einer Übertretung des Oö. Parkgebührengesetzes

 

 

 

z u  R e c h t  e r k a n n t:

 

 

 

I. Der Beschwerde wird gemäß § 50 VwGVG stattgegeben, das ange-fochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafver-fahren gemäß § 38 VwGVG i.V.m. § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG eingestellt.

 

II. Der Beschwerdeführer hat gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG weder einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich zu leisten.

 

III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß § 25a VwGG nicht zulässig.

 


 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

 

I.

 

Ablauf des Behördenverfahrens

 

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 14. April 2015, Zl. 933/10-1298683, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von 200 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 180 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag: 20 Euro) verhängt, weil er am 19. März 2014 von 16:39 Uhr bis 16:51 Uhr vor dem Haus x Nr. 19 in Linz in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone ein mehrspuriges KFZ abgestellt und dabei anstelle eines gültigen Parkscheines missbräuchlich einen Behindertenausweis verwendet habe. Dadurch habe er eine Übertretung des § 6 Abs. 1 lit. a des Oö. Parkgebührengesetzes, LGBl 28/1988 in der hier maßgeblichen Fassung LGBl 90/2013 (im Folgenden: OöParkGebG), i.V.m. den §§ 1, 2, 3, 5 und 6 der Parkgebührenverordnung der Stadt Linz (im Folgenden: ParkGebV Linz) begangen, weshalb er nach § 6 Abs. 1 lit. a OöParkGebG zu bestrafen gewesen sei.

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass die ihm angelastete Tat aufgrund entsprechender Wahrnehmungen eines zeugenschaftlich einvernommenen Parkgebühren-Aufsichtsorganes, das den hinter der Windschutzscheibe deponierten Behindertenausweis zweifelsfrei als bloße Kopie der Originalurkunde habe identifizieren können, und des im Wege der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens als erwiesen anzusehen sei.

 

Im Zuge der Strafbemessung sei die bisherige Unbescholtenheit des Rechtsmittelwerbers als mildernd, die vorsätzliche Tatbegehung jedoch als erschwerend zu werten gewesen. Seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen (monatliches Nettoeinkommen: 1.900 Euro; keine Sorgepflichten; kein Vermögen).

 

2. Gegen dieses ihm am 17. April 2015 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 30. April 2015 – und damit rechtzeitig – per e‑mail eingebrachte Beschwerde.

 

Darin bringt der Rechtsmittelwerber vor, dass es sich bei dem von ihm verwendeten Behindertenausweis nicht bloß um eine Kopie, sondern vielmehr um das Original des Duplikates eines Behindertenausweises handelte.

 

Daher wird – erschließbar – die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt. 

 

3. Der Magistrat der Stadt Linz hat dem Verwaltungsgericht des Landes Ober-österreich mit Schreiben vom 13. Juli 2015 den Bezug habenden Akt vorgelegt und beantragt, die gegenständliche Bescheidbeschwerde abzuweisen.

 

 

 

II.

 

Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes des Landes Oberösterreich

und Zulässigkeit der Beschwerde

 

 

1. Die vorliegende, auf Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG gegründete Beschwerde richtet sich gegen ein Straferkenntnis einer Verwaltungsbehörde und wurde innerhalb der Vier-Wochen-Frist des § 7 Abs. 4 VwGVG bei der belangten Behörde eingebracht; da der Inhalt dieser Beschwerde den Anforderungen des § 9 VwGVG entspricht und auch sonstige Prozesshindernisse nicht vorliegen, ist sie insgesamt als zulässig anzusehen.

 

2. Weil diesbezüglich weder im Oö. Parkgebührengesetz noch im VwGVG Abweichendes angeordnet ist, hatte das Verwaltungsgericht des Landes Ober-österreich im vorliegenden Fall gemäß Art. 135 Abs. 1 B‑VG durch seinen nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter zu entscheiden.

 

 

 

III.

 

Sachverhaltsermittlung und Beweiswürdigung

durch das Verwaltungsgericht

 

 

1. Das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Magistrates der Stadt Linz zu Zl. 933/10-1298683; da sich bereits aus diesem in Verbindung mit dem Parteienvorbringen der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

2. Im Zuge dieser Beweisaufnahme konnte Folgendes festgestellt werden:

 

2.1. Am 19. März 2014 hat der Beschwerdeführer das verfahrensgegenständliche mehrspurige Kraftfahrzeug gelenkt und in der Folge im Zeitraum zwischen 16:39 Uhr und 16:51 Uhr vor dem Haus x Nr. 19 in Linz in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt. Dabei hat er hinter der Windschutzscheibe keinen gültigen Parkschein, sondern einen Behindertenausweis i.S.d. § 29b der Straßenverkehrsordnung (BGBl 159/1960 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl 39/2013, im Folgenden: StVO) deponiert. Dann hat er seine Mutter, die zur Fortbewegung eines Rollstuhles bedarf und auf die der Behindertenausweis ausgestellt ist, mit deren Pflegerin zu einem Einkaufszentrum begleitet und in der Folge bei einem Bandagisten einen Verordnungsschein abgegeben.

 

Insoweit ist der Sachverhalt zwischen den Verfahrensparteien unstrittig.

 

2.2. Soweit es den verwendeten Behindertenausweis betrifft, hat der Rechtsmittelwerber vorgebracht, dass es sich um eine Originalurkunde – nämlich um das Duplikat (Ausweisnummer: 056501) für einen bereits früher für seine Mutter ausgestellten, in der Folge als verloren gemeldeten Ausweis (Nummer: x) gemäß § 29b Abs. 1 StVO – handelte.

