LVwG-450073/2/ZO/BC

Linz, 30.06.2015

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Mag. Gottfried Zöbl über die Beschwerde des Herrn Ing. S C vom
19. März 2015, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde M vom 18. Februar 2015, GZ: II-850-851-KEG-36/2014, wegen Vor­schreibung einer Kanalanschluss-Ergänzungsgebühr

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 279 Abs. 1 BAO wird der Beschwerde stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist keine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig.

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.            
1.         Der Gemeinderat der Stadt M hat mit dem angefochtenen Bescheid der Beschwerde vom 17. Juli 2014 gegen den Bescheid des Bürger­meisters der Gemeinde M vom 7. Juli 2014, GZ: II-850-851-KEG-36/2014, nicht stattgegeben. Mit dem angeführten Bescheid des Bürgermeisters war dem Beschwerdeführer für die Liegenschaft M,
x-Straße 12, für eine Erweiterung der Geschäftsräumlichkeiten im Ausmaß von
94 eine Kanalanschlussgebühr in der Höhe von 2.148,65 Euro vorgeschrieben worden.

 

Dieser Bescheid wurde zusammengefasst damit begründet, dass dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 29. Mai 2006 ein Zu- und Umbau beim Wohnhaus x-Straße 12 bewilligt und in der Bewilligung auch darauf hingewiesen wurde, dass die Beendigung der Bauausführung der Baubehörde schriftlich anzuzeigen ist. Durch diesen Zubau habe sich die bebaute Fläche um 94 erhöht, weshalb eine Kanalanschluss-Ergänzungsgebühr vorzu­schreiben gewesen sei. Die Fälligkeit dieser Gebühr trete mit der Fertigstellung des Rohbaus ein und der Beschwerdeführer sei entsprechend der Kanalgebühren­ordnung der Stadt M verpflichtet gewesen, die Fertigstellung des Zubaus der Gemeinde zu melden. Diese Meldung habe er jedoch unterlassen, eine Baufertigstellungsanzeige sei erst am 17. März 2014 abgegeben worden. Daraufhin habe die Behörde die Kanalanschluss-Ergänzungsgebühr vorge­schrieben. Diese sei nicht verjährt gewesen, weil der Zubau in rechtlicher Hinsicht erst mit der schriftlichen Anzeige der Baufertigstellung vollendet gewesen sei. Es komme für den Abgabenanspruch nicht auf die tatsächliche Fertigstellung sondern auf die schriftliche Anzeige an. Aus diesem Grund sei der Abgabenanspruch nicht verjährt.

 

2.         In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Beschwerde brachte der Beschwerdeführer zusammengefasst vor, dass ihm bereits mit Bescheid vom
31. August 2004, GZ: II-131-9-64/2004, die Baubewilligung für den Zubau einer überdachten Terrasse und einer unterkellerten Garage auf dem gegenständlichen Grundstück erteilt worden sei. In weiterer Folge habe er um gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung der Pizzeria angesucht, wobei bei der gewerbe-rechtlichen Verhandlung am 28. Februar 2006 auch eine Vertreterin des Stadtamtes M (Bauverhandlung) anwesend gewesen sei. Dabei sei festgestellt worden, dass der Zubau zu diesem Zeitpunkt bereits errichtet und baulich im Wesentlich fertig gestellt gewesen sei. Für diese Benutzungsänderung sei ihm am 29. Mai 2006, zu GZ: II-131-9-11/2006, die Baubewilligung erteilt worden.

 

In weiterer Folge habe er die Fertigstellung am 21. Juli 2006 schriftlich bei der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land als Gewerbebehörde angezeigt.

 

Die Gemeinde hätte die Kanalanschluss-Ergänzungsgebühr spätestens 5 Jahre nach Fertigstellung des Objektes vorschreiben müssen, die jetzige Vorschreibung sei nicht rechtmäßig, weil sie verjährt sei. Entsprechend der Gebührenordnung sei der Anspruch mit der Vollendung der Rohbauarbeiten entstanden, nicht erst mit der Fertigstellungsanzeige. Die Rohbauarbeiten seien jedoch bereits im Jahr 2005 erfolgt, weshalb die Verjährungsfrist bereits zu diesem Zeitpunkt zu laufen begonnen habe.

