LVwG-650461/6/Br

Linz, 21.09.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Dr. Bleier über die Beschwerde des Herrn B B, x.1961, B, S,  vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H-J L, G W, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land, vom 22.7.2015, GZ:VerkR21-106/16-2015-Saz, nach der am 21.9.2015 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung  und Verkündung,

 

 

zu Recht erkannt: 

 

 

 

I.         Gemäß § 28 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

 

 

I.  Die Behörde hat in Abweisung der Vorstellung des Beschwerdeführers gegen ihren Mandatsbescheid  vom 08.05.2015, Zl. VerkR21-106/4-2015-Saz, mit welchem dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung für die Klassen AM und B – ausgestellt von der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land am 07.11.1979, Zahl: VerkR-13.331-1979 -   auf die Dauer von 6 Monaten entzogen und ausgesprochen wurde, dass dem Bf für die Dauer von 6 Monaten keine neue Lenkberechtigung erteilt werden dürfe und gleichzeitig das Lenken von Motorfahrrädern und vierrädrigen Leitkraftfahrzeugen auf die gleiche Dauer verboten sowie begleitende Maßnahmen in Form einer Nachschulung, einer verkehrspsychologischen Untersuchung und einer amtsärztlichen Untersuchung angeordnet.

Demnach wurde der Entzug der Lenkberechtigung in der Dauer von 6 Monaten, gerechnet ab 12.05.2015 bis einschließlich 12.11.2015, aufrechterhalten. Ferner wurde damit ausgesprochen, dass vor Ablauf der Entzugsdauer keine neue Lenkberechtigung erteilt werden dürfe.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 3 Abs. 1 Ziff. 2, 7 Abs. 3 Ziff. 1, 24 Abs. 1, 26 Abs. 2 Ziff. 1, 29 Abs. 3 bzw. 4, 41a Abs.6 FSG

 

Sonstige Anordnungen und begleitende Maßnahmen entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit:

·      Sie haben sich einer verkehrspsychologischen Untersuchung zu   unterziehen.

     Zusätzlich haben Sie sich einer begleitenden Maßnahme (Nachschulung) zu unterziehen.

    Abschließend Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens hinsichtlich der gesundheitlichen Eignung.

 

Die Entzugsdauer bzw. das Lenkverbot enden nicht vor Befolgung der Anordnungen.

Rechtsgrundlagen: § 14 FSG-GV und § 24 Abs. 3 FSG

 

Die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Beschwerde wird  ausgeschlossen.

Rechtsgrundlage: § 22 Abs.1 VwGVG

 

 

 

 

II.  In der Begründung ihres Bescheides führte die Behörde folgendes aus:

Gemäß § 3 Abs. 1 Ziffer 2 FSG 1997 darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die verkehrszuverlässig sind.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 Ziffer 1 FSG gut eine Person dann nicht als verkehrszuverlässig, wenn aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen und ihrer Wertung angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit gefährden wird, insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr, Trunkenheit oder einem durch Suchtgift oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand.

 

Dies ist gemäß § 7 Abs. 3 Ziffer 1 FSG insbesondere dann der Fall, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1 b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz - SPG, BGBl. Nr. 566/1991 zu beurteilen ist.

 

Gemäß § 24 Abs. 1 FSG ist die Lenkberechtigung zu entziehen, wenn ihr Besitzer nicht mehr verkehrszuverlässig ist. Für den Zeitraum einer Entziehung der Lenkberechtigung für die Klassen A, B oder F ist auch das Lenken von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen unzulässig. Wird beim Lenken oder in Betrieb nehmen eines Kraftfahrzeuges erstmalig ein Delikt gemäß § 99 Abs. 1 StVO begangen, so ist die Lenkberechtigung gemäß § 26 Abs. 2 Ziffer 1 FSG auf die Dauer von mindestens 6 Monaten zu entziehen.

 

Gemäß § 29 Abs. 2 Ziffer 1 FSG hat die Behörde von der vollstreckbaren Entziehung der Lenkberechtigung den Zulassungsbesitzer des Fahrzeuges, mit dem das Delikt begangen wurde, wenn er nicht selbst der betroffene Lenker war, zu verständigen.