 

Dem gegenüber ging die belangte Behörde davon aus, dass der Beschwerdeführer nicht das Duplikat selbst, sondern bloß eine Kopie dieses Duplikates verwendete, wobei dies mit entsprechenden Wahrnehmungen der beiden einschreitenden Parkgebühren-Aufsichtsorgane begründet wurde.

 

2.2.1. Diesbezüglich kann jedoch zum einen schon den in dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt enthaltenen Fotos in keiner Weise entnommen werden, dass bzw. weshalb es sich bei dem vom Rechtsmittelwerber verwendeten Ausweisduplikat nicht um die Originalurkunde, sondern bloß um eine Kopie derselben gehandelt haben sollte; insbesondere kann diesen Fotos nämlich weder eine Verzerrung der Schrift noch eine Ungleichmäßigkeit des Farbtones noch eine beim Kopieren typischerweise entstehende Strichbildung o.Ä entnommen werden.

 

2.2.2. Zum anderen geht auch aus der Aussage des zeugenschaftlich einvernommenen Parkgebühren-Aufsichtsorganes nur hervor, dass sich dieses mit ihrer Kollegin „darin einig“ gewesen sei, „dass es sich um eine Kopie handelt“ (vgl. die Niederschriften des Magistrates Linz vom 12. März 2015, Zl. 933-10-1298683, S. 2), ohne dass sich zugleich zumindest eine Andeutung dahin entnehmen ließe, aus welchem Grund die beiden Organe zu dieser Überzeugung gekommen waren (wie etwa, dass die Urkunde nicht – wie in § 3 Abs. 2 der Verordnung BGBl II 495/2013 normiert – plastifiziert war oder diese der in der genannten Bestimmung festgelegten Größe nicht entsprach oder die symbolisierten Rollstuhlfahrer, wie sie in dem in der Anlage B zu § 3 Abs. 3 dieser Verordnung abgebildeten Musterausweis enthalten sind, nicht erkennbar waren, o.Ä.).

 

2.2.3. Vor diesem Hintergrund sowie angesichts dessen, dass seit dem Tatzeitpunkt mittlerweile bereits nahezu 11/2 Jahre verstrichen sind, sodass weitere Beweiserhebungen schon aus diesem Grund als wenig erfolgversprechend erscheinen, kann aber nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer tatsächlich nicht eine Originalurkunde, sondern missbräuchlich bloß eine Kopie verwendet hat.

 

2.3. Insgesamt besehen war daher jedenfalls im Zweifel (vgl. Art. 6 Abs. 2 EMRK) der Verantwortung des Rechtsmittelwerbers, dass es sich um eine Originalurkunde, nämlich um das Duplikat für einen bereits früher für seine Mutter ausgestellten, in der Folge als verloren gemeldeten Ausweis gemäß § 29b Abs. 1 StVO handelte, Glauben zu schenken.

 

 

 

IV.

 

Rechtliche Beurteilung

 

 

In der Sache selbst hat das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich erwogen:

 

1. Nach § 6 Abs. 1 lit. a i.V.m. § 2 Abs. 1 OöParkGebG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 220 Euro zu bestrafen, der als Lenker eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges die fällige Parkgebühr nicht entrichtet.

 

Gemäß § 4 lit. d ParkGebVLinz ist u.a. für ein Fahrzeug, in dem eine dauernd stark gehbehinderte Person befördert wird, keine Parkgebühr zu entrichten, wenn dieses Fahrzeug mit einem Ausweis gemäß § 29b Abs. 1 StVO gekennzeichnet ist.

 

2. Da das Beweisverfahren ergeben hat, dass der Beschwerdeführer mit dem verfahrensgegenständlichen KFZ seine eines Rollstuhles bedürftige Mutter – und damit eine dauernd stark gehbehinderte Person – befördert hatte und dieses Fahrzeug auch mit einem Ausweis gemäß § 29b Abs. 1 StVO gekennzeichnet war, musste er sohin für das Abstellen dieses KFZ in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone keine Parkgebühr entrichten.

 

Das dem Rechtsmittelwerber im angefochtenen Straferkenntnis angelastete Verhalten erweist sich sohin nicht als tatbestandsmäßig i.S.d. § 6 Abs. 1 lit. a OöParkGebG.

 

3. Daher war der gegenständlichen Beschwerde gemäß § 50 VwGVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 38 VwGVG i.V.m. § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis entfällt gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG sowohl die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Strafverfahren vor der belangten Behörde als auch zum Verfahren vor dem Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich. 

 

 

V.

 

Revision an den Verwaltungsgerichtshof

 

 

Eine ordentliche Revision ist nicht zulässig, weil einerseits mit dem angefochtenen Straferkenntnis lediglich eine Geldstrafe von höchstens 220 Euro und keine Freiheitsstrafe verhängte werden durfte (vgl. § 6 Abs. 1 OöParkGebG i.V.m. § 25a Abs. 4 Z. 1 VwGG) und andererseits im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt.

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

 

Gegen dieses Erkenntnis kann eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Eine solche Beschwerde ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

Gegen dieses Erkenntnis kann innerhalb derselben Frist auch eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden, die durch einen bevollmächtigen Rechtsanwalt abzufassen und beim Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich einzubringen ist; die Eingabegebühr von 240 Euro ist hingegen unmittelbar an den Ver-waltungsgerichtshof zu entrichten.

 

 

 

Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich

 

 

Dr.  G r o f