LVwG-250052/2/Sch/CG

Linz, 24.08.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Schön über die Beschwerde der Frau G. S., x, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 21. Mai 2015, GZ: Bi11-8-2015, betreffend Abweisung des Antrages der Obgenannten auf Genehmigung des sprengelfremden Schulbesuches des Kindes D. S., geb. x, in der Neuen Mittelschule (NMS) T.,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.:

1.  Mit Bescheid vom 21. Mai 2015, GZ: Bi11-8-2015, hat die Bezirkshauptmannschaft Schärding  den Antrag der Frau G. S. vom 13. April 2015 auf sprengelfremden Schulbesuch ihres Sohnes D. S. in der NMS T. gemäß § 47 Abs.5 Z.2 Oö. Pflichtschulorganisationsgesetz 1992 (Oö. POG 1992), LGBl. Nr. 35/1992 idgF., abgewiesen.

Die Entscheidung durch die Behörde war gemäß § 47 Abs. 1 Oö. POG 1992 geboten, da es zu keiner Einigung zwischen den beteiligten Gemeinden M. und T. gekommen war.

Die Marktgemeinde T. als Schulerhalterin der sprengelfremden Schule erteilte zwar die Zustimmung, nicht jedoch die sprengelzuständige Marktgemeinde M..

 

2. Die Beschwerdeführerin hat gegen diesen Bescheid rechtzeitig Beschwerde erhoben. Diese ist von der belangten Behörde samt bezughabendem  Verfahrensakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt worden. Damit ist die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes zur Entscheidung durch  den zuständigen Einzelrichter im Sinne des § 2 VwGVG gegeben.  

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs.4 VwGVG abgesehen werden.

 

3. Das Ansuchen der Beschwerdeführerin an die belangte Behörde verweist auf das vorangegangene an die Marktgemeinde T.. Als Begründung für den sprengelfremden Schulbesuch ist somit für die Beschwerdeführerin relevant, dass der Bruder des schulpflichtigen D. S. die 3. Klasse der Neuen Mittelschule T. besuche. Beim Tag der offenen Tür dieser Schule sei D. begeistert gewesen.

Weiters wäre der Schülertransport nach T. kein Problem, da der Schulbus ca. 300 m vor dem Haus der Beschwerdeführerin halte.

In der Beschwerdeschrift wird auf weitere Umstände verwiesen. Demnach kämen beide Elternteile regelmäßig spät von der Arbeit nach Hause, ca. um 18.30 Uhr. Im Falle eines Schulbesuches in T. könne der Sohn dann – wie sein älterer Bruder – die Zeit nach der Schule bei der Schwester der Beschwerdeführerin in T. verbringen und wäre dort sowohl beaufsichtigt als auch erhielte er sein Essen, das auf seine Allergien abgestimmt sei. Auch könnte er dort die Hausübungen machen und die Freizeit kontrolliert verbringen bis er abgeholt würde. Das Abholen des Schulkindes durch die Schwester in M. wäre nicht zumutbar, wie dies vorangegangen noch beim Schulbesuch in R. möglich gewesen sei.

Als weiterer Grund wird schließlich angeführt, dass die Stundentafel der NMS T. wegen des Informatikangebotes ab der 1. Klasse und einer Wahlmöglichkeit zwischen einem Technik- und Kreativzweig bevorzugt würde.

 

4. Gemäß § 47 Abs.5 Z.2 Oö. POG 1992 kann die Bewilligung des sprengelfremden Schulbesuches versagt werden, wenn die mit dem sprengelfremden Schulbesuch für den Schulpflichtigen verbundenen Vorteile die bei der Schulsprengelfestsetzung zu berücksichtigenden Interessen nicht überwiegen.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Bestimmung des § 47 Abs.5 Z.2 Oö. POG 1992 um eine Ermessensentscheidung. Die Ermessensübung ist allerdings nur bei Nichtüberwiegen der Vorteile für den Schulpflichtigen eingeräumt. Ergibt hingegen diese Interessensabwägung, dass die Vorteile für den Schüler die bei der Sprengelfestsetzung zu berücksichtigenden Interessen überwiegen, darf die Bewilligung nicht versagt werden (VwGH 26.04.1993, 92/10/0362).

 

5. Wie schon oben angeführt, muss der sprengelfremde Schulbesuch mit Vorteilen für den Schulpflichtigen verbunden sein. Diese Vorteile müssen individuell für den konkreten Schüler vorliegen. Es kommt also auf den Einzelfall an, ob und welche Gründe für den vorgesehenen sprengelfremden Schulbesuch – diese können sehr unterschiedlich sein – eben für jenen bestimmten Schüler gegeben sind.

Die von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten Gründe stellen sich im Einzelnen wie folgt dar:

Wenn der Bruder des Schülers D. die 3. Klasse der Neuen Mittelschule T. besucht hat und im kommenden Schuljahr demnach wohl die 4. Klasse, kann daraus kein rechtlich relevanter Vorteil abgeleitet werden. Zum einen hat dieser Bruder mit den Abläufen in einer 1. Klasse  nichts zu tun und wäre zum anderen der Kontakt demnach wohl nur auf die Pausenzeit beschränkt.

