LVwG-350137/7/GS/PP

Linz, 28.07.2015

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Mag.a Gabriele Saxinger über die Beschwerde vom 4.3.2015 der Frau G.D., nunmehr x, x, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 17.2.2015, GZ: BHLL-2014-138115/16-Str, wegen Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs (bedarfsorientierte Mindestsicherung), den

B E S C H L U S S

gefasst:

 

 

I. Der Bescheid des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 17.2.2015, GZ: BHLL-2014-138115/16-Str, wird gemäß § 28 Abs. 3 Satz 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an den Bezirkshauptmann von Linz-Land zurückverwiesen.

 

 

II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 17.2.2015,
GZ: BHLL-2014-138115/16-Str, wurde der Antrag der Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf) vom 10.2.2015 auf Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausge­führt, dass bei der Gegenüberstellung des für den Haushalt der Bf maßgeblichen monatlichen Einkommens mit den Mindeststandards der bedarfsorientierten Mindestsicherung eine Überschreitung dieser Mindeststandards festgestellt worden wäre. Diese Überschreitung sei aus dem beiliegenden Berechnungsbogen ersichtlich:

 

BMS-Berechnunqsblatt

für laufende Geldleistungen ab 20.01.2015 - 31.1.2015 Haushaltsgemeinschaft

Person 1: D.G., geb. x

Mindeststandard "Mitbewohner"

Einkommen "Notstandshilfe" (dzt. kein Anspruch lt. AMS-Bescheid): 0,00 (365 x pro Jahr)

Person 2: M.M., geb. x

Mindeststandard "Mitbewohner"

Einkommen "Lohn" (bis 19.12. J. M.): 1152,40 (12 x pro Jahr) Einkommen "Arbeitslosengeld" (ab 20.12. tgl. 33,01): 363,11 (12 x pro Jahr)

 

Wohnaufwand

Monatliche Miete:            293,96
Beihilfen:

Reduktion Wohnbedarf:            0,00
Berechnung

         Mindeststandard         Einkommen

Person 1:          monatlich 636,30         abzgl. 0,00

Person 2:         monatlich 636,30         abzgl. 1515,51

 

Summe: monatlich 1272,60 abzgl. 1515,51

 

Abzüglich Kürzungsbeträge, monatlich:

Abzgl. Reduktion Wohnbedarf, monatlich: 0,00

Monatsanspruch: 0,00

(Wert berechnet für gesamten Monat Jänner 2015)
Monat            Betrag BMS

2015 - Jänner            0,00        

Summe            0,00“

 

I.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde vom 4.3.2015. Zusammengefasst bringt die Bf im Wesentlichen vor, dass die Berechnung der Behörde unrichtig sei. Wie sich aus dem Berechnungsbogen ergebe, werde das Arbeitslosengeld von Herrn M.M., welcher mit der Bf in einer Wohnung lebe, als Einkommen für die Berechnung des Anspruches auf Mindestsicherung abgezogen. Gemäß § 8 Abs. 2 BMSG dürfe jedoch nur das Einkommen des Ehegatten, Lebensgefährten oder Lebenspartners bei der Berechnung berück­sichtigt werden. Wie sich aus beiliegender Bestätigung ergebe, sei bzw. wäre Herr M. weder Ehegatte noch Lebensgefährte oder Lebenspartner der Bf gewesen. Beweis: unterfertigte Bestätigung M.M. Der Behörde sei allerdings noch ein weiterer Rechenfehler unterlaufen. Im BMS Berechnungsblatt wäre der Bf nämlich der gesamte, rechtlich bestehende Notstandshilfeanspruch in der Höhe von 8,36 Euro täglich als Einkommen angerechnet worden. Aufgrund eines Rückstandes werde der Bf jedoch tatsächlich nur die Hälfte dieses Betrages tatsächlich ausbezahlt, weshalb ihr auch nur die Hälfte von 8,36 Euro täglich, also 127,14 Euro monatlich tatsächlich zum Leben zur Verfügung stünden. Nach der Judikatur des VwGH sei für die Frage, ob ein Einkommen den Anspruch auf Sozialhilfe mindern könne, das tatsächliche Einkommen wesentlich, was nach den weiteren Ausführungen des VwGH nur ein solches sein könne, das zur Befriedigung des Lebensbedarfs des Hilfeempfängers zur Verfügung stehe. Für die Höhe des anzurechnenden Einkommens sei jener Betrag maßgebend, der dem Hilfesuchenden tatsächlich zukomme. Anzurechnende eigene Mittel seien tatsächlich vorhandene und als Einkommen tatsächlich zufließende Mittel, nicht aber unrealisierbare Ansprüche. Der Bf stehe daher tatsächlich nur ein Betrag von 127,14 Euro monatlich zur Verfügung, da ihr nur dieser Betrag vom AMS überwiesen werde. Aus diesem Grund dürfe nur dieser Betrag bei der Berechnung der Mindestsicherung als Einkommen angerechnet werden.