Gemäß § 29 Abs. 3 FSG ist nach Eintritt der Vollstreckbarkeit des Entziehungsbescheides der über die entzogene Lenkberechtigung ausgestellte Führerschein (Mopedausweis), sofern er nicht bereits abgenommen wurde, unverzüglich der Behörde abzuliefern.

 

Gemäß § 41a Abs. 6 FSG gilt ein Mopedausweis innerhalb Österreichs als Führerschein und der Führerscheinbesitzer als Besitzer einer Lenkberechtigung für die Klasse AM im jeweiligen Berechtigungsumfang.

 

zu II:

Gemäß § 24 Abs. 3 FSG kann die Behörde bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung begleitende Maßnahmen (Nachschulung und dgl.) oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen. Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a eine Nachschulung anzuordnen:

1)            wenn die Entziehung in der Probezeit (§ 4) erfolgt,

2)            wegen einer zweiten in § 7 Abs. 3 Z 4 genannten Übertretung innerhalb von zwei Jahren oder

3)            wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 oder 1a StVO 1960.

Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a und sofern es sich nicht um einen Probeführerscheinbesitzer handelt, bei der erstmaligen Übertretung gemäß § 99 Abs. 1b StVO 1960 ein Verkehrscoaching zur Bewusstmachung der besonderen Gefahren des Lenkens von Kraftfahrzeugen unter Alkoholeinfluss oder Suchtgiftbeeinträchtigung und dessen Folgen, bei Begehung einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 b StVO 1960 innerhalb von fünf Jahren ab der Begehung einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 jedoch eine Nachschulung anzuordnen. Im Rahmen des amtsärztlichen Gutachtens kann die Beibringung der erforderlichen fachärztlichen oder einer verkehrspsychologischen Stellungnahme aufgetragen werden. Bei einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 ist unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a zusätzlich die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme anzuordnen. Wurde eine dieser Anordnungen innerhalb der festgesetzten Frist nicht befolgt oder wurden die zur Erstellung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde nicht beigebracht oder wurde die Mitarbeit bei Absolvierung der begleitenden Maßnahme unterlassen, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung. Wurde von einem Probeführerscheinbesitzer die Anordnung der Nachschulung nicht befolgt oder die Mitarbeit bei dieser unterlassen, so ist die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen. Wurde die Anordnung der Absolvierung der fehlenden Stufe(n) gemäß § 4c Abs. 2 nicht befolgt oder wurde dabei die Mitarbeit unterlassen, so ist die Lenkberechtigung jener Klasse, für die die angeordnete(n) Stufe(n) nicht absolviert wurde(n), bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen. Eine diesbezügliche Entziehung der Klasse B zieht jedenfalls eine Entziehung der Klassen C(C1), CE(C1E), D(D1) und DE(D1E) nach sich. Die Anordnung der begleitenden Maßnahme oder des ärztlichen Gutachtens hat entweder im Bescheid, mit dem die Entziehung oder Einschränkung ausgesprochen wird, oder in einem gesonderten Bescheid zugleich mit dem Entziehungsbescheid zu erfolgen. Die Behörde hat eine angemessene Frist zu setzen, innerhalb derer das Verkehrscoaching zu absolvieren ist. Wird das Verkehrscoaching nicht innerhalb dieser Frist absolviert, hat die Behörde die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen. Sie sind durch geeignete Maßnahmen dazu anzuhalten, dass der offensichtliche Alkohol abusus abgewendet werden kann. Aus diesem Grunde waren die begleitenden Maßnahmen zwingend vorzuschreiben.

Alkoholisierte Kraftfahrzeuglenker stellen auf Grund der verminderten Reaktions-, Konzentrations­- und Beobachtungsfähigkeit und der erhöhten Risikobereitschaft eine erhebliche Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer dar. Eine Person, die alkoholisiert ein Kraftfahrzeug lenkt, zeigt eine gefährliche Einstellung zu rechtlich geschützten Werten, nimmt sie doch in Kauf, dass sie den Anforderungen, denen ein Kraftfahrzeuglenker zu entsprechen hat, nicht mehr gewachsen ist und dass ihr deliktisches Handeln zu unabsehbaren Folgen für Personen und Sachwerten führen kann.

 

Gemäß § 14 Abs. 2 FSG-GV haben Lenker von Kraftfahrzeugen, bei denen ein Alkoholgehalt des Blutes von 1,6 g/l (1,6 Promille) oder mehr oder der Atemluft von 0,8 mg/l oder mehr festgestellt wurde, ihre psychologische Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen durch eine verkehrspsychologische Stellungnahme nachzuweisen.

