LVwG-300378/11/Py/PP

Linz, 30.07.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr.in Andrea Panny über die Beschwerde der Frau S.M., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. G.W., x, x, gegen das Straf­erkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 30. Mai 2014, SV96-48-2013, wegen Verwaltungsübertretung nach dem Allgemeinen Sozialver­sicherungsgesetz (ASVG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 17. Juli 2015

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Der Beschwerde wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 365 Euro herabgesetzt wird. Die verhängte Ersatz­freiheitsstrafe bleibt unberührt. Im Übrigen wird der Beschwerde keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass im Spruch die Wortfolge „seit ein bis zwei Monaten, zumindest jedoch am 16.02.2013 beschäftigt“ durch die Wortfolge „von 16.01.2013 bis 16.02.2013 geringfügig beschäftigt“ ersetzt wird, der letzte Spruchabsatz entfällt und die verletzte Rechtsvorschrift § 33 Abs. 2 iVm § 111 Abs. 1 Z 1 ASVG lautet.

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG sind keine Kosten für das Beschwerde­verfahren zu leisten. Der Kostenbeitrag zum Verfahren vor der belangten Behörde ermäßigt sich gemäß § 38 VwGVG iVm § 64 VStG auf 36,50 Euro.

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

I.1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 30. Mai 2014, SV96-48-2013, wurde über die Beschwerdeführerin (in der Folge: Bf) wegen Verwaltungsübertretung nach § 33 iVm § 111 Abs. 1 Z 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) idgF eine Geldstrafe iHv 500 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe iHv 33 Stunden verhängt. Gleich­zeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag iHv 50 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

„Sie haben es als Gewerbeinhaberin Ihres Gastgewerbebetriebes „C. S.“ mit Sitz in P., x, verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass Sie als Dienstgeberin Herrn M. M., geb. x, als Dienstnehmer in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt (Unterkunft sowie Verpflegung) als Kellner im Ausmaß von 5 bis 6 Stunden pro Woche seit ein bis zwei Monaten, zumindest jedoch am 16.02.2013 beschäftigt haben, ohne vor Arbeitsantritt, eine zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete Meldung bei der Oö. Gebietskrankenkasse mit Sitz in 4020 Linz, Gruberstraße 77, als zuständiger Sozialversicherungsträger zu erstatten.

Dieser Sachverhalt wurde von Organen des Finanzamtes Linz bei einer Kontrolle am 16.02.2013 gegen 22:10 Uhr in Ihrem oa. Gastgewerbebetrieb, indem die oa. Person bei der Ausübung seiner Tätigkeit als Kellner betreten wurde, fest­gestellt.

Der oa. Dienstnehmer war nicht von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG ausgenommen. Sie haben somit gegen die sozialversicherungsrechtliche Melde­pflicht des § 33 Abs. 1 ASVG verstoßen.“

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrens­ganges und der Rechtsgrundlagen aus, dass aufgrund des festgestellten Sachverhaltes im gegenständlichen Fall nicht von einer ehelichen Beistandspflicht gesprochen werden könne, zumal die Beschuldigte zum Tatzeitpunkt bereits von Herrn M. geschieden war. Sie müsse sich daher, wenn sie selbst nicht im Lokal arbeiten kann, rechtzeitig um eine Aushilfe bemühen und diese auch bei der Sozialversicherung anmelden.

 

Zur verhängten Strafhöhe wird ausgeführt, dass die Einkommens- und Vermö­gensverhältnisse mangels geeigneter Angaben nicht berücksichtigt werden konnten und daher wie angekündigt geschätzt wurden. Die widersprüchlichen Angaben hinsichtlich der Sorgepflichten seien nicht weiter relevant, da aufgrund der langen Verfahrensdauer und der Unbescholtenheit ohnehin die gesetzliche Mindeststrafe von 730 Euro bereits unterschritten wurde und keine weitere Herabsetzung der Strafe gerechtfertigt wäre. Straferschwerende Gründe konnten nicht gefunden werden.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde vom 26. Juni 2014. Darin wird zusammengefasst vorgebracht, dass der zum Kontrollzeitpunkt im Lokal angetroffene Herr M. M. in keinem Dienstverhältnis zur Bf stehe. Die Bf habe bereits bei der Befragung durch die Finanzpolizei angegeben, dass ihr Herr M. nur ab und zu im Lokal aushelfe, beispielsweise wenn sie einkaufen gehen müsse. Rechtfertigend wird dazu ausgeführt, dass sich die von Herrn M. in Notfällen verrichteten Aushilfstätigkeiten auf das familiäre Naheverhältnis gründen. Die Bf berufe sich auch nicht auf die eheliche Beistandspflicht, sondern handle es sich um die Fortsetzung der ehemals bestehenden Beistandspflicht zwischen den Ehegatten und habe dieser aus der bestehenden Verbundenheit mit der Bf im Lokal ausgeholfen. Darüber hinaus habe er von der Bf auch kein Entgelt für seine aushilfsweise Tätigkeit bekommen, sodass jedenfalls keine – für ein Beschäftigungsverhältnis charakteristische – persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit vorgelegen sei. Lediglich aufgrund der Gastfreundlichkeit der Bf habe er etwas zu essen und zu trinken erhalten und sei es richtig, dass er mehrmals bei der Bf genächtigt habe. Eine persönliche Abhängigkeit liege dadurch jedoch nicht vor. Auch aus den Aussagen der Bf vor den Organen der Finanzpolizei gehe hervor, dass Herr M. zu diesem Zeitpunkt im Sinne eines Freundschaftsdienstes im Lokal aushalf, dafür allerdings keine Entlohnung erhalten habe. Zudem wurde der beantragten Einvernahme des Zeugen M.M. keine Folge geleistet und hätten sich jene atypischen Umstände aufgrund der Aussage der Bf ergeben, aus denen hervorgehe, dass kein Dienstverhältnis vorlag.