 

3.         Das Stadtamt M als belangte  Behörde hat die Beschwerde unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsaktes ohne Beschwerdevorent­scheidung dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt. Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung. Gemäß Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 272 Abs. 1 BAO entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäfts­verteilung zuständigen Einzelrichter.

 

4.         Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt. Aus diesem ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt zur Gänze, weshalb eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Eine solche wurde auch weder in der Beschwerde noch im Vorlageantrag beantragt (§ 274 Abs. 1 BAO).

 

4.1.      Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer der Liegenschaft mit der GSt. Nr. x, EZ. x, KG M. Mit Bescheid vom 31. August 2004, GZ: II-131-9-64/2004, wurde ihm die Baubewilligung für den Zubau einer überdachten Terrasse und einer unterkellerten Garage erteilt. Der Beschwerdeführer teilte mit dem am 31. Oktober 2005 beim Stadtamt M eingelangten Schreiben die Fertigstellung dieses Bauvorhabens an.

 

In weiterer Folge beantragte der Beschwerdeführer die gewerbebehördliche und baubehördliche Genehmigung für die Erweiterung der Geschäftsräumlichkeiten sowie die Errichtung einer unterkellerten Garage beim gegenständlichen Objekt. Aus den – in weiterer Folge von der Baubehörde genehmigten – Einreichplänen ist ersichtlich, dass anstelle der im Bescheid aus dem Jahr 2004 genehmigten überdachten Terrasse ein massiver Zubau mit Geschäftsräumlichkeiten errichtet werden sollte. Bei der am 28. Februar 2006 durchgeführten gewerbebehördlichen und baubehördlichen Verhandlung wurde vom Sachverständigen festgestellt, dass der erdgeschossige Zubau bereits errichtet und baulich im Wesentlichen fertiggestellt ist. Bei dieser Verhandlung war eine Vertreterin der Gemeinde M anwesend. Dem Beschwerdeführer wurde mit Bescheid des Bürger­meisters der Gemeinde M vom 29. Mai 2006, GZ: II-131-9-11/2006, die Baubewilligung für die Errichtung dieses Zubaus bzw. die Erweiterung der Geschäftsräumlichkeiten sowie die Errichtung einer unterkellerten Garage erteilt. Im Auflagenpunkt 15 dieses Bewilligungsbescheides wurde dem Beschwerde­führer vorgeschrieben, nach Beendigung der Bauarbeiten die Baufertigstellung der Baubehörde anzuzeigen.

 

Im Akt befindet sich als nächstes Schriftstück ein Erhebungsbogen der Gemeinde M vom 15. Februar 2014 zur Ermittlung der Kanalanschlussgebühr. Diese Unterlagen wurden dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht und er teilt mit Schreiben vom 14. März 2014 mit, dass – wie bereits bei der Bauverhandlung am 28. Februar 2006 festgestellt – der erdgeschossige Zubau bereits errichtet und baulich im Wesentlichen fertiggestellt war. Im Laufe des Jahres 2007 sei der Zubau endgültig fertiggestellt worden, er habe leider vergessen, die Fertigstellung schriftlich anzuzeigen. Tatsächlich sei der Zubau bis zum heutigen Tag nicht benutzt worden. Eine vom Beschwerdeführer unterschriebene Baufertigstellungsanzeige langte beim Stadtamt M am 17. März 2014 ein.

 

Aufgrund der neu ermittelten Fläche von nunmehr 272 änderte die Gemeinde M mit Bescheid vom 7. Juli 2014, GZ: II-851-852-KBÄ-37/2014, die Kanalbenützungsgebühr und schrieb mit dem oben angeführten Bescheid vom selben Tag eine Kanalanschluss-Ergänzungsgebühr vor.

