LVwG-650477/5/Bi

Linz, 22.10.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Karin Bissenberger über die Beschwerde der Frau M K Z, S, S, vertreten durch RAe Dr. T B, Mag. C B, Dr. T. S, R, vom 10. September 2015 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 25. August 2015, VerkR21-367-2015, wegen Entziehung der Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.

Gemäß § 28 VwGVG wird die Beschwerde abgewiesen und der in Beschwerde gezogene Bescheid im Beschwerdeumfang bestätigt.  

 

 

II.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungs­gerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Bescheid wurde der Beschwerdeführerin (in Folge: Bf) in Bestätigung des Mandatsbescheides der belangten Behörde vom             14. August 2015, VerkR21-367-2015, gemäß §§ 7, 24, 25 und 30 FSG die Lenkberechtigung – Führerschein ausgestellt von der BH Schärding am 27.1.2014 für die Klassen AM, A und B, Mopedausweis ausgestellt von der Fahrschule G am 6.3.2008 zu Nr... – wegen mangelnder  Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von 6 Monaten, gerechnet ab dem Tag der vorläufigen Abnahme des Führerscheins am 6. August 2015 bis 6. Februar 2016, entzogen und ihr das Recht aberkannt, allenfalls von einem ausländischen Führerschein in Österreich während der Entziehungsdauer Gebrauch zu machen. Zugleich wurde ihr die Absolvierung einer Nachschulung für alkoholauffällige Kraftfahrzeuglenker bei einer vom zuständigen Bundesminister ermächtigten Stelle aufgetragen. Gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG wurde im Fall einer Beschwerde gegen diesen Bescheid deren aufschiebende Wirkung wegen Gefahr im Verzug ausgeschlossen, da im öffentlichen Interesse der vorzeitige Vollzug des Bescheides dringend geboten sei.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte laut Rückschein am 26. August 2015.

2. Ausschließlich gegen die Entziehungsdauer hat die Bf fristgerecht Beschwerde gemäß § 7 VwGVG iVm Art. 130 Abs. 1 Z1 B-VG eingebracht, die von der belangten Behörde ohne Beschwerdevorentscheidung dem Landesverwaltungs­gericht zur Entscheidung vorgelegt wurde, das darüber gemäß Art. 131 B-VG zu entscheiden hat. Die Durchführung einer (nicht beantragten) öffentlichen mündlichen Verhandlung erübrigte sich gemäß § 24 VwGVG.

3. Die Bf macht im Wesentlichen geltend, die belangte Behörde habe zwar auf ihre Unbescholtenheit und dass auch keine Vormerkungen im Führerschein­register aufscheinen verwiesen und dass sie im Zuge des Verfahrens gegenüber der Strafbehörde ein Geständnis abgelegt und bei Vorhalt des Verkehrsunfalles diesen nicht geleugnet habe, sie habe aber unberücksichtigt gelassen, dass sie eigentlich nicht mehr fahren, sondern bei einer Freundin übernachten wollte; diese sei aber weder zu Hause noch telefonisch erreichbar gewesen. So sei ihr nichts anderes übrig geblieben, als selbst mit dem Fahrzeug zu fahren und der Unfall habe sich ereignet, als die Freundin am Handy zurückgerufen habe. Unter Berücksichtigung all dieser Umstände sei die Entziehungsdauer überhöht. Mit einer Dauer von 4 Monaten wäre das Auslangen zu finden gewesen. Im Übrigen sei davon auszugehen, dass die Atemluftalkoholmessung nicht mit einem ordnungsgemäß geeichten Messgerät erfolgt sei, sodass die Feststellung des Entzuges rechtswidrig sei. Beantragt wird daher die ersatzlose Aufhebung des Bescheides, in eventu die Herabsetzung der Entziehungsdauer auf 4 Monate.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der belangten Behörde und in rechtlicher Hinsicht erwogen:

Gemäß § 24 Abs. 1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z2 bis 4)  nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 3 Abs. 1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die verkehrszuverlässig sind.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen ua die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird. Als bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 1 FSG hat gemäß § 7 Abs. 3 Z1 FSG ua zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hierbei eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 begangen hat.