 

zu III.:

Da Lenker von Kraftfahrzeugen, welche die zum Lenken eines Kraftfahrzeuges im öffentlichen Straßenverkehr erforderliche Verkehrszuverlässigkeit nicht mehr besitzen, eine unmittelbare Gefahr für die Verkehrssicherheit bilden und demnach zum Schutze der gefährdeten Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs behördliche Sofortmaßnahmen geboten sind, musste wegen Gefahr im Verzug einer gegen diesen Bescheid allenfalls eingebrachten Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt werden.

 

Die Behörde geht von folgendem Sachverhalt aus: Zufolge der Anzeige der Polizeiinspektion Garsten vom 04.05.2015, Zl. GZ: VStV/915100229352/001/2015 haben Sie sich am 29.04.2015 um 19.45 Uhr in 4400 S, B nach Aufforderung eines besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organes der Straßenaufsicht geweigert, Ihre Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl Sie im Verdacht gestanden sind, unmittelbar vorher das Fahrzeug mit dem Kennzeichen SE-… in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand in 4400 Steyr, K.straße gelenkt zu haben. Dieser Verdacht wurde durch eine telefonische Anzeige von Herrn M S via Notruf bei der SLS Steyr eingebracht. Dabei gab Herr S an, dass er Sie sichtlich alkoholisiert in Begleitung von 2 kleinen Kindern vom Cafe G zu dem Fahrzeug mit dem Kennzeichen SE-…. gehen gesehen habe. Kurz darauf wäre das Fahrzeug nicht mehr dort gestanden.

 

Mit Bescheid vom 08.05.2015, Zl. VerkR21-106/4-2015-Saz der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land wurde Ihnen deshalb die Lenkberechtigung für die Klassen AM und B auf die Dauer von 6 Monaten entzogen und ausgesprochen, dass Ihnen für die Dauer von 6 Monaten keine neue Lenkberechtigung erteilt werden darf, gleichzeitig das Lenken von Motorfahrrädern und vierrädrigen Leitkraftfahrzeugen auf die gleiche Dauer verboten sowie begleitende Maßnahmen in Form einer Nachschulung, einer verkehrspsychologischen Untersuchung und einer amtsärztlichen Untersuchung vorgeschrieben.

Dagegen haben Sie rechtzeitig mit Email vom 20.05.2015 sowie durch Ihren rechtlichen Vertreter mit Schreiben vom 21.05.2015 Vorstellung erhoben und um Übermittlung einer Aktenabschrift gebeten.

 

Am 19.06.2015 wurde Grlnsp F B von der Polizeiinspektion Garsten einvernommen.

 

Mit Schreiben vom 24.06.2015 wurden Sie vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt. In Ihrer Stellungnahme vom 08.07.2015 gaben Sie an, dass dem Bescheid ein unrichtiger Sachverhalt zugrunde liegen würde, da die Behörde davon ausgehen würde, dass Sie den PKW mit dem Kennzeichen SE-… tatsächlich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hätten. Tatsächlich würden keine Wahrnehmungen betreffend des Wegfahrens vom Cafe G und auch keine sonstigen Beweise existieren. Auch die beiden Beamten würden über keine Wahrnehmungen verfügen, dass Sie das Fahrzeug tatsächlich gelenkt hätten. In Wirklichkeit wären Sie vom Cafe G in einem Taxi nach Hause gefahren.

 

Die Behörde hat erwogen:

Gemäß § 5 Abs. 2 StVO 1960 sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen,

1.            die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben, oder

2.            bei denen der Verdacht besteht, dass ihr Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

Gemäß § 7 Abs. 3 Z 1 FSG gilt als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO begangen hat.

 

Gemäß § 99 Abs. 1 lit. b StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 1600 Euro bis 5900 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von zwei bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich vorführen zu lassen, oder sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen nicht der ärztlichen Untersuchung unterzieht.

 

Es bedarf für Zulässigkeit zur Vornahme von Atemluftuntersuchungen gemäß § 5 Abs. 2 Z 1 StVO 1960 zumindest eines Verdachts, dass eine Person (zurückliegend) auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr ein Fahrzeug gelenkt hat. Gründe für diesen Verdacht können etwa Zeugenaussagen oder das Antreffen im Bereich der Fahrertür des eigenen Fahrzeuges (vgl. VwGH vom 19.03.2003, GZ 2000/03/0150), sein.

