LVwG-400110/2/ER

Linz, 16.07.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Elisabeth Reitter über die Beschwerde von Frau Mag. M.H., vertreten durch Rechtsanwalt Mag. H.P., x, x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz, vom 13. März 2015, GZ: 933/10-1263648, wegen einer Übertretung des Oö. Park­gebührengesetzes

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.          Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Strafverfahren eingestellt.

 

II.         Bei diesem Ergebnis hat die Beschwerdeführerin weder einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens noch des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

 

III.        Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision der Beschwerdeführerin an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4
B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG zulässig.

 

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Straferkenntnis vom 13. März 2015, 933/10-1263648 hat der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz (im Folgenden: belangte Behörde) der Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf) vorgeworfen, dass sie das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen x zu einer bestimmten Zeit und an einem bestimmten Ort in L., in einem „Halten und Parken verboten – ausgenommen Ladetätigkeit“ innerhalb einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone ohne Durch­führung einer Ladetätigkeit ohne gültigen Parkschein abgestellt habe. Sie sei damit der Verpflichtung zur Entrichtung der Parkgebühr nicht nachgekommen.

 

Die Bf habe dadurch jeweils Verwaltungsübertretungen nach §§ 2 Abs 1 und 6 Abs 1 lit a des Oö. Parkgebührengesetzes iVm der Parkgebührenverordnung der Stadt Linz 1989 begangen, weshalb über sie eine Geldstrafe in Höhe von
50 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 45 Stunden) gemäß § 6 Abs 1 lit a Oö. Parkge­bührengesetz verhängt wurde. Weiters wurde sie zur Zahlung eines Verfahrens­kostenbeitrags in Höhe von 10 Euro verpflichtet.

 

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass die Bf ihren PKW innerhalb der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in einer beschilderten Ladezone abgestellt habe, ohne die Parkgebühr zu entrichten und ohne eine Ladetätigkeit durchzuführen. Die flächendeckende Kurzparkzone würde durch weitergehende Verkehrsbeschränkungen, wie Halte- und Parkverbote nicht „unterbrochen“ bzw dränge eine derartige Halteverbotsverordnung mit einem kleineren, innerhalb einer Kurzparkzone liegenden räumlichen Anwendungs­bereich die Zonenverordnung als lex specialis nicht zurück (VwGH 92/17/0300).

Diese Rechtsprechung des VwGH sei durch die Erkenntnisse 2002/17/0350 und 2003/17/0110 bestätigt worden. Wer halte oder parke, sei, gleichgültig ob gleichzeitig auch eine Übertretung der StVO vorliege, wegen Hinterziehung oder Verkürzung der Abgabe zu bestrafen.  

 

I.2. In der dagegen rechtzeitig per Fax eingebrachten Beschwerde vom
13. April 2015 brachte die Bf – rechtsfreundlich vertreten – vor, die Verwaltungs­übertretung nicht begangen zu haben, zumal sie eine Ladetätigkeit durchgeführt habe. Ferner sei die Strafe überhöht, da sie in keinem Verhältnis zur Verkürzung der Parkgebühr stehe. Die Bf beantragte daher, das angefochtene Strafer­kenntnis ersatzlos zu beheben und das Strafverfahren einzustellen, in eventu die Behebung und Zurückverweisung an die belangte Behörde, in eventu die Herab­setzung der verhängten Strafe.

 

I.3. Mit Schreiben vom 20. April 2015 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt dem bezughabenden Akt vor. Eine Beschwerdevorentscheidung wurde nicht erlassen. Ergänzend brachte die belangte Behörde vor, dass die Bf sich zum Tatvorwurf weder gerechtfertigt noch eine Stellungnahme abgegeben habe. Auch von einer Ladetätigkeit sei nie die Rede gewesen. Die Strafhöhe könne ferner nicht reduziert werden, da die Bf zum Zeitpunkt der Erlassung des gegenständlichen Straferkenntnisses (im Zeitraum von 26. März 2010 bis
10. Dezember 2013) bereits sieben Mal rechtskräftig vorgemerkt gewesen sei.

