LVwG-300643/5/Kl/Rd

Linz, 06.07.2015

B E S C H L U S S

gefasst:

 

I.          Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs.1 iVm § 31 Abs.1 VwGVG als verspätet eingebracht zurückgewiesen.

 

II.         Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 12. Dezember 2014, Ge96-46-2014, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von 2.988 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 6 Tagen, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 87 Abs.3 und § 161 BauV iVm § 130 Abs.5 Z1 ASchG verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer der H.H. GmbH (FN x), x, x, und somit nach § 9 Abs.1 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher der H. H. GmbH & Co KG als Arbeitgeber die nachstehend angeführten, vom Arbeitsin­spektorat Linz anlässlich einer am 30. September 2014 auf einer Baustelle in H., x, durchgeführten Überprüfung festgestellten Ver­waltungsübertretungen zu verantworten hat. Am 30. September 2014 wurden die Arbeitnehmer 1. G.M., geb. am x, 2. F.J., geb. am x, 3. F.F., geb. am x, der H. H. GmbH & Co KG auf einem 35° geneigten Dach bei einer Absturzhöhe von ca. 6,5 – 7 m mit Arbeiten auf einem Dach (Zimmermannsarbeiten) beschäftigt, obwohl keine Schutzeinrichtungen vorhanden waren, die den Absturz von Menschen, Materialien und Geräten in sicherer Weise verhindern, wie insbe­sondere Dachfanggerüste. Die Arbeitnehmer waren auch nicht mittels Sicher­heitsgeschirr angeseilt. Dadurch wurde § 87 Abs.3 BauV übertreten, wonach bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung von mehr als 20° und einer Absturzhöhe von mehr als 3,0 m geeignete Schutzeinrichtungen vorhanden sein müssen, die den Absturz von Menschen, Materialien und Geräten in sicherer Weise ver­hindern, wie insbesondere Dachfanggerüste (§ 88 BauV).

 

2. Das nunmehr angefochtene Straferkenntnis wurde laut Postrückschein am 15. Dezember 2014 vom Arbeitgeber/Arbeitnehmer persönlich übernommen. Damit begann mit diesem Tag die vierwöchige Beschwerdefrist zu laufen und endete diese daher mit 12. Jänner 2015.

 

2.1. Mit Schriftsatz vom 4. März 2015 - laut Postrückschein am 5. März 2015 der postalischen Zustellung übergeben – wurde ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens bzw Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unter gleichzeitigem Anschluss der Beschwerde – datiert mit 9. Jänner 2015 – gestellt.

 

Begründet wurde der Antrag wie nachstehend angeführt:

 

„Am 12.1.2015 habe ich die beiliegende Berufung auf dem Postweg eingebracht. Die Berufung wurde gemeinsam mit der W. Kirchdorf erstellt. Das E-Mail, das den Berufungsvorschlag enthalten hat, wurde von der W. Kirchdorf am Fr. 09.01.2015 um 16:59 Uhr nachweislich an mich übersandt. Am darauffolgenden Werktag (Mo. 12.01.2015) wurde das ausgedruckte Schriftstück nach Prüfung und nach Ergänzungen an die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf übersandt.

Am Fr. 27.02.2015 habe ich eine Mahnung erhalten, den ausgewiesenen Betrag der Strafverfügung zu überweisen. Nach Rückfrage durch die W. Kirchdorf am 02.03.2015 wurde ich erstmals in Kenntnis gesetzt, dass die Berufung nicht eingelangt sei.

Ich habe in dieser Angelegenheit sehr eng mit der Behörde zusammengearbeitet und kooperativ zusammengearbeitet. Daher ersuche ich meinem Antrag statt zu geben.“

 

2.2. In der Folge wurde von der belangten Behörde mit Bescheid vom 13. März 2015, Ge96-46-2014, der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 4. März 2015, als unbegründet abgewiesen. Begründet wurde die Entscheidung dahingehend, dass „es der Partei nicht gelungen ist, glaubhaft zu machen, dass ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis die Fristeinhaltung zur rechtzeitigen Einbringung eines Rechtsmittels geführt hätte. Vielmehr wird ja in der Begründung des gegenständlichen Antrages ausgeführt, dass die Beschwerde ohnehin am 12.01.2015 (dem letzten Tag der offenen Rechtsmittelfrist) und somit rechtzeitig an die Behörde gesendet wurde. Nur ist dieses Rechtsmittel nicht bei der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems eingelangt, und gibt es auch keinen Nachweis darüber, dass die Beschwerde – rechtzeitig – zur Post gegeben wurde.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abzuweisen.

In diesem Zusammenhang wird hingewiesen, dass die Angaben hinsichtlich der Einbringung der Beschwerde vom 09.01.2015 glaubhaft erscheinen und das Rechtsmittel dem Landesverwaltungsgericht Linz zur Entscheidung vorgelegt wird.“

 

Ein Abspruch über die Beschwerde gegen das Straferkenntnis der belangten Behörde vom 12. Dezember 2014, Ge96-46-2014, erfolgte durch diese – im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung - nicht.