 

Im vorliegenden Fall lag der Verdacht durch die Zeugenaussage von Herrn S in dem im Gesetz geforderten Ausmaß vor. Er gab an, Sie vor dem Cafe G mit Ihren beiden Kindern gesehen zu haben, wie Sie mit deutlichen Alkoholisierungsmerkmalen zu Ihrem Fahrzeug gegangen sind. Dies erkannte er daran, dass Sie sich beim Gehen und Sprechen schwer getan hätten. Nachdem er darüber die Polizei verständigt hat, war er zum Ort zurückgekehrt und hat Ihr Fahrzeug nicht mehr am Parkplatz vorgefunden. Diese Sachverhaltselemente reichten aus, sie im Zuge der anschließenden Amtshandlung zu einer Alkoholkontrolle aufzufordern, da Sie somit verdächtig waren, Ihr Fahrzeug vom Cafe G in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand nach Hause gelenkt zu haben. Im Zuge der Amtshandlung haben Sie dem amtshandelnden Beamten gegenüber keine Aussagen getätigt, die diesen Verdacht entkräftigt hätte. Sie gaben nur allgemein an, nicht gefahren zu sein, wiesen jedoch eindeutige Alkoholisierungsmerkmale auf. Darüber hinaus waren sie während der Amtshandlung nicht sehr kooperativ.

 

Sie haben im Zuge der Amtshandlung nicht angegeben, dass Sie mit dem Taxi nach Hause gefahren seien. Im laufenden Verfahren haben Sie darüber hinaus nicht bestritten, dass Sie zu dem fraglichen Zeitpunkt im Cafe G waren und sich auch bei Ihrem Fahrzeug aufhielten. Erst im Zuge des Verfahrens gaben Sie an, mit einem Taxi nach Hause gefahren zu sein. Vom Zeugen Herrn S wurde jedoch ausgeführt, dass er Ihr Fahrzeug nachdem er die Meldung an die Polizei durchgeführt hatte, nicht mehr auf dem Parkplatz stehen gesehen hat. Sie selbst wurden von Ihm nicht mehr vorgefunden. All diese Umstände führen für die Behörde zu dem Ergebnis, dass Sie Ihr Fahrzeug tatsächlich im Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt oder in Betrieb genommen haben. Die Aussage, sie wären mit dem Taxi nach Hause gefahren, wird als Schutzbehauptung gewertet.

 

Die Behörde sieht daher im vorliegenden Fall den Tatbestand des § 7 FSG erfüllt, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.“

 

 

 

II.1. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit der durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht erhobenen Beschwerde. Diese wird aus Gründen der besseren Nachvollziehbarkeit ebenfalls vollinhaltlich wiedergegeben:

Gegen den Bescheid der BH Steyr-Land vom 22.07.2015, VerkR21-106/16-2015-Saz, zugestellt am 27.07.2015, erhebt der Beschwerdewerber innerhalb offener Frist nachstehende

 

BESCHWERDE

 

gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 BVG

 

an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich und führt diese aus wie folgt:

 

Die Beschwerdelegitimation des Beschwerdewerbers ergibt sich aus der Parteistellung im Verfahren, welches zu dem angefochtenen Bescheid führte. Durch den angefochtenen Bescheid wurden dem Beschwerdeführer nach dem AVG zustehende Verfahrensrechte verletzt und ist er in seinem Grundrecht, auf ein faires Verfahren, welches ihm gemäß Art 6 MRK garantiert ist, verletzt.

 

Das angerufene Gericht ist zuständig, da der bekämpfte Bescheid im Rahmen der Landesverwaltung erlassen wurde.

 

Gemäß § 7 Abs.4 VwGVG beträgt die Beschwerdefrist nach Art 130 Abs.1 Z4 BVG 4 Wochen. Der Bescheid wurde mit 27.07.2015 zugestellt. Die heute eingebrachte Beschwerde ist daher fristgerecht erhoben.

