LVwG-410164/2/HW/GRU

Linz, 28.01.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Dr. Wiesinger über die Beschwerde der x, vertreten durch Rechtsanwalt x, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmanns von Kirchdorf an der Krems vom 31.7.2013, Sich96-154-2013, Sich96-155-2013, betreffend Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz zu Recht erkannt

 

 

I.             Der Beschwerde wird gemäß § 50 VwGVG stattgegeben und der Beschlagnahmebescheid aufgehoben.

 

II.            Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1. Mit angefochtenen Bescheid des Bezirkshauptmanns Kirchdorf an der Krems vom 31.7.2013, Sich96-154-2013, Sich96-155-2013 wurde die Beschlagnahme des anlässlich der Kontrolle der Finanzpolizei am 26.6.2013 in x festgestellten Geräts mit der Gehäusebezeichnung „Afric2go“, Seriennummer 0455, angeordnet. Begründend wurde zusammengefasst im Wesentlichen angeführt, dass das von der Finanzpolizei vorläufig beschlagnahmte Gerät einen Eingriffsgegenstand in das Glücksspielmonopol des Bundes im Sinne des § 53 Abs 1 GSpG darstelle, für das die Einziehung nach § 54 Abs 1 GSpG zwingend vorgesehen sei, und bei dem der hinreichend begründete Verdacht gerechtfertigt vorliege, dass damit fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG verstoßen werde. Es sei daher eine Beschlagnahme aufgrund der Bestimmungen des § 53 Abs 3 GSpG durch die Behörde anzuordnen.

 

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Berufung (nunmehr Beschwerde) der Beschwerdeführerin (in der Folge kurz als „Bf“ bezeichnet) und wird zusammengefasst im Wesentlichen vorgebracht, dass es sich beim gegenständlichen Gerät nicht um einen Glücksspielautomaten, sondern um einen Musikautomaten handle, sohin jedenfalls kein Verdacht auf Verstoß gegen die Bestimmungen des GSpG bestehe und die Beschlagnahme daher unzulässig sei. Im Übrigen wäre die Beschlagnahme auch deswegen unzulässig, da die Beschlagnahme von Gegenständen gemäß § 53 GSpG eine gegen das unionsrechtliche begründete Anwendungsverbot verstoßende Sanktion darstellen würde. Die Bf beantragt, der Berufung (nunmehr Beschwerde) Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben.

 

3. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorliegenden Akt der Erstbehörde samt Berufung und Beilagen (inklusive auch die mit E-Mail vom 3.10.2013 übermittelten – zunächst fehlenden – Aktenteile) sowie durch Einsicht in die ergänzende Stellungnahme der Finanzpolizei vom 10.10.2013 und Einsicht in die ergänzend erhaltenen Unterlagen, vor allem den per E-Mail vom 26.8.2013 erhaltenen Schriftverkehr zwischen dem Amt der Oö. Landesregierung und der Stabstelle x samt Gutachten von Herrn x. Danach steht folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt fest:

 

4.1. Bei einer von der Finanzpolizei am 26.6.2013 durchgeführten Kontrolle im Lokal mit der Bezeichnung „x“, in x, wurde ein Gerät mit der Gehäusebezeichnung „afric2go“, Seriennummer 0455, vorgefunden. Eigentümer dieses Geräts ist die Bf. Dieses Gerät befand sich bereits seit 29.5.2013 im Lokal x.

 

4.2. Beim gegenständlichen Gerät mit der Gehäusebezeichnung „afric2go“ handelt es sich um ein Gerät, welches unter anderem für Geldwechselzwecke verwendet werden kann. Auf dem Gerät befinden sich eine rote und eine grüne Taste. Mittels Drücken der grünen Taste kann zunächst zwischen Stufe 1 und 2 gewechselt werden. Durch Einwerfen von Münzen oder Einführen von Banknoten in den Banknotenakzeptator kommt es zur Anzeige eines entsprechenden Gutachtens auf dem Kreditdisplay. Abhängig vom gewählten Multiplikator (der gewählten Stufe) können in weiterer Folge durch Drücken der roten Taste 1 oder 2 (je nach Stufe) Lieder am Automaten angehört oder auf einen USB-Stick, welcher am Automaten anzuschließen ist und im Gasthaus leihweise zur Verfügung gestellt wird, kopiert werden, wobei im Falle des Downloads der Kunde das Recht zur nicht gewerblichen Verwendung im privaten Rahmen erwirbt. Wird die rote Taste bei gewählter Stufe 1 gedrückt, so verringert sich der Kreditstand um einen Euro, bei gewählter Stufe 2 verringert sich der Kreditstand um zwei Euro. Während des Anhörens oder Kopierens der Musik, also bereits aufgrund des Drückens der roten Taste, kommt es automatisch zur Aktivierung eines zufallsabhängigen Bonussystems am Gerät, bei dem der Beleuchtungsumlauf in den Zahlenfeldern in der Gerätemitte ausgelöst wird. Sofern am Ende des vom Spieler nicht beeinflussbaren Beleuchtungsumlaufs ein Zahlenfeld beleuchtet bleibt, bleibt ein Guthaben auf dem Anzeigedisplay stehen, welches dem Kredit zugezählt werden kann. Das aktivierte zufallsabhängige Bonussystem ermöglicht in der Stufe 1 einen Bonus (ein weiteres Guthaben) von 2/4/6/8 oder 20, in Stufe 2 einen Bonus (ein weiteres Guthaben) in doppelter Höhe. Durch Drücken der grünen Taste kann der Kredit inklusive eines allfällig erzielten Bonus ausgeworfen werden. Die Musik ist beim Abspielen deutlich hörbar. Ein Preis von einem Euro für den Kauf eines Musiktitels in digitaler Form an einen Endkonsumenten ist marktüblich.

