LVwG-350147/2/Py/BC

Linz, 09.07.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Dr. Andrea Panny über die Beschwerde des Herrn N P, x, x, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 9. Februar 2015, GZ: 3.01 - ASJF, betreffend Kürzung der Leistung der bedarfsorientierten Mindestsicherung nach dem Oö. Mindestsicherungsgesetz (Oö. BMSG)

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben und der behördliche Bescheid vom 9. Februar 2015, GZ: 3.01 – ASJF, behoben.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.              

1.1. Mit Bescheid vom 20. Dezember 2014, GZ: 3.01 – ASJF, wurde dem Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) aufgrund seines Antrages vom
28. November 2014 befristet bis 31. Juli 2015 Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs ab Antragstellung in Form von laufenden monatlichen Geldleistungen in Höhe des Mindeststandards für Alleinstehende gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 Oö. BMSV unter der Voraussetzung zuerkannt, dass er sich im Rahmen des Einsatzes der Arbeitskraft nach § 11 Oö. BMSG zur intensiven, täglichen Arbeitssuche, zum Hervorstreichen der Arbeitswilligkeit bei Bewer­bungsgesprächen und zur Annahme aller angebotenen Tätigkeiten verpflichtet, um sich aus der sozialen Notlage zu befreien.

 

1.2. Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 9. Februar 2015, GZ: 3.01 – ASJF, wurde diese zuerkannte Leistung der bedarfsorientierten Mindestsicherung gemäß § 11 Abs. 4 und 5 Oö. BMSG wegen mangelnder Bereitschaft und aufgrund ausdrücklicher Verweigerung eines zumutbaren Ein­satzes der Arbeitskraft für die nächstfolgenden Monate März, April, Mai, Juni und Juli um € 225,80, das sind 25 % des Mindeststandards, reduziert.

 

Begründend führt die belangte Behörde zusammengefasst aus, dass eine telefonische Rücksprache mit dem AMS am 3. November 2014 ergab, dass die AMS-Leistung in Form einer Deckung zum Lebensunterhalt in Höhe von täglich € 15,92 + € 1,90 Kursnebenkosten für eine Kursmaßnahme per 20. September 2014 wegen vorzeitigem Kursabbruch eingestellt wurde. Bereits zuvor sei der Bf laufend unentschuldigt dem Kurs ferngeblieben.

 

Anlässlich einer Vorsprache am 12. Dezember 2014 informierte der Bf die belangte Behörde darüber, eine Ausbildung anzustreben und maximal eine geringfügige Beschäftigung annehmen zu wollen, da er zu jung wäre um zu arbeiten. In Folge dessen wurde er mündlich ermahnt, dass die Leistung der bedarfsorientierten Mindestsicherung gekürzt wird, wenn trotz Ermahnung keine Bereitschaft zu einem zumutbaren Einsatz der Arbeitskraft besteht. Am
15. Dezember 2014 wurde der Bf noch einmal ausdrücklich über seine Bemühungspflicht aufgeklärt. Mit Bescheid vom 20. Dezember 2014 wurde er schließlich auch schriftlich diesbezüglich aufgeklärt.

 

Am 22. Dezember 2014 erhielt der Bf eine Einladung zur Teilnahme am x-K Jugendprojekt. Nachdem er das Aufnahmeverfahren durchlaufen hatte, blieb er dem Kursbeginn am 1. Februar 2015 unentschuldigt fern. Da bei ihm keinerlei Bemühung ersichtlich ist, wird die bedarfsorientierte Mindestsicherung daher gekürzt.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde vom 6. März 2015, in der zusammengefasst vorgebracht wurde, dass der Bf die Information vom AMS zur Kursmaßnahme nicht erhalten habe, was der AMS-Beraterin auch erklärt wurde. Hinsichtlich des Jugendbeschäftigungsprojektes wird vorgebracht, dass sich der Bf zum vereinbarten Termin am Freitag nicht bei K meldete, da er nicht in Linz war und sein Telefon nicht funktionierte. Er habe sich am darauf folgenden Montag gleich in der Früh sofort persönlich gemeldet, leider sei sein Platz durch jemanden von der Warteliste besetzt worden und habe er nicht mehr teilnehmen können, das Angebot von K, dass sie ihn trotzdem mit Q-K unterstützen, nahm er sehr gerne an. Er sei dafür sehr dankbar und komme regelmäßig für die Jobsuche und sonstige Unterstützungen zu K. Der Bf verstehe nicht, weshalb ihm die Behörde keinerlei Bemühungen unterstelle. Er könne am 11. März 2015 bei der V Oö. als E Vollzeit beginnen, eine Stelle, die er seinen Bemühungen zu verdanken habe. Nach seinem positiven Asylbescheid habe er seine Zeugnisse nostrifizieren lassen und auch die B1-Prüfung absolviert. Auch den Termin für die B2-Prüfung habe er schon, sein Ziel, irgendwann in Österreich studieren zu können, war jedoch immer klar und er bedauere, dass dadurch der Eindruck entstanden sei, dass er nicht Arbeit suche, sondern nur von Unterstützungsgeldern studieren wolle.