 

I.3. Mit Schreiben vom 7.4.2015 wurde die verfahrensgegenständliche Beschwerde von der belangten Behörde (BH Linz-Land) dem Landesver­waltungsgericht (LVwG) zur Entscheidungsfindung übermittelt. Ergänzend wurde darin vor allem ausgeführt, dass Frau G.D. mit Herrn M.M. im gemeinsamen Haushalt lebe und auch vom AMS sein Einkommen zur Berechnung einer etwaigen Notstandshilfe für Frau D. herangezogen und die Notstandshilfe abgelehnt worden wäre.

 

I.4. Beweis erhoben wurde durch Akteneinsichtnahme und Anberaumung und Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 1.7.2015.

 

 

II. Folgender entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest:

 

Die Bf hat am 10.2.2015 bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land (= belangte Behörde) einen Antrag auf bedarfsorientierte Mindestsicherung gestellt. Mit Bescheid vom 17.2.2015, GZ: BHLL-2014-138115/16-Str, wurde dieser Antrag abgewiesen.

 

Die Bf ist am x geboren und österreichische Staatsbürgerin.

Die Bf bewohnte vom 5.5.2014 bis 12.3.2015 ein Zimmer in der Wohnung des Herrn M.M. unter der Adresse x in A. Küche, Bad, WC und Waschmaschine des Herrn M. wurden von der Bf mitbenützt. Eine Lebensgemeinschaft zwischen der Bf und Herrn M. lag nie vor.

Vom 12.3.2015 bis 2.6.2015 wohnte die Bf bei ihrer Tochter in L., x. Laut Zentralem Melderegister war sie in dieser Zeit bei der „A. S.“ in L., x, als obdachlos gemeldet.

Im April 2015 stellte die Bf einen Antrag auf bedarfsorientierte Mindestsicherung beim Magistrat der Landeshauptstadt Linz.

Im Februar 2015 hatte die Bf einen Anspruch auf Notstandshilfe von 8,36 Euro pro Tag.

 

 

III. Beweiswürdigung:

 

Die Bf schilderte in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem LVwG am 1.7.2015 glaubwürdig und nachvollziehbar, dass zwischen ihr und Herrn M.M. nie eine Lebensgemeinschaft bestanden hat. Die Bf schilderte sehr anschaulich, dass ihr im Mai 2014 Herr M. das Angebot machte, ein ehemaliges Kinderzimmer in seiner Wohnung zu beziehen. Zu jener Zeit wohnte die Bf nämlich sehr beengt in der 50 m2 großen Wohnung der Familie ihrer Tochter. Da die finanzielle Situation der Bf zu dieser Zeit sehr angespannt war, nahm sie das Angebot des Herrn M. an, ein Zimmer in der Wohnung des Herrn M. zu beziehen. Laut Ausführungen der Bf hatte ihr Herr M. zwar Avancen gemacht, da sie diese jedoch nicht erwidert hat, entwickelte sich ein sehr angespanntes Verhältnis zwischen beiden. Aus diesem Grund ist die Bf schlussendlich Anfang März 2015 aus dem Zimmer in der Wohnung des Herrn M. ausgezogen.