 

4.3. In einem an die afric2go GmbH gerichteten Schreiben des Amtes der Oö. Landesregierung vom 7.3.2013 wird mitgeteilt, dass nach „telefonischer Rücksprache und eingeholter Stellungnahme [...] vom Bundesministerium für Finanzen [...] mitgeteilt [wurde], dass der Automat afric2go [...] als Musikautomaten (Musicbox) einzustufen sind.“

 

5.1. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aufgrund folgender Beweiswürdigung: Die Feststellungen betreffend die durchgeführte Kontrolle der Eigentümerschaft der Beschwerdeführerin sowie die Dauer des Aufstellens des Gerätes ergeben sich bereits aus den Ergebnissen der umfangreichen Anzeige der Finanzpolizei vom 12.7.2013, insbesondere aus dem Aktenvermerk über die durchgeführte Kontrolle und dem Vernehmungsprotokoll.

 

5.2. Der Ablauf bzw. die Funktion des verfahrensgegenständlichen Geräts mit der Bezeichnung „afric2go“ folgt insbesondere aus dem in der Fotodokumentation ersichtlichen Gutachten betreffend konkret das verfahrensgegenständliche Gerät mit der Seriennummer 0455 sowie aus der in der Fotodokumentation festgehaltenen Spielbeschreibung und dem mit der Berufung vorgelegten Gutachten von Herrn x, welches allgemein den Gerätetyp „afric2go“ betrifft. Die in den Gutachten bzw. der Spielanleitung enthaltenen Angaben stimmen auch mit den Angaben in der Anzeige der Finanzpolizei betreffend den Spielablauf, insbesondere dem Aktenvermerk überein, zumal auch die Finanzpolizei angibt, dass das Gerät mit den Faktoren 1 oder 2 verwendet werden konnte (Aktenvermerk), durch Betätigung der grüne Taste eine Ausfolgung des zurückbehaltenen Betrages bewirkt werden konnte und die rote Gerätetaste („Kaufen“ oder „Musik abspielen“) Musiktitel abspielte und das Bonussystem bzw. den Beleuchtungsumlauf in Gang setzte. Im Übrigen wurden auch auf die Aufforderung des UVS Oö., allfällige Abweichungen vom im Gutachten von Herrn x aufgezeigten Spielverlauf bekannt zu geben, keine Abweichungen bekannt gegeben, sondern erklärte die Finanzpolizei in ihrer Stellungnahme vom 10.10.2013 ausdrücklich, dass es sich um ein Gerät „gleichen Gerätetyps“ handelt, wie das im Gutachten von x beschrieben Gerät. Die in der Stellungnahme vom 10.10.2013 von der Finanzpolizei enthaltene Aussage, dass das Gerät nach Ansicht der ermittelnden Beamten „eher die [Funktionsweise] eines Glückspielgeräts“ habe, lässt sich schon dadurch erklären, dass durch Betätigen der rote Taste (nicht nur ein Anhören oder Kopieren von Musik erfolgt, sondern auch) ein zufallsabhängiges Bonussystems am Gerät aktiviert wird. Aus den von der Finanzpolizei sorgfältig angefertigten Fotos ist auch deutlich ersichtlich, dass in der linken oberen Ecke des Geräts ein Eingang zum Einstecken eines USB-Sticks vorhanden ist. Das Oö. Landesverwaltungsgericht geht daher von der festgestellten Funktionsweise aus. Dass ein Preis von einem Euro für den Kauf eines Musiktitels in digitaler Form an einen Endkonsonanten marktüblich ist, ergibt sich vor allem aus dem Gutachten von x.