 

I.4. Gemäß § 44 Abs 3 Z 3 VwGVG konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da im angefochtenen Bescheid keine 500 Euro übersteigende Strafe verhängt und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat.

 

Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die Verfahrensakten.

 

Es steht folgender entscheidungsrelevanter  S a c h v e r h a l t  fest:

 

Die Bf hat ihren mehrspurigen PKW mit dem Kennzeichen x am 28. März 2013 von 11:56 bis 12:18 Uhr in L., x vor dem Haus Nr 3 in einem Bereich abgestellt, für welchen ein „Halten und Parken verboten – ausgenommen Ladetätigkeit“ verordnet und entsprechend kund­gemacht war. In dieser Zeit hat die Bf keine Ladetätigkeiten durchgeführt. Der Abstellort befindet sich innerhalb der gebührenpflichtigen Kurzparkzone der Stadt L.

 

 

II. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich im Wesentlichen widerspruchsfrei aus dem vorgelegten Verwaltungsakt.

 

Hinsichtlich der behaupteten Ladetätigkeit ist auszuführen, dass die Bf weder ihren Einspruch gegen die Strafverfügung vom 3. Juli 2013 begründete, noch kam sie der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 24. Oktober 2013 nach. Von der belangten Behörde wurde jenes Aufsichtsorgan, das die Organstrafverfügung vom 28. März 2013 ausstellte, nach Belehrung über die Wahrheitspflicht und die Pflicht zur vollständigen Aussage, zeugenschaftlich einvernommen. Bei dieser Einvernahme gab das Aufsichtsorgan an, keine Ladetätigkeit wahrgenommen zu haben. Das Ergebnis dieser Zeugenbefragung wurde der Bf nachweislich zur Stellungnahme zugestellt, auch dieser Aufforderung zur Stellungnahme kam die Bf nicht nach.

Die Bf behauptete erstmals in der Beschwerde, eine Ladetätigkeit vorgenommen zu haben, verzichtete aber auf nähere Ausführungen oder Beweismittel. Während des gesamten Verwaltungsstrafverfahrens trat sie den Wahrnehmungen des durch die belangte Behörde als Zeugen einvernommenen Aufsichtsorgans betreffend die fehlende Ladetätigkeit nicht entgegen. Für das Landesver­waltungsgericht Oberösterreich gibt es keinen Hinweis oder Anhaltspunkt, um an den Schilderungen des unter Wahrheitspflicht stehenden Parkaufsichtsorgans zu zweifeln, zumal diesem die Feststellung einer Übertretung nach dem Parkge­bührengesetz durchaus zuzumuten ist und dieses seine Wahrnehmungen im Rahmen der zeugenschaftlichen Vernehmung glaubhaft, überzeugend und schlüssig schilderte.

 

Da die Bf während des gesamten Verwaltungsstrafverfahrens – und insbesondere auch nach Vorlage der Aussage des Aufsichtsorgans – kein einziges Mal behauptet hatte, eine Ladetätigkeit durchgeführt zu haben und für ihre in der Beschwerde erstmals vorgebrachte diesbezügliche Behauptung keinerlei nähere Ausführungen oder Beweismittel anbot bzw keinerlei Beweisanträge stellte, kommt das Oö. Landesverwaltungsgericht zum Schluss, dass es sich dies­bezüglich bloß um eine Schutzbehauptung handelt, mit der die Bf versucht, das Vorliegen des Ausnahmetatbestands des § 5 Abs 1 Z 6 Oö. Parkgebührengesetz zu begründen.

 

 

III. Gemäß § 25 Abs 1 StVO kann die Behörde durch Verordnung für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken oder für Straßen innerhalb eines bestimmten Gebietes das Parken zeitlich beschränken (Kurzparkzone), wenn und insoweit es zu bestimmten Zeiten aus ortsbedingten Gründen (auch im Interesse der Wohnbevölkerung) oder zur Erleichterung der Verkehrslage erforderlich ist. Die Kurzparkdauer darf nicht weniger als 30 Minuten und nicht mehr als
3 Stunden betragen.