 

3. Mit Schreiben vom 11. Mai 2015 legte die belangte Behörde den gegenständlichen Verfahrensakt dem Oö. Landesverwaltungsgericht vor, das gemäß § 2 VwGVG zur Entscheidung durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin berufen ist.

 

4. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Aktenein­sicht. Da bereits die Aktenlage erkennen lässt, dass der gegenständliche Bescheid zu beheben ist, konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen.

 

4.1. Das Oö. Landesverwaltungsgericht geht bei seiner Entscheidung von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

 

Der Bf, geb. x, ist iranischer Staatsangehöriger, dem mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14. März 2014, Zl: 587064600/2070277, gemäß § 3 Asylgesetz 2005 aufgrund seiner Flüchtlings-eigenschaft der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde.

 

Mit Bescheid vom 20. Dezember 2014 wurde dem Bf aufgrund seines Antrages vom 28. November 2014 Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und Wohn­bedarfs durch die belangte Behörde beginnend ab Antragstellung in Form von laufenden monatlichen Geldleistungen in Höhe des Mindeststandards für Alleinstehende gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 Oö. BMSV befristet bis 31. Juli 2015 unter der Voraussetzung zuerkannt, dass er sich im Rahmen des Einsatzes der Arbeitskraft nach § 11 Oö. BMSG zur intensiven, täglichen Arbeitssuche, zum Hervorstreichen der Arbeitswilligkeit bei Bewerbungsgesprächen und zur Annahme aller angebotenen Tätigkeiten verpflichtet, um sich aus der sozialen Notlage nach § 6 Oö. BMSG zu befreien.

 

Anlässlich einer Vorsprache des Bf bei der belangten Behörde am 8. Jänner 2015 wurde lt. Akt festgehalten, dass der Bf laufend beim AMS vorgemerkt ist. Sein nächster AMS Termin ist für 23. Februar 2015 vereinbart. Gleichzeitig wurde der Bf darauf hingewiesen, dass der vereinbarte Termin beim Jugendsozialprojekt K (in der Folge: Jugendprojekt „K“) des VSG (Verein für Sozialprävention und Gemeinwesenarbeit) verpflichtend wahrzunehmen ist.

 

Am 19. Jänner 2015 nahm der Bf an der Informationsveranstaltung des Jugend­projektes „K“ teil.

 

Bei dem mit dem Bf für 29. Jänner 2015 vereinbarten Termin teilte der Bf der belangten Behörde mit, dass er am 1. Februar 2015 in den Kurs des Jugend­projektes „K“ einsteigen werde.

 

Am 3. Februar 2015 teilte die Leiterin des Jugendprojektes „K“ der belangten Behörde mit, dass der Bf die Auswahl vollständig durchlaufen habe und aufge­nommen wurde, er sich jedoch bislang weder telefonisch noch persönlich gemeldet habe, ob er im Kurs aufgenommen ist oder nicht. Da der Kurs gestartet wurde, könne er somit nicht mehr aufgenommen werden.

 

Aufgrund dieser Information erging der nunmehr in Beschwerde gezogene Kürzungsbescheid vom 9. Februar 2015, GZ: 3.01 – ASJF.

 

Am 3. März 2015 meldete sich die Leiterin des Jugendprojektes „K“ bei der belangten Behörde, nachdem ihr der Bf den gegenständlichen Kürzungsbescheid vorgelegt hatte. Sie teilte mit, dass dieser derzeit über das Projekt „Q K“ betreut werde und dort bereits die Prüfung B1 abgeschlossen habe und sehr eifrig sei. Die Auskunft, wonach der Bf zu Kursbeginn nicht erschienen, sei ein Missverständnis seitens des Sozialvereines gewesen. Vielmehr sei der Bf im Büro einer Kollegin gesessen. Jedenfalls habe er alles richtig gemacht, um beim Sozialprojekt aufgenommen zu werden.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich widerspruchslos aus dem Akteninhalt und kann der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt werden.