 

6. Es sind insbesondere folgende gesetzliche Bestimmungen berücksichtigen: § 53 Abs 1 GSpG: „Die Behörde kann die Beschlagnahme der Glücksspielautomaten, der sonstigen Eingriffsgegenstände und der technischen Hilfsmittel anordnen, und zwar sowohl wenn der Verfall als auch wenn die Einziehung vorgesehen ist, wenn

1.

der Verdacht besteht, dass

a)

mit Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 verstoßen wird, oder

b)

durch die Verwendung technischer Hilfsmittel gegen § 52 Abs. 1 Z 7 verstoßen wird oder

2.

fortgesetzt oder wiederholt mit Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen gemäß Z 1 lit. a gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 verstoßen wird oder

3.

fortgesetzt oder wiederholt durch die Verwendung technischer Hilfsmittel gegen § 52 Abs. 1 Z 7 verstoßen wird.“

 

§ 52 Abs 1 GSpG: „Es begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde in den Fällen der Z 1 mit einer Geldstrafe von bis zu 40 000 Euro und in den Fällen der Z 2 bis 11 mit bis zu 22 000 Euro zu bestrafen, 1. wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt; 2. wer gewerbsmäßig ohne Berechtigung Spielanteile eines von diesem Bundesgesetz erfassten Glücksspieles oder Urkunden, durch welche solche Spielanteile zum Eigentum oder zum Gewinnbezug übertragen werden, veräußert oder an andere überlässt; ...“

 

§ 1 Abs 1 GSpG: „Ein Glücksspiel im Sinne dieses Bundesgesetzes ist ein Spiel, bei dem die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt.“

§ 2 Abs 1 GSpG: "Ausspielungen sind Glücksspiele,

1.    die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und

 

2.    bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und

 

3.    bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).“

§ 2 Abs 4 GSpG: „Verbotene Ausspielungen sind Ausspielungen, für die eine Konzession oder Bewilligung nach diesem Bundesgesetz nicht erteilt wurde und die nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes gemäß § 4 ausgenommen sind.“

7. Gemäß § 50 Abs. 1 GSpG ist das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zuständig.

 

8. Da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit der Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist und zudem keine EUR 500,- übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und auch keine Verhandlung beantragt wurde, konnte gemäß § 44 Abs 2 und Abs 4 VwGVG eine mündliche Verhandlung entfallen.

9. In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen, dass die vorliegende Beschlagnahme aufgrund des Verdachts eines Verstoßes gegen die Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG erfolgte. Damit eine Beschlagnahme gerechtfertigt ist, muss dieser Verdacht nach der Rechtsprechung des VwGH ausreichend substantiiert sein (so etwa VwGH 26.1.2009, 2005/17/0223).

10. Das gegenständliche Gerät unterscheidet sich maßgeblich von jenem, welches der VwGH im Erkenntnis vom 16.11.2011 behandelte. Beim gegenständlichen Gerät „afric2go“ mit der Seriennummer 0455 kommt es beim Abspielen oder Herunterladen der Musik ohne Zutun des Spielers zum Lauf eines zufallabhängigen Bonussystems. Bei diesem Bonussystem handelt es sich um ein Glücksspiel im Sinne des § 1 GSpG. Ein Glücksspiel ist jedoch nur dann eine verbotene Ausspielung im Sinne des § 2 GSpG, wenn der Spieler oder ein anderer eine vermögenswerte Leistung zu erbringen hat, also ein Einsatz zu leisten ist. Auf Grund der Möglichkeit des Herunterladens der Musik mittels eines USB-Sticks erhält der Kunde in Summe gesehen jedoch für die Leistung von einem Euro ein Wertäquivalent, sodass eine Einsatzleistung im Sinne des Glücksspielgesetzes nicht vorliegt. Der Kunde konnte vergleichbar mit sonstigen gängigen Download-Portalen (iTunes, Amazon etc.) Musik zu marküblichen Bedingungen erwerben und diese auch für nicht gewerbliche Zwecke weiterverwenden. Für den gleichzeitig erfolgten Bonus-Lichtkranzlauf war vom Kunden kein weiterer Einsatz mehr zu leisten. Es ist daher – in Anlehnung an die Rechtsansicht der Stabstelle der x davon auszugehen, dass bei gegenständlichen Gerät „afric2go“ keine Ausspielungen im Sinne des § 2 GSpG erfolgen (so auch bereits UVS Niederösterreich vom 23.9.2013, Senat-PL-13-0128; UVS Oberösterreich vom 20.12.2013, VwSen-360397, VwSen-360398, VwSen-360399; vgl. weiters den beim Akt befindlichen E-Mail Verkehr zwischen dem Amt der Oö. Landesregierung und der Stabstelle x sowie das Schreiben der Stabsstelle x samt Gutachten betreffend das Gerät „afric2go“: „Bei ... entsprechender Funktionsweise wäre das Gerät als glückspielrechtlich unbeachtliche Musikbox zu qualifizieren. Die Führungskräfte sind eingeladen, diese Information umgehend in den Teams zu kommunizieren“). Mangels verbotener Ausspielung war daher spruchgemäß zu entscheiden.

11. Zulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist (ungeachtet der Stellungnahme der dem Finanzminister für Finanzen zurechenbaren Stabsstelle Finanzpolizei) zulässig, zumal – soweit ersichtlich – keine höchstgerichtliche Judikatur zu der Frage vorliegt, ob der gegenständliche Gerätetyp „afric2go“ verbotene Ausspielungen im Sinn des § 2 Abs 1 GSpG ermöglicht.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer ordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerde bzw. Revision ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt oder eine bevollmächtigte Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Dr. Harald Wiesinger