 

Gemäß § 1 Abs 1 des Oö. Parkgebührengesetzes werden die Gemeinden nach Maßgabe dieses Gesetzes ermächtigt, durch Beschluss des Gemeinderates eine Abgabe (Parkgebühr) für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 der Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl Nr 159, in der jeweils geltenden Fassung – StVO 1960) für die nach den straßenpolizeilichen Vorschriften zulässige Parkdauer auszuschreiben.

 

Gemäß § 1 Abs 1 der Parkgebührenverordnung des Gemeinderats der Landes­hauptstadt Linz vom 11. Mai 1989 in der für den Tatzeitraum relevanten Fassung 2009/19 wird für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in als gebührenpflichtig gekennzeichneten Kurzparkzonen (§ 25 der Straßenverkehrs­ordnung 1960) für die nach den straßenpolizeilichen Vorschriften zulässige Park­dauer eine Parkgebühr ausgeschrieben.

 

 

IV. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

IV.1. Wie unter I.4. festgestellt, befindet sich der gegenständliche Tatort in einem Bereich innerhalb einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone, in dem zum vorgeworfenen Tatzeitraum ein „Halteverbot – ausgenommen Ladetätigkeit“ verordnet war.

 

§ 25 Abs 1 StVO ermächtigt die Behörde, für bestimmte Verkehrsflächen durch Verordnung das Parken zeitlich zu beschränken. Bereits aus dieser Formulierung ist abzuleiten, dass sich Kurzparkzonen nur auf solche Verkehrsflächen beziehen können, auf denen das Parken grundsätzlich erlaubt ist. Für Verkehrsflächen, auf denen das Parken zur Gänze verboten – also auch für eine noch so kurze Zeit gar nicht erlaubt – ist, kommt eine zeitliche Beschränkung dieses von Anfang an verbotenen Parkens nicht in Betracht.

 

Bezugnehmend auf § 25 StVO wird die Gemeinde in § 1 Abs 1 des Oö. Park­gebührengesetzes bzw in § 1 Abs 1 der Parkgebührenverordnung der Landes­hauptstadt Linz ermächtigt, eine Parkgebühr für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen für die nach den straßenpolizeilichen Vor­schriften zulässige Parkdauer auszuschreiben. Bereits aus dem Wortlaut dieser Bestimmungen ergibt sich, dass die Anordnung einer Parkgebühr nur für die nach den straßenpolizeilichen Vorschriften zulässige Parkdauer möglich ist. Wenn aufgrund straßenpolizeilicher Vorschriften das Parken überhaupt nicht zulässig ist (zB wegen eines gesetzlichen oder auch verordneten Halteverbotes), dann darf nach dieser Bestimmung für das Parken in diesem Bereich auch keine Park­gebühr festgesetzt werden.

 

Die in der Rechtswissenschaft sowie in der Judikatur kontrovers diskutierte Frage, ob der Landesgesetzgeber wegen des Abgabenfindungsrechtes der Länder eine Ermächtigung zum Vorschreiben einer Parkgebühr auch für Verkehrsflächen erteilen darf, auf welchen das Parken verboten ist (siehe dazu die Entscheidung des VwGH vom 27.04.1995, 92/17/0300 sowie die darin angeführte kritische Literatur), stellt sich im gegenständlichen Fall somit gar nicht.

Der Oö. Landesgesetzgeber hat die Gemeinden nämlich nur dazu ermächtigt, eine Parkgebühr für die nach den straßenpolizeilichen Vorschriften zulässige Parkdauer festzusetzen. Für ein nach den straßenpolizeilichen Vorschriften unzu­lässiges Parken besteht keine Ermächtigung zur Einhebung einer Parkgebühr. Die Parkgebührenverordnung der Landeshauptstadt Linz überschreitet diese Verordnungsermächtigung nicht und setzt daher konsequenterweise für das nach den straßenpolizeilichen Vorschriften unzulässige Parken keine Parkgebühr fest.

