LVwG-300712/6/Kl/SH

Linz, 05.08.2015

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Ilse Klempt über die Beschwerde des Herrn C.T., x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 13. April 2015, SV96-13-2014, wegen einer Verwaltungs­übertretung nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz den

B E S C H L U S S

gefasst:

 

 

I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungs­strafverfahren eingestellt.

 

 

II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Kosten­beitrag zum Beschwerdeverfahren zu leisten.

 

 

III. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 13. April 2015, SV96-13-2014, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von 220 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 96 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 71 Abs. 2 Arbeits­losenversicherungsgesetz AlVG verhängt, weil er vom 06.02.2014 bis 09.02.2014 vorsätzlich Leistungen der Arbeitslosenversicherung in Anspruch ge­nommen hat, ohne dazu berechtigt zu sein, da er am 06.02.2014 ein Arbeitsver­hältnis begonnen hatte. Tatort: Gemeinde A., x. Tatzeit: 10.06.2014, 09:45 Uhr.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde eingebracht und die Einstellung des Strafverfahrens mit der Begründung beantragt, dass schon zweimal schrift­lich und einmal telefonisch mitgeteilt worden sei, dass bezüglich der Arbeitszeit­aufzeichnungen die durchgestrichenen Stunden irrtümlich auf das falsche Datum geschrieben worden seien, auch durchgestrichen waren und die verbleibenden aufgeschriebenen Stunden noch Überstunden aus dem Jahr 2013 gewesen seien. Der Beschwerdeführer wisse sehr wohl, ob er schon in der Arbeit oder beim Arbeitsamt gemeldet sei.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach als belangte Behörde hat die Beschwerde samt dem bezughabenden Akt vorgelegt.

Aufgrund einer Anfrage des Oö. Landesverwaltungsgerichtes teilte die OÖ Gebietskrankenkasse mit 05.06.2015 mit, dass der Beschwerdeführer ab 10.02.2014 bei der Firma x GmbH zur Sozialversicherung angemeldet wurde.

Das zuständige Finanzamt Linz, Finanzpolizei Team 40, wurde am Verfahren be­teiligt und führte in der schriftlichen Stellungnahme vom 03.07.2015 aus, dass neben dem 06.02.2015 (gemeint wohl 2014) eine Stundenzahl von 7,5 Stunden, neben dem 07.02.2015 (wohl 2014) eine Stundenanzahl von 5 Stunden – was die darunter vermerkte Stundenanzahl von 12,5 Stunden ergibt, steht. Die jeweils neben Samstag und Sonntag verzeichneten Stunden (12,5; 4,5; 6,5; 3,5) ergeben die Gesamtstundenanzahl von 27. Es werde die Fortführung des Ver­fahrens laut Strafantrag beantragt.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Eine öffent­liche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG unterbleiben, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

 

4.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sach­verhalt aus:

Im Zuge einer Kontrolle des Finanzamtes Linz am 10.06.2014 auf einer näher bezeichneten Baustelle in A. wurden drei Arbeiter der Firma x GmbH, H., angetroffen. Es wurde ein Abgleich der Anmeldungen zur Sozialver­sicherung und der Stundenaufzeichnungen durchgeführt. Laut Versicherungs­datenauszug bezog der Beschwerdeführer bis 09.02.2014 Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung. Der Tagessatz betrug 42,12 Euro.

Der Beschuldigte ist ab 10.02.2014 bei der Gebietskrankenkasse zur Sozial­versicherung gemeldet.

Die bei der Kontrolle vorgelegten Arbeitszeitaufzeichnungen wiesen im Februar 2014 durchgestrichene Stundeneintragungen für die erste Februarwoche aus, daneben sind am 06.02.  7,5 Stunden und am 07.02.  5 Stunden, Summe 12,5 Stunden, eingetragen. Auch in den Folgewochen sind jeweils von Montag bis Freitag Arbeitsstunden eingetragen und am Samstag die jeweiligen sich aus einer 39 Stunden-Woche ergebenden Überstunden aufgezeichnet. Daraus ergeben sich im Februar 2014 insgesamt 27 Überstunden.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ist eindeutig aus den vorliegenden Bestätigungen der GKK sowie des AMS sowie auch aus den vorliegenden Arbeitszeit­aufzeichnungen vom Februar 2014 erwiesen.

 

 

5. Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:

 

5.1. Gemäß § 71 Abs. 2 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 – AlVG begeht, sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, noch nach anderen Verwaltungs­bestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe von 200 Euro bis 2 000 Euro, im Wiederholungsfall von 400 Euro bis 4 000 Euro zu bestrafen, wer vorsätzlich Leistungen der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nimmt oder genießt, ohne dazu berechtigt zu sein, oder zu solchen Missbräuchen anstiftet oder Hilfe leistet.

 

Gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG, welcher gemäß § 38 VwGVG Anwendung findet, hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzu­sehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen.

 

5.2. Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes ist davon auszugehen, dass die Kontrollorgane den Beschuldigten im Zeitraum vom 06.02. bis 09.02.2014 nicht bei der Arbeit angetroffen und betreten haben. Ihre Anzeige beruht auf der vor­gelegten Arbeitszeitaufzeichnung vom Februar 2014. Daraus ist – wie der Beschuldigte zu Recht darauf hinweist – eindeutig ersichtlich, dass die täglichen Arbeitsstunden in der ersten Februarwoche 2014 durchgestrichen sind. Die Aus­führungen des Beschuldigten, dass es sich bei den daneben angeführten Stunden um Überstunden aus dem Jahr 2013 handelt, sind hingegen glaubwürdig. Wie auch ein Vergleich der Folgewochen im Februar 2014 in den Zeitaufzeichnungen ergibt, befinden sich von Montag bis Freitag Stundenangaben und sind am Samstag die Stundeneintragungen jeweils die sich aus der Woche und der wöchentlichen Arbeitszeit von 39 Stunden ergebenden Überstunden. Geschlossen aus den Folgewochen ist daher auch die Angabe in der ersten Februarwoche, nämlich Eintragung am Samstag von 12,5 Stunden, die Angabe über die über­tragenen Überstunden. Dies ergibt sich auch insofern, als – wie das Finanzamt richtig in seiner Stellungnahme ausführt – bei den Gesamtstunden im Februar 2014  27 Überstunden angegeben sind. Diese ergeben sich einwandfrei aus 4,5 Stunden plus 6,5 Stunden plus 3,5 Stunden plus den bereits angeführten 12,5 Stunden aus der ersten Februarwoche. Es sind daher die Arbeitszeitauf­zeichnungen des Beschuldigten vom Februar 2014 eindeutig. Dabei geht ein­deutig hervor, dass es sich nicht um Arbeitszeit, sondern um Überstunden bei den in der ersten Februarwoche eingetragenen Stunden handelt.

Es hat daher der Beschuldigte die ihm angelastete Verwaltungsübertretung nicht begangen. Es war daher spruchgemäß das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG einzustellen.

 

 

6. Weil die Beschwerde Erfolg hatte, entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Kosten­beiträgen zum Beschwerdeverfahren gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG.

 

 

7. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

H i n w e i s

 

Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Ent­scheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Ilse Klempt