 

2.3. Zum besseren Verständnis wird Nachstehendes ausgeführt:

 

Vorweg ist zur Thematik des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bemerken, dass die Bestimmung des § 71 Abs.1 AVG, zumal es sich gegenständlich um eine behördliche Frist und nicht um eine gerichtliche handelt - anzuwenden ist:

 

Gemäß § 71 Abs.1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn:

1. die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehen trifft, oder

2. die Partei die Rechtsmittelfrist versäumt hat, weil der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung, keine Rechtsmittelfrist oder fälschlich die Angabe enthält, dass kein Rechtsmittel zulässig sei.

 

Im gegenständlichen Fall wurde vom Beschwerdeführer die Beschwerde am 12. Jänner 2015 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 12. Dezember 2014, Ge96-46-2014, der Post – jedoch nicht eingeschrieben – zur Beförderung übergeben. Diese Beschwerde langte jedoch nie bei der belangten Behörde ein. Von der belangten Behörde wurde der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit der Begründung abgewiesen, dass kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis von der Partei glaubhaft gemacht werden konnte.

 

Bezüglich des Nichteinlangens eines nicht eingeschriebenen der Post zur Beförderung übergebenen Schriftstückes (hier: Einspruch) wird auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vom 25.5.1999, 99/03/0078, verwiesen, in welcher ausgesprochen wurde, dass vom Beschwerdeführer der Eintritt des Nichteinlangens im Hinblick auf die Zuverlässigkeit des Postverkehrs (hier: zwischen der BRD und Österreich) auch unter Bedachtnahme auf die zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht nicht erwartet werden konnte. Im Sinne der von der Rechtsprechung des VwGH entwickelten Grundsätze liegt daher ein unvorhergesehenes Ereignis vor. Weiters wurde im Erkenntnis des VwGH vom 29.9.2000, 99/02/0356, ausgesprochen, dass dem Beschwerdeführer, der den Ein­spruch nicht „eingeschrieben“ zur Post gegeben hat, nicht ein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden angerechnet werden kann, weil er auch ohne diese besondere Form der Postaufgabe im Postverkehr zwischen der BRD und Österreich mit dem Einlangen des Einspruches bei der erstinstanzlichen Behörde rechnen konnte. Das Vorbringen des Beschwerde­führers ist geeignet, einen Wiedereinsetzungsgrund zu bilden.

 

Diese Judikatur auf den nunmehr konkreten Fall angewendet, wäre daher von der belangten Behörde dem Wiedereinsetzungsantrag des Beschwerdeführers stattzugeben gewesen, dies mit der Folge, dass die gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag erhobene Beschwerde als rechtzeitig eingebracht anzusehen gewesen wäre und ein Abspruch in der Beschwerdesache zu erfolgen gehabt hätte, nachdem die Beschwerde dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt wurde.  

 

Gegen den Abweisungsbescheid der belangten Behörde vom 13. März 2015 wurde jedoch seitens des Beschwerdeführers kein Rechtsmittel eingebracht und ist dieser somit in Rechtskraft erwachsen. Da aufgrund der Rechtskraft der Bescheid einer Überprüfung durch das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich nicht zu­gänglich war, konnte daher der von der belangten Behörde rechts­unrichtig erlassene Bescheid vom 13. März 2015 nicht behoben werden. Mit anderen Worten: Es wäre die Erhebung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid erforderlich gewesen.

 

Dies hat nunmehr zur Folge, dass die noch offene Beschwerde gegen das Straferkenntnis der belangten Behörde vom 12. Dezember 2014 vom Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich als verspätet eingebracht zurückzuweisen ist, da die iSd § 7 Abs.4 VwGVG vierwöchige Beschwerdefrist mit 15. Dezember 2014 zu laufen begonnen hat und mit 12. Jänner 2015 endete.  Das Rechtsmittel der Beschwerde wurde aber laut Postrückschein erst mit 5. März 2015 – sohin verspätet -  der Post zur Beförderung übergeben. An dieser Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich ändert auch letztendlich nicht die Tatsache, dass die im gerichtlichen Verfahren eingeholte Äußerung des Beschwerdeführers vom 8. April 2015 samt angeschlossener Bestätigung von Frau M.M., wonach von dieser die Berufung am 12.  Jänner 2015 persönlich zur Post gebracht wurde. Eine Verwertbarkeit dieser Äußerung wäre – wie bereits ausgeführt – ausschließlich im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens gegen den abweisenden Bescheid der belangten Behörde vom 13. März 2015, möglich gewesen.       

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

H i n w e i s

 

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 Dr. Ilse Klempt