LVwG-150592/6/VG/GD

Linz, 06.08.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Verena Gubesch über die Beschwerde des L R in H-A, vertreten durch Mag. Dr. G P, Rechtsanwalt in x E, S Straße x, gegen den Bescheid des Gemeinderats der Marktgemeinde Eggelsberg vom 12.12.2014, GZ: 131/9-2014An, betreffend Vorschreibung eines Verkehrsflächenbeitrags,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.         Gemäß § 279 Abs. 1 BAO wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

I.            Verfahrensgang, Sachverhalt:

 

I.1. L R (im Folgenden: Bf) zeigte mit Eingabe vom 27.05.2014 die beabsichtigte Ausführung des Bauvorhabens „Errichtung einer Rhalle“ gemäß § 25 Abs. 1 Z 2 Oö. BauO 1994 auf dem Grundstück Nr. x, KG x G, an. Nach dem Bauplan beträgt die bebaute Fläche für diese Halle 118,44 . Für das gegenständliche Grundstück wurde mit Bescheid vom 01.09.1995 eine Bauplatzbewilligung erteilt.

 

I.2. Mit Schreiben vom 07.07.2014, GZ: Bau-3/2014, teilte der Bürgermeister als Baubehörde dem Bf mit, dass eine Untersagung der geplanten Bauausführung nicht beabsichtig sei und daher mit der Bauausführung begonnen werden dürfe. Die Baufreistellung wurde datiert mit 07.07.2014 am eingereichten Bauplan vermerkt.

 

I.3. Mit Bescheid vom 25.08.2014, GZ: 030/3-21-2014St., schrieb der Bürgermeister als Abgabenbehörde erster Instanz dem Bf als Alleigentümer des verfahrensgegenständlichen Grundstücks einen Verkehrsflächenbeitrag in Höhe von Euro 4.320,00 vor.

 

I.4. Gegen diesen Bescheid erhob der Bf durch seinen Rechtsvertreter Berufung. Der Bf sah sich in seinen Rechten verletzt an und begründete dies mit dem Einmaligkeitsprinzip gemäß § 20 Abs. 1 Oö. BauO 1994 und damit, dass die Vorschreibung eines Verkehrsflächenbeitrags für die am 18.09.1995 erteilte Baubewilligung bzw. die im Vorfeld mit Bescheid des Bürgermeisters als Baubehörde erster Instanz vom 01.09.1995 erteilte Bauplatzbewilligung konsumiert sei und in Folge Verjährung ausscheide.

 

I.5. Mit Bescheid vom 12.12.2014, GZ: 131/9-2014An, gab der Gemeinderat als Abgabenbehörde zweiter Instanz (in der Folge: belangte Behörde) der Berufung keine Folge. Dem Berufungseinwand, dass der Beitragsvorschreibung die Bestimmung des § 20 Abs. 1 Oö. BauO 1994 (Einmaligkeitsprinzip) entgegenstehe, wurde entgegnet, dass für die in Frage stehende Fläche noch kein Beitrag entrichtet worden sei. Zum Argument der Verjährung führte die belangte Behörde unter Hinweis auf die Entscheidung des VfGH vom 04.03.1997, G 1268/95-8, aus, dass der Abgabentatbestand des § 19 Abs. 1 Oö. BauO 1994 mit Erteilung der Baubewilligung vom 07.07.2014 betreffend die Errichtung der Rhalle entstanden sei. Die fünfjährige Verjährungsfrist des § 207 Abs. 2 BAO beginne daher gemäß § 208 Abs. 1 lit. a BAO erst am 01.01.2015 zu laufen.

I.6. Dagegen erhob der rechtsfreundlich vertretene Bf rechtzeitig Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich.

 

Der Bf sieht sich in seinem Recht verletzt an, dass ihm gegenüber ein Verkehrsflächenbeitrag gemäß § 19 Oö. BauO 1994, LGBl. 66/1994 idgF, aufgrund der am 07.07.2014, GZ: Bau-3/2014, erteilten Baubewilligung betreffend die Errichtung einer Rhalle vorgeschrieben wird. Begründend wird ausgeführt:

1)   Gemäß § 20 Abs. 1 Oö. BauO 1994 ist der Verkehrsflächenbeitrag nur einmal zu entrichten. Die Voraussetzungen zur Vorschreibung lagen mit der Baubewilligung vom 18.09.1995 (Errichtung eines Betriebsgebäudes) vor. Da die Abgabenbehörde die Vorschreibung des Verkehrsflächenbeitrags aufgrund dieser Baubewilligung verabsäumt hat, ist das Recht zur Vorschreibung aufgrund der damals relevanten Verjährungsbestimmungen der Oö. Landesabgabenordnung verjährt.