Dass dem Schulpflichtigen die Neue Mittelschule T. beim Tag der offenen Tür gut gefallen hat, ist zwar eine positive Feststellung, allerdings hat die Frage, ob einem eine Schule gefällt oder nicht, nichts mit dem Schulsprengel an sich zu tun.

Zum angesprochenen Schulbustransport nach T. ist zu bemerken, dass ein solcher nach Auskunft der Marktgemeinde M. auch zwischen R. und M. eingerichtet ist. An der technischen Zurücklegung des Schulweges ändert sich also für den Schulpflichtigen nichts, ob er nun im Schulsprengel verbleibt oder die sprengelfremde Schule besucht.

In der Beschwerde wird auf die familiäre Situation hingewiesen, dass nämlich die Schwester der Beschwerdeführerin, die in T. wohnhaft ist, die Nachmittagsbetreuung des Schülers übernehmen könnte.

Im Regelfall ist davon auszugehen, dass ein Schulkind im Alter von 10 Jahren nicht mehr eine Betreuung durch Verwandte braucht, um die Zeit nach dem Unterricht zu verbringen. Für die Neue Mittelschule M. wird lt. Auskunft der Gemeinde eine professionelle Nachmittagsbetreuung – im Rahmen der Volksschule -  angeboten, sodass dafür gesorgt ist, dass diese Zeit so verbracht werden kann, dass sie genauso sinnvoll genützt werden kann, etwa durch Spiel und Sport oder zur Bewältigung des Lernstoffes, wie dies beim Aufenthalt bei einer Verwandten möglich wäre.

Bei der Verköstigung von Schulkindern in diesem Rahmen wird zweifellos auch auf individuelle Eigenschaften des Schülers, etwa eine allfällige Allergie, wenn sie dem Personal bekannt ist, Rücksicht genommen werden.

Somit erweist sich auch diese Argumentationslinie im Ergebnis nicht als rechtlich stichhältig.

Zum Hinweis auf die Stundentafel der Neuen Mittelschule T. ist zu bemerken, dass die Lehrpläne an den Neuen Mittelschulen aufgrund der gesetzlichen Vorgaben so weit gleich sind, dass es keinen Unterschied machen kann, ob ein Schüler die eine oder die andere Schule besucht. So wird etwa der Gegenstand Informatik an allen Neuen Mittelschulen unterrichtet, um dem Schüler ein entsprechendes Wissen im IT-Bereich, aber auch den kritischen Umgang damit, zu vermitteln. Bei einer besonders ausgeprägten Computeraffinität eines Schülers wird sich dieser wohl unabhängig vom Angebot in der Schule damit noch intensiver zu beschäftigen wissen.

Somit kann zusammenfassend kein rechtlich relevanter Vorteil für den schulpflichtigen D. S. – das Gesetz steht ausdrücklich auf Vorteile für den Schüler, nicht etwa für die Eltern ab – erblickt werden, der die Interessen, die bei der Festsetzung des Pflichtschulsprengels von der Behörde zu beachten waren, überwiegen würde.

 

6. Abschließend soll hier noch grundsätzlich folgendes festgehalten werden:

Gemäß § 39 Abs.1 Oö. POG 1992 hat für jede öffentliche Pflichtschule ein Schulsprengel zu bestehen. Der Gesetzgeber verpflichtet also die Behörde zur Errichtung von Pflichtschulsprengeln.

In Bezug auf die Sprengel für Neue Mittelschulen gibt § 42 Abs.2 Oö. POG 1992 vor, dass der Pflichtsprengel das Gebiet umfasst, in dem jene nach den die Schulpflicht regelnden Vorschriften für den Besuch einer öffentlichen Neuen Mittelschule in Betracht kommenden Kinder wohnen, denen der Besuch dieser Schule hinsichtlich des Schulweges zugemutet werden kann.

Hat die Behörde nach diesen Vorgaben einen Schulsprengel festgesetzt, so ist der Besuch der Sprengelschule der Regelfall. Damit soll letztlich auch bewirkt werden, dass der Bestand der jeweiligen Pflichtschule gesichert ist, um den zumutbaren Schulweg für die Schüler auf Dauer zu erhalten. Der Umstand, dass die Anzahl der Pflichtschüler in den letzten Jahren eher zurückgeht, sollte allgemein bekannt sein. So sind nach den veröffentlichten Zahlen im Bundesland Oberösterreich seit dem Jahr 2009 72 Volks-, Sonder-, Haupt- und Neue Mittelschulen geschlossen worden. Im Jahr 2015 trifft dies für 4 Volksschulen zu, dies mit späteren Auswirkungen wohl auch auf darauf aufbauende Pflichtschulen

In Anbetracht all dieser Erwägungen kann der belangten Behörde somit nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Bewilligung des sprengelfremden Schulbesuches  im vorliegenden Fall versagt hat.

 

 

Zu II.:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

S c h ö n