 

5.         Darüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht folgendes erwogen:

 

5.1.      Die relevanten gesetzlichen Bestimmungen lauten wie folgt:

 

Gemäß § 2 der Kanalgebührenordnung der Marktgemeinde M vom 17. Dezember 1997 wird für den Anschluss von Grundstücken an das gemeinde­eigene, öffentliche Kanalnetz eine Kanalanschlussgebühr erhoben. Gebühren­pflichtig ist der Eigentümer der angeschlossenen Grundstücke, bei Vorliegen von Bauwerkseigentum der Bauwerkseigentümer. Bei mehreren Eigentümern besteht die Gebührenpflicht zur ungeteilten Hand.

 

Gemäß § 3 Abs. 1 dieser Kanalgebührenordnung fallen unter die Gebührenpflicht sämtliche an das gemeindeeigene, öffentliche Kanalnetz angeschlossene Bau­werke sowie unbebaute Grundstücke und befestigte Plätze, wie Tankstellen – Verkehrsflächen und gewerbliche Autowaschplätze.

 

Gemäß § 3 Abs. 2 dieser Kanalgebührenordnung sind von der Gebührenpflicht ausgenommen

a.    die Nebengebäude eines angeschlossenen Grundstückes, wenn sie nicht wohn- oder gewerblichen Zwecken dienen und

b.    Garagen einschließlich Kellergaragen, wenn sie nicht gewerblich genutzt werden und

c.    Flugdächer, Vordächer, Terrassen, Balkone sowie über die Bauflucht herausragender Teil von Loggien und nicht überdachte Schwimmbäder im Freien.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 dieser Kanalgebührenordnung ist die Kanalanschlussgebühr mit dem Zeitpunkt des Anschlusses eines bebauten Grundstückes bzw. eines gebührenpflichtigen Bauwerks an das gemeindeeigene, öffentliche Kanalnetz fällig. Geleistete Vorauszahlungen nach § 5 dieser Kanalgebührenordnung sind anzurechnen. Bei Neu-, Zu-, Auf- und Umbauten oder Umwidmung von Gebäuden tritt die Fälligkeit der Kanalanschluss-Ergänzungsgebühr zum Zeitpunkt der Fertigstellung des Rohbaus ein. Die Eigentümer sind verpflichtet, die Rohbaufertigstellung der Gemeinde binnen einem Monat anzuzeigen.

 

Gemäß § 4 Abs. 1 BAO entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft.

 

Gemäß § 207 Abs. 1 BAO unterliegt das Recht, eine Abgabe festzusetzen, nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen der Verjährung.

 

Gemäß § 207 Abs. 2 BAO beträgt die Verjährungsfrist bei den Verbrauchssteuern, bei den festen Stempelgebühren nach dem 2. Abschnitt des Gebühren­gesetzes 1957, weiters bei den Gebühren gemäß § 17a des Verfassungs­gerichtshofgesetzes und § 24 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes
3 Jahre, bei allen übrigen Abgaben 5 Jahre. Soweit eine Abgabe hinterzogen ist, beträgt die Verjährungsfrist 10 Jahre.

 

Gemäß § 207 Abs. 5 BAO gilt Abs. 2 zweiter Satz sinngemäß für Abgaben, deren vorsätzliche Verkürzung nicht in den Anwendungsbereich des Finanzstrafgesetzes fällt.

 

Gemäß § 208 Abs. 1 lit.a BAO beginnt die Verjährung in den Fällen des § 207 Abs. 2 mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist, soweit nicht hier im Abs. 2 ein anderer Zeitpunkt bestimmt wird.

 

Gemäß § 208 Abs. 2 BAO beginnt bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer unterliegenden Erwerben von Todeswegen oder Zweckzuwendungen von Todeswegen die Verjährung frühestens mit Ablauf des Jahres, in dem die Abgabenbehörde vom Erwerb oder von der Zweckzuwendung Kenntnis erlangt.