2)   Der Rechtsstandpunkt, dass durch den am 07.07.2014 für das Bauvorhaben betreffend die Errichtung einer Rhalle erlangten baubehördlichen Konsens im Ergebnis der verjährte Abgabenanspruch neu ins Leben gerufen wird, widerspricht ausdrücklich der Bestimmung des § 20 Abs. 1 Oö. BauO 1994.

3)   Das von der Berufungsbehörde angeführte Erkenntnis des VfGH vom 04.03.1997, G 1268/95-8, ist auf den gegenständlichen Sachverhalt nicht anzuwenden, da keine Änderung des Anknüpfungspunktes für die Beitragsverpflichtung vorliegt. Diese wäre allfällig dann gegeben, wenn die ursprünglich erteilte Baubewilligung für das Bauvorhaben „Errichtung eines Betriebsgebäudes“ vor dem 01.01.1995 erteilt wurde, sohin zu einem Zeitpunkt, wo der Abgabenanspruch nicht mit der Erteilung einer Baubewilligung, sondern mit der Erteilung einer Bauplatzbewilligung entstanden ist.

I.7. Mit Schreiben vom 04.02.2015 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vor. Mit Schreiben vom 20.04.2015 und 30. 07.2015 legte die belangte Behörde über Aufforderung des Landesverwaltungsgerichts weitere Aktenbestandteile, insbesondere den eingereichten Bauplan, vor.

 

 

II. Beweiswürdigung:

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt (einschließlich der ergänzend angeforderten Aktenbestandteile) und Einholung eines aktuellen Grundbuchsauszuges. Der Bf hat auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung verzichtet. Auch das Landesverwaltungsgericht hielt eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich, weil der entscheidungserhebliche Sachverhalt bereits nach der Aktenlage unstrittig feststeht und ausschließlich Rechtsfragen zu beurteilen waren.

 

 

III. Maßgebliche Rechtslage:

 

III.1. Verfahren vor dem Verwaltungsgericht:

 

Gemäß § 22 Abs. 1 Oö. BauO 1994 sind die Beiträge gemäß §§ 18 bis 21 leg. cit. hinsichtlich der Verkehrsflächen der Gemeinde als Interessentenbeiträge ausschließliche Gemeindeabgaben im Sinn des § 6 Z 5 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948.

 

Gemäß § 1 Abs. 1 BAO gelten die Bestimmungen der BAO in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und der Gemeinden) sowie der auf Grund unmittelbar wirksamer Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu erhebenden öffentlichen Abgaben, in Angelegenheiten der Eingangs- und Ausgangsabgaben jedoch nur insoweit, als in den zollrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, soweit diese Abgaben durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zu erheben sind.

 

Gemäß § 2a erster und zweiter Satz BAO gelten die Bestimmungen der BAO sinngemäß im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren der belangten Abgabenbehörde gelten. In solchen Verfahren ist das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) nicht anzuwenden.

 

Gemäß § 279 Abs. 1 BAO hat das Verwaltungsgericht, außer in den – hier nicht relevanten – Fällen des § 278 BAO, immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Nach dem zweiten Satz dieser Bestimmung ist das Verwaltungsgericht berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

 

III.2.  In der Sache:

 

Die hier maßgeblichen Bestimmungen der Oö. Bauordnung 1994 (Oö. BauO 1994), LGBl. Nr. 66, in der im Zeitpunkt der Verwirklichung des Abgabentatbestandes geltenden Fassung LGBl. Nr. 90/2013 lauten auszugsweise:

㤠20

Berechnung des Verkehrsflächenbeitrags

 

(1) Der Beitrag ist für die Grundstücksfläche, die der Berechnung der anzurechnenden Frontlänge zugrunde gelegt wurde, vorbehaltlich des Abs. 4b nur einmal zu entrichten.

[…]

§ 25

Anzeigepflichtige Bauvorhaben

 

(1) Folgende Bauvorhaben sind der Baubehörde vor Beginn der Bauausführung anzuzeigen (Bauanzeige), soweit § 26 nichts anderes bestimmt:

[…]

2. unter der Voraussetzung nach Z 1 lit. b und wenn die Übereinstimmung des Bauvorhabens mit allen baurechtlichen Vorschriften von einer befugten Planverfasserin oder einem befugten Planverfasser schriftlich bestätigt wurde:

a) der Neu-, Zu- oder Umbau von Betriebsgebäuden - einschließlich von solchen der Land- und Forstwirtschaft - mit einer bebauten Fläche bis zu 300 und einer Gebäudehöhe von höchstens neun Meter, bei Zubauten jedoch bis zur Höhe des bestehenden Gebäudes, wenn diese nicht zur Tierhaltung bestimmt sind;

[…]

 

§ 25a

Anzeigeverfahren

 

(5) Im Übrigen gilt für anzeigepflichtige Bauvorhaben Folgendes:

[…]

3. für Bauvorhaben nach § 25 Abs. 1 Z 1 und 2 gelten die §§ 19 bis 21 über den Verkehrsflächenbeitrag sinngemäß mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Baubewilligung der Vermerk über die Baufreistellung auf dem Bauplan tritt.“

