LVwG-601029/2/MB

Linz, 01.10.2015

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Markus Brandstetter über die Beschwerde des J K, x, geb x, gegen das Straferkenntnis des Landespolizeidirektors von Oberösterreich vom 31.7.2015, GZ. VStV/915300814577/2015,

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Der Beschwerde wird stattgegeben und die Geldstrafe auf 800,- Euro sowie die Ersatzfreiheitsstrafe auf 6 Tage herabgesetzt.

 

II.      Die Verfahrenskosten vor der belangten Behörde reduzieren sich auf 80,- Euro, für das Beschwerdeverfahren ist kein Kostenbeitrag zu bezahlen.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.

1. Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 31.7.2015, GZ VStV/915300814577/2015 wurde dem Beschwerdeführer (im Folgenden Bf) angelastet, am 2.6.2015 um 14:00 Uhr in 4020 Linz, Kreuzungsbereich Wiener Straße-Raimundstraße, vom Objekt Wiener Straße Nr. x kommend, nach links abbiegend auf die Wiener Straße, Fahrtrichtung Unionkreuzung das Fahrzeug, Fahrrad T V in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt zu haben, da der Alkoholgehalt der Atemluft 0,70 mg/l betrug.

 

Der Bf habe dadurch § 99 Abs. 1a iVm § 5 Abs. 1 StVO verletzt, weshalb eine Geldstrafe von 1.200,- EUR, ersatzweise zehn Tage Freiheitsstrafe, verhängt wurden.

 

Weiters wurde dem Bf die Zahlung von € 120,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, jedoch mindestens 10 Euro für jedes Delikt (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich € 100,00 angerechnet) aufgetragen.

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

 

 

€ 1.320,00

(...)

 

Zur Begründung wurde folgendes ausgeführt:

 

(...)

 

Aufgrund der Anzeige eines Organes der Straßenaufsicht und des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens steht fest, dass Sie die im Spruch angeführte Verwaltungsübertretung gesetzt haben, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war. Da somit weitere Beweise nicht aufzunehmen waren, konnte von der Aufnahme einer Niederschrift abgesehen werden. (§ 44 VStG)

Bei der Bemessung war neben der Berücksichtigung der Einkommens-, und Vermögensverhältnisse sowie soziale Verhältnisse samt allfälliger Sorgepflichten

Einkommen: ca. EUR 900,-/ Monat

Vermögen: keines, Schulden ca. EUR 40.000,-

Sorgepflichten: keine

Mildernd: Geständnis, Unbescholtenheit

erschwerend: Verkehrsunfall

 

2. Gegen das Straferkenntnis erhob der Bf rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde im Hinblick auf die Strafhöhe.

 

Der Bf führt darin wie folgt aus:

 

Berufung:

Alkoholisiert zu fahren ist sicher nicht entschuldbar, und sollte auch bestraft werden.

Dadurch das wir am vortags abends länger mit Nachbarn im Garten uns gemütlich zusammen gesetzt und gegrillt hatten, war es auch der Rest-Alkohol der zuviel war. Fahre sonst nicht alkoholisiert.

 

Ich bitte um eine reduzierung der Strafe, durch Unbescholtenheit- 900 Euro Einkommen, dadurch gehen 650-680 Euro an Miete- plus anderen Zahlungen weg. Trete auch kein Schmerzensgeld an.

 

Ich bitte sie darum meine Strafe herunter zu setzen

 

Hochachtungsvoll

K J

 

3. Die belangte Behörde hat das Rechtsmittel samt Verfahrensakt dem Oö. Landesverwaltungsgericht vorgelegt, ohne eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen.

 

3.1. Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (Art 130 Abs. 1 Z 1 iVm 131 Abs. 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.

 

II.

 

1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich nahm Einsicht in den Verwaltungsakt der belangten Behörde. Von der Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil sich die Beschwerde nur gegen die Höhe der Strafe richtet und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat (§ 44 VwGVG).

 

2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von dem unter den Punkten I. dieses Erkenntnisses dargestellten, relevanten und unstrittigen Sachverhalt aus.

 

3. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat gem. §§ 9 iVm 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid nur aufgrund der Beschwerde zu überprüfen.

 

III.

 

1. Gemäß § 5 Abs. 1 StVO darf ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen, wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt.

 

Gemäß § 5 Abs. 2 StVO sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand

a)   ein Fahrzeug gelenkt zu haben oder

b)   als Verkehrsteilnehmer (Fußgänger, Kraft-/ Fahrzeuglenker odgl.) einen Verkehrsunfall verursacht zu haben, auf Alkoholgehalt zu untersuchen.

Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

 

Gemäß § 5 Abs. 4 StVO sind die Organe der Straßenaufsicht berechtigt, Personen, deren Atemluft auf Alkoholgehalt untersucht werden soll (Abs. 2), zum Zwecke der Feststellung des Atemluftalkoholgehaltes zur nächstgelegenen Dienststelle, bei der sich ein Atemalkoholmessgerät befindet, zu bringen, sofern vermutet werden kann, dass sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden oder zur Zeit des Lenkens befunden haben.