 

5.2.1    Gemäß § 7 Abs. 1 der Kanalgebührenordnung der Marktgemeinde M vom 17. Dezember 1997 i.V.m. § 4 Abs. 1 BAO ist der Abgabenanspruch beim gegenständlichen Zubau mit der Fertigstellung des Rohbaus entstanden. Auf die Fertigstellung des Rohbaus der Garage kommt es nicht an, weil diese gemäß § 3 Abs. 2 lit.b der Kanalgebührenordnung von der Gebührenpflicht ausgenommen ist. Der Rohbau war jedenfalls zum Zeitpunkt der Bauverhandlung im Februar 2006 bereits fertiggestellt, der Beschwerdeführer hat diese Fertigstellung jedoch entgegen der im § 7 Abs. 1 letzter Satz der Kanalgebührenordnung festgehaltenen Verpflichtung der Gemeinde nicht angezeigt. Die Anzeigepflicht hätte sich auch bereits aus § 120a BAO ergeben.

 

Es ist daher zu klären, ob der Anspruch auf die Kanalanschluss-Ergänzungsgebühr bereits mit dem tatsächlichen Fertigstellen des Rohbaus oder – wie die Abgabenbehörde argumentiert – mit deren Anzeige (nach Ansicht der Gemeinde ist darin die Fertigstellung in rechtlicher Hinsicht zu verstehen) entsteht. Der Wortlaut des § 7 Abs. 1 der Kanalbenützungsverordnung stellt auf die Fertigstellung des Rohbaus ab, worunter im allgemeinen Sprachgebrauch zu verstehen ist, dass die baulichen Arbeiten für den Rohbau abgeschlossen sind. Die Anzeige der Fertigstellung stellt hingegen lediglich eine Mitteilung über diesen tatsächlichen Umstand dar. Daraus kann als vorläufiges Ergebnis abgeleitet werden, dass der Abgabenanspruch betreffend die Kanalanschluss-Ergänzungsgebühr mit der tatsächlichen Fertigstellung des Rohbaus entstanden ist. Auch praktische Gründe sprechen für diese Auslegung: Würde der Abgabenanspruch nämlich tatsächlich erst mit der Anzeige der Rohbau­fertigstellung entstehen, so hätte es der Abgabenpflichtige in der Hand, durch Unterlassen der Fertigstellungsanzeige das Entstehen des Abgabenanspruches auf Dauer zu verhindern.

 

Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geht bei anderen Abgaben davon aus, dass diese verjähren können, auch wenn der Abgabenpflichtige eine an sich vorgeschriebene Mitteilung unterlassen hat (vgl. z.B. VwGH 2011/15/0121 vom 26.2.2015 zur Einkommenssteuer sowie VwGH 2009/16/0032 vom 22.02.2012 zur Kraftfahrzeugsteuer). Auch daraus ist abzuleiten, dass es für die Entstehung des Abgabenanspruches auf die tatsächlichen Verhältnisse ankommt und nicht darauf, ob bzw. zu welchem Zeitpunkt diese tatsächlichen Verhältnisse der Abgabenbehörde angezeigt werden.

 

Der Anspruch auf Kanalanschluss-Ergänzungsgebühr ist daher spätestens im Februar 2006 entstanden, weil zu diesem Zeitpunkt entsprechend der Feststellungen durch den Sachverständigen im Rahmen der Bauverhandlung das Bauvorhaben bereits im Wesentlichen fertiggestellt war.

 

5.2.2.   Bezüglich der Frage, ob der gegenständliche Anspruch verjährt ist, ist vorerst festzuhalten, dass gemäß § 323a Abs. 1 Z 5 BAO die §§ 207 und 209 ab 1. Jänner 2010 auf Landes- und Gemeindeabgaben anzuwenden sind. Gemäß     § 207 Abs. 2 BAO beträgt die Verjährungsfrist grundsätzlich 5 Jahre. Die Verjährung begann gemäß § 208 Abs. 1 lit.a BAO mit Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist, im konkreten Fall also mit Ablauf des Jahres 2006. Die 5-jährige Verjährungsfrist ist daher bereits abgelaufen, weshalb der gegenständliche Anspruch als verjährt anzusehen ist. In diesem Zusammenhang ist auch auf die Bestimmung des § 208 Abs. 2 BAO hinzuweisen, wonach bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer unterliegenden Erwerben von Todes wegen die Verjährung frühestens mit Ablauf des Jahres beginnt, in dem die Abgabenbehörde vom Steuerfall Kenntnis erlangt hat. Daraus muss e contrario geschlossen werden, dass für alle anderen Abgaben der Beginn der Verjährung davon unabhängig ist, ob die Abgabenbehörde vom Steuerfall Kenntnis erlangt hat oder nicht. Im konkreten Fall ist überdies zu berücksichtigen, dass die Gemeinde aufgrund des Ergebnisses der Bauverhandlung ohnedies wusste, dass der Rohbau bereits fertiggestellt ist, weshalb sie vom Entstehen des Abgabenanspruches auch Kenntnis hatte.