 

Verweist die belangte Behörde nun auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu 92/17/0300, 2002/17/0350 und 2003/17/0110, ist ihr zu entgegnen, dass sich diese auf Sachverhalte bezieht, die die Wiener Parkometerabgabe und das Steiermärkische Parkgebührengesetz betrafen. Diese Bestimmungen beinhalten – anders als das Oö. Parkgebührengesetz – keine Einschränkung der Ermächtigung auf die nach den straßenpolizeilichen Vorschriften zulässige Parkdauer.

 

In seinem Erkenntnis vom 24. Jänner 2000, 97/17/0331, hielt der Verwaltungs­gerichtshof betreffend das Salzburger Parkgebührengesetz, das der Regelung in Wien vergleichbar ist, fest, dass „aus abgabenrechtlicher Sicht eine Gebühren­pflicht für Halte- und Parkverbotszonen innerhalb gebührenpflichtiger Kurz­parkzonen bestehen kann. Daraus lässt sich aber nicht ableiten, dass dies generell der Fall ist. Vielmehr ist auf die einzelnen zu Grunde zu legenden Rechtsvorschriften abzustellen.

 

Aufgrund des Umstands, dass nach dem Oö. Parkgebührengesetz (und der Linzer Parkgebührenverordnung) für ein nach den straßenpolizeilichen Vorschriften unzulässiges Parken keine Ermächtigung zur Einhebung einer Parkgebühr besteht, ist die zitierte Judikatur für oberösterreichische Sachverhalte nicht heranzuziehen.

 

IV.2. Gemäß § 45 Abs 1 Z 2 erster Fall VStG ist die Einstellung eines Straf­verfahrens zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat.

Der Bf wurde im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, sie sei der Verpflichtung zur Entrichtung der Parkgebühr nicht nachgekommen.

Die Landeshauptstadt Linz hat aber nur für die nach den straßenpolizeilichen Vorschriften zulässige Parkdauer Abgaben für das Abstellen von mehrspurigen KFZ in Kurzparkzonen festgesetzt.

 

Zumal die Bf ihr Fahrzeug an einem Ort abgestellt hat, an dem das Parken unzulässig war, konnte demgemäß eine Gebührenpflicht für eine zulässige Parkdauer am verfahrensgegenständlichen Tatort nicht ent­stehen.

 

 

V. Die Bf hat ihr Fahrzeug vorschriftswidrig in einer Ladezone geparkt. Für diese Fälle schreibt die Parkgebührenverordnung der Landes­hauptstadt Linz keine Parkgebühr vor, weshalb die Bf jene Verwaltungsübertretung, die ihr vorgeworfen wurde, nicht begangen hat. Im Ergebnis war daher der Beschwerde stattzugeben, ferner war das Verfahren wegen der Übertretungen des Oö. Park­gebührengesetzes einzustellen.

 

 

VI. Zulässigkeit der Revision:

Die ordentliche Revision ist im Hinblick auf die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei zulässig, da der Rechtsfrage nach Ansicht des Oö. Landeverwaltungsgerichts grundsätzliche Bedeutung zukommt. Es existiert keinerlei Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zum Oö. Parkgebührengesetz, die die im gegenständlichen Verfahren zu behandelnden Rechtsfrage zum Inhalt hatte. Die Judikatur hinsichtlich vergleich­barer Normen anderer Bundesländer ist auf den gegenständlichen Fall angesichts der im Erkenntnis dargelegten Besonderheiten des Oö. Parkgebührengesetzes nicht anwendbar.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von
240 Euro zu entrichten.

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art 133 Abs 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde bzw der revisionslegitimierten Formalpartei die ordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesver­waltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Elisabeth Reitter