 

Die Bf führte in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage der erkennenden Richterin aus, dass es ihr unerklärlich sei, warum Herr M. beim AMS als ihr Lebensgefährte geführt worden wäre. Ihre dagegen eingebrachte Beschwerde wurde vom AMS abgewiesen. Aufgrund der anschaulichen Schilderung ihrer persönlichen Lebensumstände schenkt die erkennende Richterin jedoch den Ausführungen der Bf Glauben, dass zwischen ihr und Herrn M. nie eine Lebensgemeinschaft bestanden hat. Aufgrund ihrer damaligen beengten Wohnverhältnisse hatte Herr M. der Bf ein Zimmer in seiner Wohnung  unentgeltlich zur Verfügung gestellt.

 

 

VI. Das Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

Das Oö. BMSG bestimmt:

 

§ 4  regelt die persönlichen Voraussetzungen für den Anspruch auf bedarfs­orientierte Mindestsicherung:

(1) Bedarfsorientierte Mindestsicherung kann, sofern dieses Landesgesetz nicht anderes bestimmt, nur Personen geleistet werden, die

1.   ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Land Oberösterreich haben und die Voraussetzungen des § 19 oder des § 19a Meldegesetz, BGBl.Nr. 9/1992, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 135/2009, erfüllen und

2.   a) österreichische Staatsbürgerinnen und -bürger oder deren Familien­ angehörige,

b) Asylberechtigte oder subsidiär Schutzberechtigte,

c) EU-/EWR-Bürgerinnen oder -Bürger, Schweizer Staatsangehörige oder deren Familienangehörige, jeweils soweit sie durch den Bezug dieser Leistungen nicht ihr Aufenthaltsrecht verlieren würden,

d) Personen mit einem Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt - EG“ oder „Daueraufenthalt - Familienangehörige“ oder mit einem Nieder­lassungsnachweis oder einer unbefristeten Niederlassungsbewilligung,

e) Personen mit einem sonstigen dauernden Aufenthaltsrecht im Inland, soweit sie durch den Bezug dieser Leistungen nicht ihr Aufenthalts­recht verlieren würden, sind.

(2) Bedarfsorientierte Mindestsicherung kann im Einzelfall – abweichend von Abs.1 – auf der Grundlage des Privatrechts geleistet werden, soweit

1. der Lebensunterhalt nicht anderweitig gesichert ist oder gesichert werden kann und

2. dies zur Vermeidung besonderer Härten unerlässlich ist.

 

 

§ 6

Soziale Notlage

 

 

(1) Eine soziale Notlage liegt bei Personen vor,

1.     die ihren eigenen Lebensunterhalt und Wohnbedarf oder

2.     den Lebensunterhalt und Wohnbedarf von unterhaltsberechtigten Ange­hörigen, die mit ihnen in Haushaltsgemeinschaft leben, nicht decken oder im Zusammenhang damit den erforderlichen Schutz bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung nicht gewährleisten können.

(2) Der Lebensunterhalt im Sinn des Abs. 1 umfasst den Aufwand für die regelmäßig wiederkehrenden Bedürfnisse zur Führung eines menschen­würdigen Lebens, insbesondere für Nahrung, Bekleidung, Körperpflege, Hausrat, Beheizung und Strom sowie andere persönliche Bedürfnisse, wie die angemessene soziale und kulturelle Teilhabe.

(3) Der Wohnbedarf nach Abs. 1 umfasst den für die Gewährleistung einer angemessenen Wohnsituation erforderlichen regelmäßig wiederkehrenden Aufwand für Miete, allgemeine Betriebskosten und Abgaben.

 

[.....]