 

5.2.3.   Gemäß § 207 Abs. 2 2. Satz BAO beträgt die Verjährungsfrist bei hinterzogenen Abgaben 10 Jahre. Diese 10-jährige Frist ist noch nicht abgelaufen, weshalb weiter zu prüfen ist, ob dem Beschwerdeführer wegen der unterlassenen Meldung der Rohbaufertigstellung die Hinterziehung der Kanalanschluss-Ergänzungsgebühr vorgeworfen werden kann. Einer Abgabenhinterziehung macht sich gemäß § 33 Abs. 1 Finanzstrafgesetz schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (2011/15/0121 vom 26.2.2015) ist bei der Beur­teilung, ob Abgaben hinterzogen wurden, zu berücksichtigen, dass eine Abgabenhinterziehung nicht schon bei einer (objektiven) Abgabenverkürzung und nicht bei jeder Verletzung einer Anzeigepflicht vorliegt, sondern Vorsatz erfordert.

 

Im gegenständlichen Fall räumt der Beschwerdeführer selbst ein, die Anzeige der Rohbaufertigstellung an die Abgabenbehörde vergessen zu haben. Er habe ohnedies die Fertigstellung des Vorhabens an die Gewerbebehörde angezeigt. Ein derartiges Vergessen begründet jedoch in der Regel lediglich fahrlässiges Verhalten. Mit dem Hinweis auf Auflagenpunkt 15 des Baubewilligungs-bescheides, wonach der Beschwerdeführer die Baufertigstellung an die Baubehörde anzuzeigen hatte, kann schon deshalb kein Vorsatz begründet werden, weil die Fertigstellung des Bauwerkes nicht mit der in § 7 Abs. 1 der Kanalgebührenordnung geforderten Fertigstellung des Rohbaus gleichgesetzt werden kann. Im gegenständlichen Fall wusste der Beschwerdeführer, dass der Abgabenbehörde die Fertigstellung des Rohbaus – und damit der Umstand, dass der Abgabenanspruch bereits entstanden ist - aufgrund der Bauverhandlung ohnedies bekannt war. Unter diesen Umständen kann ihm nicht unterstellt werden, dass er durch das Unterlassen der Anzeige der Rohbaufertigstellung die Kanalanschluss-Ergänzungsgebühr hinterziehen wollte. Er musste ohnedies jederzeit mit der Vorschreibung dieser Gebühr rechnen, weshalb er nicht davon ausgehen konnte, dass er durch die Verletzung seiner Anzeigepflicht eine Abgabenverkürzung bewirken könnte. Dem Beschwerdeführer kann daher keine vorsätzliche Abgabenhinterziehung vorgeworfen werden, weshalb nicht die
10-jährige sondern die allgemeine 5-jährige Verjährungsfrist des § 207 Abs. 2 BAO anzuwenden ist.

 

Der Anspruch auf Kanalanschluss-Ergänzungsgebühr ist daher bereits verjährt, weshalb der Beschwerde stattzugeben war.

 

 

II.            Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Verjährung von Abgabeansprüchen ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Die Abfassung und Einbringung der Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder durch einen bevollmächtigten Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer bzw. eine bevollmächtigte Steuerberaterin oder Wirtschaftsprüferin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Gottfried Zöbl

Beachte:

Die Revision wurde zurückgewiesen.

VwGH vom 1. Oktober 2015, Zl.: Ra 2015/16/0095-3