 

3. Mit Schreiben vom 1. Juli 2014 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vor, das zur Entscheidung gemäß § 2 VwGVG durch seine nach der Geschäfts­verteilung zuständige Einzelrichterin berufen ist.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 17. Juli 2015. An dieser nahmen die Bf mit ihrer Rechtsvertreterin sowie ein Vertreter der am Verfahren beteiligten Organpartei teil. Der ordnungsgemäß zur Verhandlung geladene Zeuge M. M. ist zur Verhandlung nicht erschienen. Ein Nachweis, dass ihm ein Erscheinen – wie von der Beschuldigten angegeben – aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich war, wurde nicht erbracht. Auf eine neuerliche Ladung des beantragten Zeugen M.M. wurde in weiterer Folge von der Bf verzichtet.

 

4.1. Das Landesverwaltungsgerecht geht bei seiner Entscheidung von folgen­dem Sachverhalt aus:

 

Die Bf betreibt den Gastgewerbebetrieb „C. S.“ mit Sitz in P., x.

 

Anlässlich einer Kontrolle durch Organe der Finanzpolizei Linz am 16. Februar 2013 um 22:10 Uhr wurde im „C. S.“ Herr M.M., geb. x, hinter der Bar stehend angetroffen. Im Lokal, das aus zwei großen Räumen besteht und täglich von Vormittag bis jedenfalls 22:00 Uhr geöffnet ist, waren zum damaligen Zeitpunkt keine Dienstnehmer gemeldet. Die Bf befand sich zum Kontrollzeitpunkt nicht im Lokal, sie kam ca. eine Stunde nach Kontrollbeginn und gab gegenüber den Kontrollbeamten an, dass ihr ihr geschiedener Mann seit ca. ein bis zwei Monaten ca. fünf bis sechs Stunden pro Woche im Lokal aushilft. Auf die Frage, ob er dafür eine Entlohnung erhalte, gab sie an, dass er etwas zu essen und zu trinken erhalte. Zudem gestattete die Bf Herrn M., in einem der über dem Lokal gelegenen Zimmer zu nächtigen.

Eine An­meldung beim zuständigen Sozialversicherungsträger vor Aufnahme der Tätigkeit des Herrn M. wurde von der Bf nicht erstattet.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vom 17. Juli 2015.

 

Die Bf bestätigte in der mündlichen Verhandlung jene Angaben, die sie anlässlich der Kontrolle gegenüber den Beamten machte. Zwar wurde diese Niederschrift von der Bf aufgrund der Eskalation der Kontrollsituation durch Herrn M. und die dadurch durchgeführte einvernehmliche Beendigung der Befragung offenbar nicht mehr unterfertigt, jedoch wurden die wesentlichen Aussagen betreffend die Tätigkeit des Herrn M. von der Bf nicht bestritten. Schon im Hinblick auf die langen Öffnungszeiten des Lokals und den Umstand, dass zum Kontrollzeitpunkt kein sonstiges Personal gemeldet war, ist es nachvollziehbar, dass Herr M., der zu diesem Zeitpunkt zudem keiner Arbeit nachging, regelmäßig zumindest geringfügig im Lokal aushalf. Nach Angaben der Bf wurde Herr M. in weiterer Folge auch als Dienstnehmer angemeldet. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich gelangte durch den persönlichen Eindruck, den die Bf in der mündlichen Verhandlung bei ihrer Aussage vermittelte, zudem zur Ansicht, dass ein enges Naheverhältnis zwischen den ehemaligen Ehegatten nicht mehr vorliegt und es sich bei der Zurverfügungstellung von Essen und Trinken sowie Unterkunft für Herrn M. tatsächlich um eine Gegenleistung für seine Arbeit im Lokal handelt. Dies nicht nur aufgrund des Umstandes, dass das Ehepaar M. inzwischen seit bereits 10 Jahren geschieden ist, sondern auch im Hinblick auf die Tatsache, dass die Bf ihm nach eigenen Angaben auch ein Zimmer zur Verfügung stellte, das eigentlich als Mietzimmer vorgesehen war, weshalb Herr M. zum damaligen Zeitpunkt durch seine Tätigkeit im Lokal der Bf und die daraus resultierende Naturalentlohnung offenbar zumindest einen Teil seiner Lebenshaltungskosten bestritt.