 

§ 8

Einsatz der eigenen Mittel

 

(1) Die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung hat unter Berück­sichtigung

1.     des Einkommens und des verwertbaren Vermögens der hilfebedürftigen Person sowie

2.     tatsächlich zur Verfügung stehender Leistungen Dritter zu erfolgen.

(2) Bei der Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung wird das Einkommen der (des) im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehegattin oder Ehegatten, Lebensgefährtin oder Lebensgefährten bzw. Lebenspartnerin oder Lebens­partners insoweit als Einkommen der hilfebedürftigen Person betrachtet, als es jenen Betrag übersteigt, der ihr oder ihm zustünde, wenn sie oder er selbst auf bedarfsorientierte Mindestsicherung angewiesen wäre.

(3) Das Einkommen in Haushaltsgemeinschaft mit hilfebedürftigen Personen lebender Kinder ist bis zur Erreichung der Volljährigkeit ausschließlich zur eigenen Bedarfsdeckung zu berücksichtigen.

 

[.....]

 

§ 13

Monatliche Leistungen im Rahmen der Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs

 

(1) Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs erfolgt durch laufende monatliche Geldleistungen (Mindeststandards), soweit keine Hilfe in Form von Sachleistungen in Betracht kommt und auch keine Bedarfsdeckung durch die Inanspruchnahme von Hilfe zur Arbeit besteht.

(2) Die Landesregierung hat durch Verordnung

1. jährlich zum 1. Jänner die Höhe der Mindeststandards gemäß Abs. 1 ...

festzusetzen ...

 

 

 

In diesem Sinn sind in § 1 Abs. 1 der Oö. Mindestsicherungsverordnung

(Oö. BMSV) in der jeweils geltenden Fassung die Mindeststandards betragsmäßig festgesetzt.

 

Die belangte Behörde hat ihre abweisende Entscheidung auf das Vorliegen einer Lebensgemeinschaft mit Herrn M.M. und das daraus folgende Heranziehen seines Einkommens gestützt. Wie bereits in der Beweiswürdigung ausgeführt, ist zwischen der Beschwerdeführerin und Herrn M. niemals eine Lebensgemeinschaft vorgelegen, weshalb die belangte Behörde zu Unrecht das Einkommen des Herrn M. bei der Berechnung zur Ermittlung eines Anspruches auf bedarfsorientierte Mindestsicherung mitberücksichtigt hat. Es ist deshalb eine neue Berechnung hinsichtlich des Vorliegens eines Anspruches auf bedarfsorientierte Mindestsicherung ohne Berücksichtigung des Einkommens des Herrn M. vorzunehmen.

 

Gemäß § 28 Abs. 3 Satz 2 VwGVG kann das Verwaltungsgericht den ange­fochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn die Behörde die notwendigen Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungs­gericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

 

Wie bereits ausgeführt geht ‒ entgegen der Beurteilung durch die belangte Behörde ‒ das Oö. Landesverwaltungsgericht nicht davon aus, dass zwischen der Bf und Herrn M. eine Lebensgemeinschaft vorliegt bzw. jemals vorgelegen ist. Die belangte Behörde hat daher aufgrund der gegenständlichen Entscheidung des Verwaltungsgerichtes die Voraussetzungen ohne Miteinbeziehung des Einkommens von Herrn M. neu zu beurteilen.

Nach den gesetzlichen Bestimmungen des Oö. BMSG steht es der Bf nicht nur zu, eine Beschwerde gegen einen abweisenden Bescheid dem Grunde nach zu erheben; vielmehr besteht für die Bf auch das Recht, eine Beschwerde der Höhe nach zu erheben, sollte nach ihrer Auffassung die ihr gewährte bedarfsorientierte Mindestsicherung zu niedrig bemessen worden sein. Über die Frage der Höhe der Mindestsicherung hat sodann wiederum das Landesverwaltungsgericht Ober­österreich zu entscheiden. Durch eine sofortige Sachentscheidung des Landes­verwaltungsgerichtes Oberösterreich würde der Bf im gegenständlichen Ver­fahren eine Instanz im Hinblick auf die Höhe der beantragten Leistung genommen werden. Würde das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich bereits zum derzeitigen Verfahrensstand der Höhe nach in der Sache selbst entscheiden, wäre dadurch das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht der Beschwerde­führerin auf eine Entscheidung durch den gesetzlichen Richter gemäß Art. 83 Abs. 2 B-VG verletzt werden.