 

Geltend gemacht werden die Beschwerdegründe der unrichtigen Beweiswürdigung sowie die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

 

Zur unrichtigen Beweiswürdigung:

 

Dem Bescheid liegt ein vollkommen unrichtiger Sachverhalt zu Grunde. Die Behörde geht davon aus, dass gemäß der Anzeige des Hr. M S, der Beschuldigte den Pkw der Marke Peugeot mit dem behördlichen Kennzeichen SE-… im durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe.

 

Der Beschwerdewerber verantwortete sich in der Stellungnahme vom 08.07.2015 damit, dass er keinesfalls ein Fahrzeug im durch Trunkenheit beeinträchtigten Zustand gelenkt habe und daher auch nicht die Verkehrssicherheit gefährdet habe.

 

Der Beschwerdewerber hielt sich am 29.04.2015 um ca. 19:20 Uhr in der K.straße bei seinem Pkw auf. Dies jedoch nicht um diesen nach Hause zu lenken, sondern um seine Schuhe zu wechseln. Er war an diesem Tag mit Badeschuhen unterwegs. In der Folge nahm sich der Beschwerdewerber ein Taxi und ließ sich mit seinen Kindern nach Hause chauffieren.

 

Der Anzeiger wurde !telefonisch! von der Polizei einvernommen und sagte Folgendes aus (Bericht der PI Garsten vom 29.4.2015 zu GZ: E1/2796/2015):

„Ich sah dann nur noch, dass er seinen Schlapfen oder ähnliches auszog und dass er die hintere Türe öffnete. Ich rief daraufhin sofort beim Notruf der Polizei an, da ich dieses Verhalten für Wahnsinn halte, dass jemand alkoholisiert mit seinen Kinder herumfährt. Als ich nach kurzer Zeit weder an derselben Stelle zurückging, war das Fahrzeug weg."

 

In der Stellungnahme wurde insbesondere auch daraufhingewiesen, dass der Beschwerdewerber seit geraumer Zeit Mobbing durch seine Kollegen, nämlich insbesondere durch Bezlnsp. R R, ausgesetzt ist und wurde dies auch begründet. Insbesondere vor diesem Hintergrund hätte die Behörde I. Instanz sich selbst einen Eindruck von dem Zeugen S und seinen Wahrnehmungen verschaffen müssen, da mit gutem Grund die Gefahr besteht, dass die telefonische Berichterstattung des Zeugen durch die einschreitenden Beamten in die eine oder andere Richtung gefärbt wurde.

 

So findet sich insbesondere im Bericht der PI Garsten vom 29.4.2015 zu GZ; E1/2796/2015 der Passus:

 

„Am 29.04.2015 um 19:33 wurde auf der BLS Garsten bei Gl M von der SLS Steyr (Koll: K) angezeigt, dass der Lenker des Fahrzeuges SE-…. alkoholisiert vom Cafe G weggefahren sei."

 

Eine solche Wahrnehmung lässt sich im gesamten Polizeibericht, insbesondere bei der Wiedergabe des vom Zeugen S infolge des Telefonats Berichtetem nicht wiederfinden, dieser sagte offenbar lediglich (Bericht der PI Garsten vom 29.4.2015 zu GZ: E1/2796/2015):

 

„Als ich nach kurzer Zeit wieder an derselben Stelle zurückging, war das Fahrzeug weg."

 

Davon, dass der Beschwerdewerber WEGGEFAHREN sei, ist hier keine Rede und macht einen immensen Unterschied.

 

Zusammenfassend hätte der Verantwortung des Beschwerdewerbers mehr Glauben geschenkt werden müssen, da diese in sich schlüssig und glaubwürdig war. Hingegen wies der Inhalt des Polizeiberichts selbst schon Widersprüche auf, erfolgte die Beweisaufnahme durch die Polizei mittels Telefon ohne vorangegangene Belehrung, wobei die Gefahr der Färbung durch die einschreitenden Beamten zu beachten ist und nicht unmittelbar durch die Behörde I. Instanz.

Die Behörde I. Instanz stützt ihren Bescheid auf die Aussage des „Zeugen" S, obwohl sich weder die Polizei, noch die Behörde I. Instanz einen unmittelbaren Eindruck von diesem verschaffte, geschweige denn dieser vor seiner Aussage über die Rechtsfolgen einer falschen Beweisaussage informiert wurde.