 

4.3. Hinsichtlich des Tatzeitraumes gab die Bf an, dass die regelmäßige Hilfstätigkeit des Herrn M. zumindest seit einem Monat andauerte. Dass eine Beschäftigung vorlag, die über der Geringfügigkeitsgrenze lag, konnte im Verfahren nicht zweifelsfrei festgestellt werden, obwohl dies durchaus wahrscheinlich erscheint. Seitens des Landesverwaltungsgerichtes wurde daher der Spruch der belangten Behörde hinsichtlich des Tatzeitraumes und des Beschäftigungsausmaßes – zugunsten der Bf – entsprechend eingeschränkt.

 

5. In rechtlicher Hinsicht hat das Oö. Landesverwaltungsgericht erwogen:

 

5.1. Gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 idgF sind in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.

 

Gemäß § 4 Abs. 2 erster Satz ASVG ist Dienstnehmer im Sinn dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbstständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

 

Gemäß § 111 Abs. 1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

  1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder
  2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder
  3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder
  4. gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

§ 111 Abs. 2 ASVG besagt: Die Ordnungswidrigkeit nach Abs. 1 ist von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar

-      mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

-      bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstraf­bestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf
365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbe­deutend sind.

 

Gemäß § 539a Abs. 1 ASVG ist für die Beurteilung von Sachverhalten nach dem ASVG in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (z.B. Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend. Durch den Missbrauch von Formen und Gestaltungs­möglichkeiten nach bürgerlichem Recht können Verpflichtungen nach dem ASVG, besonders die Versicherungspflicht, nicht umgangen oder gemindert werden
(§ 539a Abs. 2 ASVG). Ein Sachverhalt ist so zu beurteilen, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen recht­lichen Gestaltung zu beurteilen gewesen wäre (§ 539a Abs. 3 ASVG).

 

5.2. Herr Mirzet M. wurde anlässlich einer Kontrolle durch Organe der Finanz­polizei am 16. Februar 2013 im von der Bf betriebenen Lokal arbeitend ange­troffen. Wenn jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen, d.h. arbeitend, unter solchen Umständen angetroffen wird, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten, ist die Behörde berechtigt, von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinn auszugehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen (VwGH vom 23.4.2013, Zl. 98/08/0270). Spricht also die Vermutung für ein Dienstverhältnis, dann muss die Partei ein ausreichend substantiiertes Vorbringen erstatten, aus dem man anderes ableiten könnte.

 

Die Bf verantwortet sich damit, dass es sich bei der Tätigkeit ihres geschiedenen Ehegatten um einen Gefälligkeitsdienst gehandelt habe und diese daher nicht den Bestimmungen des ASVG unterliegt. Nach ständiger Judikatur des Verwal­tungsgerichtshofes sind als Freundschafts- oder Gefälligkeitsdienste insbesondere kurzfristige, freiwillige und unentgeltliche Dienste anzusehen, die vom Leistenden aufgrund spezifischer Bindungen zwischen ihm und dem Leistungsempfänger erbracht werden (vgl. VwGH v. 14.3.2013, Zl. 2010/08/0229). Im Lokal der Bf waren im gegenständlichen Tatzeitraum keine Dienstnehmer gemeldet, wobei der Betrieb schon aufgrund seiner Größe sowie der angegebenen Betriebszeiten einen höheren Personalbedarf erfordern würde, was auch von der Bf durch die Aussage, Herr M. habe insbesondere dann mehr geholfen, wenn keine Kellnerin vorhanden war, bestätigt wurde. Es kann daher gegenständlich auch nicht davon ausgegangen werden, dass ein nur kurzfristiger Hilfsdienst vorlag, weshalb schon aus diesem Grund das Vorliegen eines Gefälligkeitsdienstes zu verneinen ist. Aufgrund der Sachverhaltsfeststellungen mangelt es zudem an der erforderlichen Unentgeltlichkeit der Tätigkeit, zumal auch ein Sachbezug als Entgelt im Sinn des § 49 Abs. 1 und § 50 ASVG zu beurteilen ist (vgl. VwGH v. 14.3.2013, Zl. 2010/08/0229) und die geschilderte Zurverfügungstellung von Essen und Trinken sowie einer Unterkunft als Entgeltvereinbarung zu werten ist. Das Vorliegen eines Gefälligkeitsdienstes konnte daher von der Bf nicht glaubhaft dargelegt werden.