Gemäß § 99 Abs. 1a StVO 1960 begeht ua eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,2%o oder mehr, aber weniger als 1,6%o oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,6 mg/l oder mehr, aber weniger als 0,8 mg/l beträgt.

 

Der Bezirkshauptmann von Schärding verhängte mit – in Rechtskraft erwachsenem – Straferkenntnis vom 20. August 2015, VerkR96-4546-2015, über die Bf wegen einer Übertretung gemäß §§ 5 Abs.1 iVm 99 Abs.1a StVO 1960 eine Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe. Sie wurde schuldig erkannt, am 6. August 2015 gegen 3.30 Uhr den auf K Z zugelassenen Pkw x im Gemeinde- und Ortsgebiet Aurolzmünster auf der B143 Hausruckstraße aus Richtung Ried/I. kommend gelenkt zu haben. Bei km 9.005 der B143 sei sie links von der Fahrbahn abgekommen und mit einer Straßenlaterne kollidiert. Im Zuge der Verkehrsunfallsaufnahme sei bei ihr ein Test mittels geeichtem Alkomaten durchgeführt worden und habe dieser am 6. August 2015 um 5.15 Uhr bzw. 5.16 Uhr einen Alkoholgehalt der Atemluft von 0,68 mg/l (relevanter Messwert); dies entspreche umgerechnet einer BAK von 1,36 %o. 

 

Für die Verwirklichung des Entziehungstatbestands nach § 26 Abs. 2 Z4 FSG ist – anders als etwa im Fall des § 7 Abs. 3 Z14 oder 15 FSG – eine (rechtskräftige) Bestrafung nicht erforderlich. Liegt eine solche vor, sind die Kraftfahrbehörden daran gebunden (vgl E 6.7.2004, 2004/11/0046; 26.4.2013, 2013/11/0015).

 

Trotzdem wurde die ordnungs­gemäße Funktion und Eichung des verwendeten Atemluftalkoholuntersuchungsgerätes nachgeprüft. Dabei hat sich ergeben, dass der laut dem im Akt befindlichen Messstreifen verwendete Alkomat Dräger Alcotest 7110 MK II A, GeräteNr. ARDD-0016, Standort PI Ried/I., zuletzt vor dem Vorfall mit der Bf am 27. Juni 2014 mit Nacheichfrist bis 31. Dezember 2016 vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen geeicht worden war; er war damit am 6. August 2015 ordnungsgemäß geeicht. Außerdem wurde das Gerät laut Überprüfungsbericht der Fa. Dräger zuletzt vor dem Vorfall am 20. Juli 2015 der routinemäßigen Genauigkeitsprüfung durch den Hersteller unterzogen und für in Ordnung befunden. Die Unterlagen wurden der Bf am 1. Oktober 2015 mit Fax übermittelt und Parteiengehör gewahrt, jedoch keine Äußerung dazu abgegeben.

Damit besteht kein Zweifel an der Heranziehbarkeit des um 5.16 Uhr des           6. August 2015 erzielten günstigeren Atemalkoholmesswertes von 0,68 mg/l als Grundlage für den Schuldvorwurf einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1a StVO  und steht fest, dass die Bf damit eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7     Abs. 3 Z1 FSG verwirklicht hat, für die bei erstmaliger Begehung im § 26 Abs. 2 Z4 FSG eine Mindestentziehungsdauer von vier Monaten vorgesehen ist.

 

Das Lenken eines Kraftfahrzeuges unter Alkoholeinfluss zählt zu den schwersten und gröbsten Verstößen gegen die Verkehrssicherheit (VwGH 27.2.2004, 2002/11/0036 uva.) und ist als besonders verwerflich und gefährlich zu qualifizieren, zumal durch Alkohol beeinträchtige Lenker eine hohe potenzielle Gefährdung der Sicherheit des Straßenverkehrs darstellen.