 

 

IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

Aus der Bestimmung des § 20 Abs. 1 Oö. BauO 1994 ist lediglich abzuleiten, dass der Verkehrsflächenbeitrag für die Grundstücksfläche, die für die Berechnung herangezogen wurde, nur einmal zu entrichten ist. Mit seinem Beschwerdevorbringen übersieht der Bf, dass unter „entrichten“ im Sinne dieser Bestimmung nur die tatsächliche Leistung zu verstehen ist (vgl. VwGH 30.08.1999, Zl. 99/17/0224). Eine tatsächliche Leistung wird aber selbst vom Bf nicht behauptet, sondern bringt dieser im Gegenteil vor, dass eine Vorschreibung (etwa anlässlich der im Jahr 1995 erteilten Baubewilligung für die Errichtung des Betriebsgebäudes) nicht erfolgt sei. Aus dem Verweis auf die Bestimmung des §  20 Abs. 1 Oö. BauO 1994 ist für den Bf daher nichts zu gewinnen.

 

Nach der Bestimmung des § 25a Abs. 5 Z 3 Oö. BauO 1994 gelten auch für (anzeigepflichtige) Bauvorhaben nach § 25 Abs. 1 Z 1 und 2 leg. cit. die Bestimmungen der §§ 19 bis 21 leg. cit. über den Verkehrsflächenbeitrag sinngemäß mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Baubewilligung der Vermerk über die Baufreistellung auf dem Bauplan tritt. Die Verjährungsfrist für diese Abgabe beträgt nach der hier relevanten Bestimmung des § 207 Abs. 2 BAO fünf Jahre, wobei die Verjährung nach § 208 Abs. 1 lit. a BAO mit dem Ablauf des Jahres beginnt, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist.

 

Im Beschwerdefall ist relevant, dass der Verkehrsflächenbeitrag anlässlich der Bauanzeige für die beabsichtigte Errichtung der Rhalle und damit einem anzeigepflichtigen Bauvorhaben nach § 25 Abs. 1 Z 2 Oö. BauO 1994, für das am 07.07.2014 die Baufreistellung am eigereichten Bauplan vermerkt wurde, vorgeschrieben wurde. Die am 07.07.2014 erfolgte Baufreistellung für die anzeigepflichtige Rhalle stellt nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichts gemäß der zitierten Bestimmung des § 25a Abs. 5 Z 3 Oö. BauO 1994 einen geeigneten Anknüpfungspunkt für die Vorschreibung eines Verkehrsflächenbeitrags dar. Da die Abgabenbehörden die Vorschreibung des Verkehrsflächenbeitrags im Ergebnis an einen erst am 07.07.2014 verwirklichten Abgabentatbestand knüpften, ist daher unzweifelhaft auch noch keine Verjährung nach § 207 Abs. 2 iVm § 208 Abs. 1 lit. a BAO eingetreten. Wenn der Bf vermeint, dass durch die Vorschreibung anlässlich der Bauanzeige für die Rhalle Verjährungsvorschriften nach der Oö. Landesabgabenordnung „umgangen“ würden, so ist dem entgegenzuhalten, dass durch das hier gegenständliche anzeigepflichtige Bauvorhaben ein eigenständiger Abgabentatbestand verwirklicht wurde. Ist es – aus welchen Gründen immer – noch nicht dazu gekommen, dass der Verkehrsflächenbeitrag bereits „entrichtet“ (im Sinne des § 20 Abs. 1 Oö. BauO 1994) wurde, ist die Abgabenbehörde nicht daran gehindert, die gesetzlich vorgesehene Abgabe in voller Höhe infolge Verwirklichung des Abgabentatbestandes vorzuschreiben. Die Verjährungsvorschriften der Landesabgabenordnung werden damit nicht „umgangen“ (vgl. VwGH 30.08.1999, Zl. 99/17/0224; 27.09.1999, Zl. 96/17/0328, jeweils mwN). Da der gegenständliche Verkehrsflächenbeitrag sohin nicht anlässlich der Erteilung der Baubewilligung für das Betriebsgebäude vorgeschrieben wurde ist – entgegen der Ansicht des Bf – auch nicht von Bedeutung, zu welchem Zeitpunkt die Baubewilligung für das Betriebsgebäude erteilt wurde.

 

Aus den genannten Gründen erfolgte die Vorschreibung des Verkehrsflächenbeitrags durch die belangte Behörde zu Recht und es war spruchgemäß zu entscheiden.

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe die in dieser Entscheidung zitierte höchstgerichtliche Judikatur). Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Die Abfassung und Einbringung der Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder durch einen bevollmächtigten Wirtschaftstreuhänder bzw. eine bevollmächtigte Wirtschaftstreuhänderin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

Dr. Verena Gubesch