 

5.3. Im Rahmen der Verhandlung bestätigte die Bf, dass ihr Ehegatte jedenfalls ein Monat vor dem Kontrolltag regelmäßig ausgeholfen hat. Der Spruch der belangten Behörde war daher im Hinblick auf § 44a VStG, der gemäß § 38 VwGVG auch im Verfahren vor dem Landesgericht Anwendung findet, ent­sprechend zu konkretisieren. Der Bf wurde von der belangten Behörde eine Übertretung der sozial­versicherungsrechtlichen Meldepflicht des § 33 Abs. 1 ASVG zur Last gelegt. Da im Rahmen des Beweisverfahrens jedoch eine Überschreitung der zum Tatzeit­punkt geltenden Geringfügigkeitsgrenze nicht zweifelsfrei festgestellt werden konnte, war der Spruch hinsichtlich der nunmehr vorgeworfenen Übertretung des § 33 Abs. 2 ASVG richtig zu stellen, zumal nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Tatvorwurf des § 33 Abs. 1 ASVG – für den Fall, dass es der Behörde nicht gelingt, einen Beschäftigungsumfang festzustellen, aus dem verlässlich auf einen die Geringfügigkeitsgrenze übersteigenden Anspruch geschlossen werden kann – auch den Vorwurf eines Verstoßes gegen den § 33 Abs. 2 ASVG erfasst (vgl. VwGH v. 27.4.2011, Zl. 2010/08/0198, vom 24.11.2010, Zl. 2009/08/0262).

 

Der objektive Tatbestand der nunmehr der Bf zur Last gelegten Verwaltungs­übertretung ist daher aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens als erwiesen anzusehen.

 

6. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

 

Von der Bf wurde kein Vorbringen erstattet, das ihr Verschulden am Zustandekommen der gegenständlichen Verwaltungsübertretung in Zweifel ziehen könnte. Dass der Einsatz von Arbeitern ohne Anmeldung zur Sozialversicherung (Schwarzarbeit) unter Sanktion gestellt ist, musste der Bf bewusst sein, weshalb ihr die gegenständliche Verwaltungsübertretung auch in subjektiver Hinsicht zu­zurechnen ist.

 

7. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Nach § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungs­gründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung der Entscheidung so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs. 1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs. 2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Von der belangten Behörde wurde bereits von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe von 730 Euro herabzusetzen. Im Hinblick auf den nunmehr für ein Monat festgelegten Tatzeitraum sowie den Verstoß gegen die Meldepflicht des § 33 Abs. 2 iVm § 111 ASVG und die lange Dauer des Verwaltungsstrafverfahrens erscheint es jedoch gerechtfertigt, von der gesetzlich möglichen Herabsetzung der vorge­sehenen Mindeststrafe im weitesten Umfang Gebrauch zu machen, weshalb die über die Bf verhängte Geldstrafe auf das nunmehrige Ausmaß herabgesetzt werden konnte.

Zur Nichtherabsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe ist anzuführen, dass zwar ein fester Umrechnungsschlüssel nicht besteht, jedoch nach Auf­fassung des Landesverwaltungsgerichtes die Festlegung der Ersatzfreiheitsstrafe durch die belangte Behörde mit 33 Stunden nicht schlüssig ist. Gemäß § 16
Abs. 2 VStG darf die Ersatzfreiheitsstrafe das Höchstmaß der für die Verwal­tungsübertretung angedrohten Freiheitsstrafe und, wenn keine Freiheitsstrafe angedroht und nicht anderes bestimmt ist, zwei Wochen nicht übersteigen. Die belangte Behörde hat eine Geldstrafe iHv 500 Euro festgelegt, was ca. 23 % der vorgesehenen Höchststrafe in Geld beträgt. Die von der belangten Behörde angeordnete Ersatzfreiheitsstrafe liegt mit rund 10 % jedoch wesentlich unter der gesetzlich vorgesehenen Höchstgrenze für die Ersatzfreiheitsstrafe. Durch die Nichtherabsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe wurde dieses Missverhältnis beseitigt.

Eine Anwendung des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG war nicht in Erwägung zu ziehen, da die dafür erforderlichen kumulativen Voraussetzungen nicht vorliegen.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

II. Der Kostenausspruch ist in den angeführten gesetzlichen Bestimmungen begründet.

 

 

III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

H i n w e i s

 

Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Ent­scheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr.in Andrea Panny