 

Die gesetzlich vorgesehene Mindestentziehungsdauer darf dann überschritten werden, wenn Umstände vorliegen, die aufgrund der Verwerflichkeit oder Gefährlichkeit der strafbaren Handlung (§ 7 Abs. 4 FSG) die Prognose der Verkehrsunzuverlässigkeit für einen über die Mindestentziehungszeit hinaus­reichenden Zeitraum rechtfertigen und somit die Festsetzung einer längeren Entziehungsdauer erforderlich machen (vgl ua VwGH 19.8.2014, 2013/11/0038; 16.10.2012, 2009/11/0245). Die Festsetzung einer über die Mindestzeit des § 26 FSG hinausreichenden Entziehungsdauer hat nach der allgemeinen Regel des     § 25 Abs. 3 FSG zu erfolgen, dh die Behörde darf über eine solche Mindestentziehungszeit nur insoweit hinausgehen, als der Betreffende für einen die Mindestentziehungsdauer überschreitenden Zeitraum verkehrsunzuverlässig ist (vgl E 29.3.2011, 2011/11/0039; 28.4.2011, 2010/11/0217).

 

In diesem Sinne muss der Bf im Lichte der Wertung nach § 7 Abs. 4 FSG nachteilig angelastet und berücksichtigt werden, dass ihre Alkoholbeein­trächtigung nicht „bloß“ im Rahmen einer Verkehrskontrolle zutage trat, sondern ihre Alkoholfahrt – unbestritten – zu einem von ihr verschuldeten Verkehrsunfall mit Sachschaden geführt hat, indem sie als Fahrzeuglenkerin mit einer Straßenlaterne, dh mit einem weithin sicht- und berechenbaren Gegenstand, auf den sich ein Lenker bei der Wahl des davon einzuhaltenden Abstandes vorbereiten kann, kollidierte, wodurch Sachschaden entstand. Daraus zeigt sich deutlich die Verwerflichkeit und Gefährlichkeit von Alkoholdelikten im Straßenverkehr. Die Bf hat nicht nur eine abstrakte, sondern durch den verursachten Verkehrsunfall jedenfalls eine konkrete Gefahr für die Verkehrssicherheit dargestellt. Dieses Verhalten deutet darauf hin, dass sie nicht mehr in der Lage war, das von ihr gelenkte Fahrzeug halbwegs sicher zu beherrschen, was aufgrund der festgestellten Alkoholisierung auch nicht lebensfremd erscheint. Das zusätzliche Verschulden eines Verkehrsunfalles rechtfertigt die festgesetzte Ausweitung der Entziehungsdauer, wobei die Argumente in der Beschwerde, nämlich dass die Bf die Alkoholfahrt eigentlich nicht antreten wollte, sich durch die anrufende Freundin ablenken ließ und die Kollision mit der Straßenlaterne zugegeben hat, diesbezüglich irrelevant sind.

 

Unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände gelangt das Landesverwaltungs­gericht im Rahmen der Wertung gemäß § 7 Abs. 4 FSG zur Auffassung, dass im konkreten Fall eine Entziehungsdauer von sechs Monaten ausreicht, bis die Bf ihre Verkehrszuverlässigkeit wiedererlangt. Die in der Beschwerde beantragte Verhängung der Mindestentziehungsdauer ist aber aufgrund des verschuldeten Verkehrsunfalles nicht möglich.  

 

Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um keine Strafe, sondern um eine administrative Maßnahme zum Schutz der anderen Verkehrsteilnehmer oder sonstiger Rechtsgüter vor verkehrsunzuverlässigen KFZ-Lenkern (vgl VfGH 14.3.2003, G203/02; 11.10.2003, B1031/02; 26.2.1999, B 544/97; VwGH 18.3.2003, 2002/11/0062; 22.11.2002, 2001/11/0108; ua).

Damit war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Zu II.:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungs­gerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Mag. Bissenberger