 

Die Verantwortung des Beschwerdewerbers und die „Aussage" des Zeugen S weichen in einem wesentlichen Punkt voneinander ab, nämlich hinsichtlich dessen ob der in Frage stehende Pkw nach dem Anruf bei der Polizei noch an Ort und Stelle stand oder nicht.

 

Ein derartiger Widerspruch hätte durch die Aufnahme eines unmittelbaren Beweises, nämlich durch die Einvernahme des einzigen Zeugen nach Belehrung durch die Behörde I. Instanz aufgeklärt werden müssen.

 

Die Stützung eines Bescheides auf einen Beweis, der eine solche Bezeichnung nicht verdient, da er weder unmittelbar noch mittelbar, sondern in Wahrheit von Hörensagen rührt, stellt einen wesentlichen Verfahrensfehler da. Die Verantwortung des Beschwerdebewerbers in der Stellungnahme vom 08.07.2015 war schlüssig und in jedem Punkt glaubwürdig.

 

Die Behörde I. Instanz hätte den Zeugen S unmittelbar einvernehmen müssen.

 

Die mangelhafte Durchführung des Verfahrens wirkte sich wesentlich auf den (unrichtigen) Bescheid aus. Hätte sich die Behörde I. Instanz von dem Zeugen S einen unmittelbaren Eindruck verschafft und den Beweis direkt aufgenommen, so hätten die Widersprüche aufgeklärt werden können, und wäre die Behörde I. Instanz zu dem Ergebnis gekommen, dass der Beschwerdewerber keinesfalls ein Fahrzeug im durch Trunkenheit beeinträchtigen Zustand gelenkt hat und hätte die Behörde I. Instanz daher eine Einstellung des Verfahrens und Ausfolgung der Lenkerberechtigung vornehmen müssen.

 

Der Beschwerdeführer stellt somit den

 

ANTRAG

 

an das Oberösterreichische Landesverwaltungsgericht, das Landesverwaltungsgericht möge

 

1)                  gemäß § 44 VwGVG eine mündliche Verhandlung durchführen und sodann

2)     den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufheben und das Verfahren gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs.1 einstellen.

 

Wien, am 13.08.2015                                                          B B

 

 

 

III. Den Verfahrensakt betreffend das Führerscheinentzugsverfahren hat die Behörde mit Vorlageschreiben vom 20.8.2015 unter Hinweis auf den Entzugsbescheid vom 22.7.2015 zur Entscheidung vorgelegt.

Hingewiesen wurde auf die Begründung des angefochtenen Bescheides.

 

 

III.1 Eine öffentliche mündliche Verhandlung war antragsgemäß durchzuführen, wobei mangels der Entscheidung über die Hauptfrage der Übertretung nach § 5 Abs.2 StVO (Alkotestverweigerung) diese hier als Vorfrage iSd § 38 AVG im Rahmen dieses Verfahrens zu beurteilen gewesen ist.

 

 

III.2. Beweis erhoben wurde durch die zeugenschaftliche Einvernahme des Meldungslegers BezInsp. R. R, sowie des vom Beschwerdeführer stellig gemachten Zeugen P. H. Der auch persönlich zur Verhandlung geladene Beschwerdeführer wurde als Partei gehört. Die Behörde nahm durch deren Sachbearbeiter an der öffentlichen mündlichen Verhandlung teil.

 

IV. Zusammenfassende Sachverhaltsfeststellung:

 

Der Beschwerdeführer bestreitet anlässlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung die Lenkereigenschaft, nicht jedoch die Verweigerung der Atemluftuntersuchung.

Dies wurde von ihm letztlich im Ergebnis als Fehler eingesehen, der jedoch im Zusammenhang mit seinen Schwierigkeiten auf der Dienststelle zu sehen wäre, wo er sich seitens einiger Kollegen gemobbt fühle. Letztlich wurde vermeint dies als entschuldigenden Notstand darstellen zu können.

Das Verwaltungsstrafverfahren nach § 5 Abs.2 StVO ist laut Behördenvertreter noch nicht abgeschlossen.