 

5. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 6 Abs. 1 Oö. Mindestsicherungsgesetz - Oö. BMSG, LGBl. Nr. 74/2011 idgF liegt eine soziale Notlage bei Personen vor, die

1. ihren eigenen Lebensunterhalt und Wohnbedarf oder

2. den Lebensunterhalt und Wohnbedarf von unterhaltsberechtigten Angehö­rigen, die mit ihnen in Hausgemeinschaft leben,

nicht decken können oder im Zusammenhang damit den erforderlichen Schutz bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung nicht gewährleisten können.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 Oö. BMSG setzt die Leistung bedarfsorientierter Mindest­sicherung die Bereitschaft der hilfebedürftigen Person voraus, in angemessener, ihr möglicher und zumutbarer Weise zur Abwendung, Milderung bzw. Über­windung der sozialen Notlage beizutragen. Eine Bemühung ist jedenfalls dann nicht angemessen, wenn sie offenbar aussichtslos wäre.

 

Gemäß § 7 Abs. 2 Z 2 Oö. BMSG gilt als Beitrag der hilfebedürftigen Person im Sinn des Abs. 1 insbesondere der Einsatz der Arbeitskraft nach Maßgabe des
§ 11.

 

Gemäß § 11 Abs. 1 Oö. BMSG haben Hilfebedürftige ihre Arbeitskraft in zumut­barer Weise einzusetzen und sich um entsprechende Erwerbsmöglichkeiten zu bemühen.

 

Gemäß § 11 Abs. 2 Oö. BMSG ist bei der Beurteilung der Zumutbarkeit auf die persönliche und familiäre Situation der hilfesuchenden Person sowie auf die Eigenart und Ursache der sozialen Notlage Bedacht zu nehmen.

 

Gemäß § 11 Abs. 4 Oö. BMSG können Leistungen der bedarfsorientierten Mindestsicherung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, stufenweise und maximal um die Hälfte gekürzt werden, wenn trotz nachweislicher vorheriger Ermahnung durch die zuständige Behörde keine Bereitschaft zu einem zumutbaren Einsatz der Arbeitskraft besteht. Bei der Entscheidung über das Ausmaß der Reduktion der Leistungen sind die Gründe und die Dauer der Verweigerung zu berücksichtigen.

 

5.2. Die belangte Behörde begründet den verfahrensgegenständlichen Kürzungsbescheid damit, dass der Bf dem Kursbeginn am Jugendprojekt „K“ unentschuldigt fernblieb, zumal sich die weiteren Ausführungen in der Begründung des in Beschwerde gezogenen Bescheides im Wesentlichen auf ein Verhalten des Bf beziehen, das vor der gegenständlichen Antragstellung und Zuerkennung der bedarfsorientierten Mindestsicherung lag.

 

§ 11 Abs. 4 Oö. BMSG legt fest, wie mit Verstößen gegen die Obliegenheit zum Einsatz der Arbeitskraft umzugehen ist. Aufgrund der Mitteilung des Sozial­vereines, der Bf habe den vereinbarten Termin nicht eingehalten, wurde daher von der belangten Behörde - zunächst folgerichtig - unter Berücksichtigung der bereits erfolgten Ermahnungen der gegenständliche Kürzungsbescheid erlassen. Wie aus dem daran anschließenden Aktinhalt jedoch hervorgeht, kam der Bf – entgegen der irrtümlichen Information seitens der Projektleiterin – seinen Verpflichtungen, um am Jugendprojekt „K“ teilnehmen zu können, in ausreichendem Ausmaß nach (vgl. dazu die im Akt einliegenden Aktenvermerke vom 3. März 2015 sowie vom 20. März 2015) und stellt sein diesbezügliches Verhalten somit nicht eine Verletzung seiner Bemühungspflicht dar. Dass sich der Bf zudem bemüht, eine Nostrifizierung seiner in seinem Heimatland abge­schlossenen Ausbildung zu erreichen und die Voraussetzungen für ein Studium in Österreich zu erlangen, ändert nichts am Umstand, dass das von der belangten Behörde als Begründung für den Kürzungsbescheid angeführte Fehlverhalten vom Bf nicht gesetzt wurde. Da somit die von der belangten Behörde herangezogenen Voraussetzungen für eine Kürzung der zuerkannten bedarfs­orientierten Mindestsicherung nicht vorlagen, war der gegenständliche Kürzungs­bescheid ersatzlos zu beheben.

 

6. Abschließend wird festgehalten, dass sich das gegenständliche Verfahren ausschließlich auf die von der belangten Behörde ausgesprochene Kürzung der bis 31. Juli 2015 zuerkannten bedarfsorientierten Mindestsicherung mangels zumutbaren Einsatzes der Arbeitskraft bezog. Aus dem Beschwerdevorbringen geht hervor, dass der Bf seit 11. April 2015 einer Vollzeitarbeit nachgeht. Ob dadurch beim Bf eine Änderung der sachlichen Voraussetzungen für die Beziehung der bedarfsorientierten Mindestsicherung bzw. deren Höhe eintrat, war nicht Gegenstand dieses Verfahrens.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

II.            Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Andrea Panny