 

Gemäß § 99 Abs. 1a StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 1200 Euro bis 4400 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von zehn Tagen bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,2 g/l (1,2 Promille) oder mehr, aber weniger als 1,6 g/l (1,6 Promille) oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,6 mg/l oder mehr, aber weniger als 0,8 mg/l beträgt.

 

Gemäß § 38 VwGVG iVm § 19 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Gemäß § 20 kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen.

 

1.1. Da der Bf – wie aufgrund der auf die Strafhöhe eingeschränkten Beschwerde rechtskräftig bindend festgestellt wurde – sein Fahrrad zur genannten Zeit am genannten Ort mit einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,70 mg/l gelenkt hat, findet § 99 Abs. 1a StVO Anwendung.

 

Der Gesetzgeber differenziert bei der Strafdrohung des § 5 StVO nicht zwischen den Lenkern von LKW‘s, PKW‘s, sonstigen Kraftfahrzeugen und Fahrrädern. Das Gefahrenpotenzial, welches von alkoholisierten Radfahrern ausgeht, ist jedoch wesentlich niedriger als jenes, welches alkoholisierte Kraftfahrzeuglenker darstellen. Zwar lenkte der Bf sein Fahrrad auf einer belebten Straße zu einer Zeit mit hohem Verkehrsaufkommen. Eine Gefährdung anderer Straßenbenützer ist daher nicht unwahrscheinlich gewesen. Obwohl es in concreto tatsächlich zu einem Unfall gekommen ist, bei dem der Bf verletzt wurde, so zeigt dies dennoch, dass aufgrund der Alkoholisierung in erster Linie der Bf selbst gefährdet war; für andere Straßenbenützer war die Gefahr einer Verletzung jedoch wesentlich niedriger, was sich ggst durch die Unversehrtheit der Unfallgegnerin auch bestätigt.

 

Diese deutlich niedrigere Gefährlichkeit ist als wesentlicher Strafmilderungsgrund zu berücksichtigen. Mildernd sind weiters das Geständnis, die Unbescholtenheit und die schwierige finanzielle Situation (geringes Einkommen und hohe Verschuldung) zu werten. Dem stehen der Unfall und die Tatsache gegenüber, dass davon auszugehen ist, dass sich der Bf im Bewusstsein seiner Alkoholisierung vorsätzlich auf sein Fahrrad gesetzt habe und das Verschulden dementsprechend schwer wiegt. In Bezug auf den Unfall ist jedoch auf die bloß geringen Folgen in der Gestalt einer leichten Beschädigung am Auto der Unfallgegnerin zu verweisen, sowie hinsichtlich des hohen Verschuldens auf das geringe Gefahrenpotenzial der begangenen Tat.

 

In Hinblick auf die ungünstige finanzielle Situation des Bf erscheint auch diese Strafe jedenfalls ausreichend, um den Bf in Zukunft von ähnlichen Übertretungen abzuhalten. Auch generalpräventive Überlegungen sprechen nicht gegen die Herabsetzung der Geldstrafe unter die Mindeststrafe gem. § 20 VStG.

 

2. Wenn sich der Bf auf Restalkohol beruft, so ist dem entgegenzuhalten, dass „einem allfälligen Restalkohol im Blute keine Sonderstellung einzuräumen (ist), dh wenn der Kfz-Lenker vom Vortage bzw Vorabend (zB Heurigenbesuch) noch Alkohol im Blut hatte und sich dieser Tatsache vielleicht auch nicht recht bewusst war, kann ihn dies trotzdem nicht entschuldigen. Der Restalkohol ist vielmehr in die Gesamtbewertung seines Blutalkoholgehaltes einzubeziehen. VwGH 10. 1. 1962, 846/61, KJ 1962, 27.“ (Pürstl StVO-ON13.01 §§ 5–5b StVO E 63)

 

3. Abgesehen davon, dass ein entsprechender Antrag nicht vorliegt, hätte nicht zugunsten einer Ermahnung von der Verhängung einer Strafe überhaupt abgesehen werden können, da § 38 VwGVG iVm § 45 Abs 1 Z 4 VStG dies nur zulässt, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind. Dass die aktive Teilnahme am Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss zu den schwersten und gröbsten Verstößen gegen die Verkehrssicherheit zählt und als besonders verwerflich und gefährlich zu qualifizieren ist, steht – auch bei wie dargelegt verringertem Gefahrenpotential – beim Lenken von Fahrrädern außer Zweifel.

 

4. Bei diesem Ergebnis war gemäß § 52 Abs 8 VwGVG von einem Beitrag des Bf zu den Kosten des Verfahrens vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich abzusehen. Der Kostenbeitrag für das Verfahren der belangten Behörde war entsprechend anzupassen.

 

 

V.

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

H i n w e i s

 

Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Markus Brandstetter