 

Den Beschwerdeausführungen betreffend Berücksichtigung tatsächlich zufließen­der Mittel ist Folgendes entgegenzuhalten:

In der mündlichen Verhandlung führte die Bf aus, dass sie von Jänner bis Mai 2011 zu Unrecht Notstandshilfe bezogen hat. Darin ist die Rückzahlung bzw. der verminderte Auszahlungsbetrag der zustehenden Notstandshilfe begründet.

Ratenzahlungen für „alte Schulden“ zählen jedoch ganz allgemein nicht zum „Aufwand für die regelmäßig gegebenen Bedürfnisse zur Führung eines menschenwürdigen Lebens“, der in § 6 Abs. 2 Oö. BMSG angesprochen wird.

Der VwGH hat bereits mehrfach die Auffassung vertreten(vgl. z.B. VwGH vom 22.4.2002, Zl.2002/10/0053), dass in der Vergangenheit eingegangene Schulden als solche kein von der Sozialhilfe (Anm.: nunmehr bedarfsorientierte Mindestsicherung) abzudeckender Bedarf sind. Schon aus der Aufzählung der maßgebenden Bestandteile des Lebensunterhalts im Gesetz ergibt sich, dass Leistungen der bedarfsorientierten Mindestsicherung lediglich existenzielle Grundbedürfnisse zu befriedigen haben. Um diesen Zweck zu gewährleisten, greifen u.a. jene Vorschriften ein, wonach Ansprüche auf Leistungen der bedarfsorientierten Mindestsicherung weder übertragen noch gepfändet oder verpfändet werden können (siehe § 2 Abs.7. Oö. BMSG).

Auch im Zusammenhang mit der Beurteilung, ob eine soziale Notlage im Sinne sozialhilferechtlicher Vorschriften (jetzt § 6 Oö. BMSG) vorliegt, hat der VwGH wiederholt die Auffassung vertreten, dass der Hilfesuchende seine Hilfsbe­dürftigkeit nicht mit Schulden begründen kann, die er in der Vergangenheit – selbst zur Überwindung einer Notlage – eingegangen ist, es sei denn, dass die Schulden sich zur Zeit der Hilfegewährung noch im Sinne einer aktuellen oder unmittelbar drohenden Notlage auswirken. Als Beispiel für eine im soeben dargelegten Sinn durch Schulden bedingte Notlage wird in der Literatur etwa der drohende Verlust der Unterkunft (infolge Mietzinsrückstandes) genannt  (VwGH vom 22.4.2002, Zl.2002/10/0053).

Da der Bf im Februar 2015 (Zeitpunkt der Antragstellung) unentgeltlich Unter­kunft gewährt wurde, konnte sie auch ihrer Unterkunft in Folge Mietzinsrück­standes nicht verlustig werden. Mit dem dargelegten Einwand kann die Beschwerde nicht aufzeigen, dass die einbehaltenen Teile der Notstandshilfe Auswirkungen im Sinne einer aktuellen oder unmittelbar drohenden Notlage der Bf hätten.

 

Insofern war daher der Beschwerde derart Folge zu geben, dass der Bescheid der belangten Behörde aufgehoben und das Verfahren zur neuerlichen Entscheidung an dieselbe zurückverwiesen wird. Die belangte Behörde ist im Rahmen ihrer Entscheidung an die Rechtsauffassung des Landesverwaltungsgerichtes Ober­österreich dahingehend gebunden, dass die Bf mit Herrn M. in keiner Lebensgemeinschaft gelebt hat.

 

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag.a Gabriele Saxinger