Der Verantwortung des Beschwerdeführers vermochte auch seitens des Landesverwaltungsgerichts letztlich nicht gefolgt werden. Der Verweigerungstatbestand – der hier im Rahmen des Administrativverfahrens als Vorfrage iSd § 38 AVG zu klären gewesen ist – stützt sich auf die glaubhaft vorgetragenen Feststellungen des Zeugen BI R. Dieser legte schlüssig nachvollziehbar und insbesondere im Einklang mit der Anzeige die Einsatzumstände dar, wobei der Beschwerdeführer zeitnah nach der Anzeige einer dritten Person bereits am Wohnsitz des Beschwerdeführers eingetroffen und diesen dort erheblich alkoholisiert antraf. Dies deckt sich mit den Angaben des Aufforderers, sodass darin eine in jeder Richtung hin schlüssige Verdachtslage im Sinne des § 5 StVO begründet gewesen ist.

Das Landesverwaltungsgericht hegt auch keinen Zweifel daran, dass der Beschwerdeführer mit seinem Fahrzeug nach der Wahrnehmung des Anzeigers mit dem Pkw vom Bereich des Cafe G weg und nach Hause gefahren ist, wo er bereits kurze Zeit später von Beamten der Polizeiinspektion Garsten – dem Zeugen R und GI B -  angetroffen wurde. Dabei machte er auf die einschreitenden Beamten einen sichtlich alkoholisierten Eindruck, was sich letztlich auch mit der Wahrnehmung des Anzeigers deckte, der dem Zeugen GI R bis dahin gänzlich unbekannt war.  Dieser hat wohl nicht grundlos die Anzeige gegen den ihm offenbar gänzlich unbekannten Beschwerdeführer gemacht.

Selbst der vom Beschwerdeführer stellig gemachte Taxilenker konnte nicht dezidiert bestätigen, dass er den Beschwerdeführer am 29.4.2015 gegen 19:30 Uhr mit zwei Kindern nach Hause gefahren hätte. Selbst der Beschwerdeführer konnte nicht erklären, wie bzw. durch wen der Pkw mit dem Kennzeichen SE-… vom Cafe G zum Wohnsitz des Beschwerdeführer verbracht worden sein soll. Diese Widersprüche lassen jedenfalls nicht zu, den Beschwerdeführer in seiner Verantwortung einer nicht bestehenden Verdachtslage hinsichtlich der Alkofahrt folgen zu können.

Wenn der Beschwerdeführer insgesamt eine innerdienstliche Intrige hinter dieser Anzeige aufzuzeigen versuchte, ergaben sich diesbezüglich keine wie immer gearteten Anhaltspunkte welche die vorliegende Verdachtslage einer Alkofahrt hätten zerstreuen können.  

 

 

 

V. Rechtlich hat das Landesverwaltungsgericht erwogen:

 

Mit der Verweigerung des Alkotests ist grundsätzlich eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z1 FSG verwirklicht, für die im § 26 Abs.2 Z1 FSG eine Mindestentziehungsdauer von sechs Monaten bei erstmaliger Begehung vorgesehen ist. § 26 FSG regelt die sogenannten Sonderfälle der Entziehung, in deren Zusammenhang der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, dass hier in Bezug auf die Mindestentziehungsdauer der Gesetzgeber die Wertung schon vorweg genommen hat und daher der Behörde diesbezüglich keine Wertungskompetenz mehr zukommt (VwGH 23.3.2004, 2004/11/0008 ua).

 

Die Verweigerung der Alkomatuntersuchung an sich stellt naturgemäß ein reines Formaldelikt dar und hat daher per se keine Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit. Der Gesetzgeber hat aber unbeschadet dessen solchen Delikten einen hohen Unrechtsgehalt unterstellt. Dies ist leicht nachzuvollziehen, da ein Fahrzeuglenker, der die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt verweigert, dem öffentlichen Interesse, alkoholbeeinträchtigte Fahrzeuglenker umgehend feststellen zu können, diametral entgegenwirkt.

In diesem Zusammenhang ist auf die von der Behörde zitierte Judikatur zu verweisen, der zur Folge es nicht des Beweises des Lenkens, sondern bereits der bloße Verdacht des Lenkens genügt (VwGH  19.03.2003, 2000/03/0150, mit Hinweis auf VwGH 23.2.1996,  95/02/0567 u. v. 11.7.2001, 98/03/0150). Dies erfüllt den Tatbestand im Sinne des § 26 Abs.2 Z.1 FSG iVm § 99 Abs.1 StVO 1960.

 

Die Beschwerde war demnach als unbegründet abzuweisen.

 

 

VI.  Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerde bzw. Revision ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. einer bevollmächtigte Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

Dr. B l e i e r