LVwG-650497/2/Kof

Linz, 21.10.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Mag. Josef Kofler über die Beschwerde des Herrn M S, geb. 1990,
A, L, vertreten durch H N Rechtsanwälte, G, B gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 9. September 2015,  FE-853/2015, betreffend Aufforderung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.          

Gemäß § 28 Abs.1 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben und
der behördliche Bescheid aufgehoben.

 

 

II.       

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs.4 B-VG nicht zulässig.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I.

Der nunmehrige Beschwerdeführer (Bf) lenkte am 13. Juli 2015 um 22.55 Uhr einen dem Kennzeichen nach näher bestimmten Pkw auf einer näher bezeichneten Straße mit öffentlichem Verkehr in Linz.

Anlässlich einer Verkehrskontrolle wurde beim Bf die Messung der Atemluft mittels Alkomat vorgenommen, welche einen Atemluftalkoholgehalt von (niedrigster Wert) 0,42 mg/l ergeben hat.

 

Die belangte Behörde hat daraufhin mit Bescheid vom 24.07.2015, FE-750/2015 dem/den Bf gemäß näher bezeichneter Rechtsgrundlagen nach dem FSG – unter anderem § 26 leg.cit. – wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit

·      die Lenkberechtigung für die Klassen AM und B für einen Zeitraum von
1 Monat – vom 13. Juli 2015 bis einschließlich 13. August 2015 – entzogen und

·      verpflichtet, innerhalb einer näher bezeichneten Frist ein Verkehrscoaching
zu absolvieren.

 

Dieser Bescheid ist – mangels Anfechtung – in Rechtskraft erwachsen.

 

Anlässlich der gegenständlichen Amtshandlung hat der Bf – unmittelbar vor
der Anhaltung –  das Beifahrerfenster seines Pkw geöffnet und eine kleine
weiße Kugel mit 0,6 Gramm Heroin/Kokain Gemenge durch das Fenster auf
den Gehsteig geworfen. Dieses Suchtgift wurde sichergestellt.

Bei der polizeilichen Einvernahme hat der Bf angegeben, er habe im Zeitraum Anfang April bis Juli 2015 sich monatlich zirka 1 Gramm Kokain – insgesamt somit 4 Gramm – von einem Schwarzafrikaner gekauft und er habe seit
April 2015 einmal im Monat Kokain konsumiert.

Der letzte Konsum habe etwa einen Monat vor der Kontrolle stattgefunden.

 

Die belangte Behörde hat aus diesem Grund mit dem in der Präambel zitierten Bescheid den Bf gemäß § 24 Abs.4 FSG aufgefordert, sich innerhalb einer näher bezeichneten Frist gemäß § 8 FSG amtsärztlich untersuchen zu lassen.

 

Gegen diesen Bescheid hat der Bf innerhalb offener Frist eine begründete Beschwerde erhoben.

 

Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich durch seinen nach der Geschäftsverteilung zuständigen Richter (Art. 135 Abs.1 1.Satz B-VG) erwogen:

 

 

 

 

Das Verfahren zur Entziehung der Lenkberechtigung ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes insofern ein einheitliches, als die Behörde bei
der Entziehung der Lenkberechtigung sämtliche Erteilungsvoraussetzungen zu beurteilen und in diesem Zusammenhang alle bis zur Bescheiderlassung verwirklichten Umstände zu berücksichtigen hat. Waren der Behörde solche Umstände nicht bekannt, kommt unter den Voraussetzungen des § 69 Abs.3 AVG die Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen in Betracht;

VwGH vom 23.10.2001, 2001/11/0185 mit zahlreichen Judikaturhinweisen.

VwGH vom 22.03.2002, 2001/11/0342

 

Jedoch kann in den Fällen des § 26 FSG, in denen schon vom Gesetzgeber eine bestimmte Entziehungsdauer bzw. Mindestentziehungsdauer festgesetzt wird,
die Behörde nach Erlassung des Entziehungsbescheides wegen des Mangels
der Verkehrszuverlässigkeit das Entziehungsverfahren wegen des Mangels der gesundheitlichen Eignung (weiter)führen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung wegen des Fehlens dieser Erteilungsvoraussetzung entziehen.

Diese Fälle stellen demnach eine Ausnahme vom Grundsatz der Einheitlichkeit des Entziehungsverfahrens dar;

VwGH vom 08.08.2002, 2001/11/0186 mit Vorjudikatur ua.

 

Das Vorbringen des Bf in der Beschwerde hinsichtlich der „Einheitlichkeit des Entziehungsverfahrens“ trifft somit im gegenständlichen Fall nicht zu!

 

Ein Aufforderungsbescheid gemäß § 24 Abs.4 FSG ist nur dann zulässig, wenn im Zeitpunkt seiner Erlassung – im Falle einer Rechtsmittelentscheidung im Zeitpunkt der Erlassung des Erkenntnisses des LVwG – (nach wie vor) begründete Bedenken in der Richtung bestehen, dass der Inhaber der Lenkberechtigung die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen derjenigen Klassen,
die von seiner Lenkberechtigung erfasst werden, nicht mehr besitzt und ein aktuelles amtsärztliches Gutachten ohne eine neuerliche Untersuchung des Betreffenden oder ohne neue Befunde nicht erstellt werden kann.

Hierbei geht es noch nicht darum, konkrete Umstände zu ermitteln, aus denen bereits mit Sicherheit auf das Fehlen einer Erteilungsvoraussetzung geschlossen werden kann, es müssen aber genügend begründete Bedenken in der Richtung bestehen, welche die Prüfung des Vorliegens solcher Umstände geboten erscheinen lassen.

Derartige Bedenken sind im Aufforderungsbescheid nachvollziehbar darzulegen.

ständige Rechtsprechung des VwGH

z. B. Erkenntnis vom 28.06.2011, 2009/11/0095 mit Vorjudikatur.

 

Der Bf hat bei der Amtshandlung angegeben, er habe im Zeitraum

April bis Juni 2015 insgesamt ca. 4 Gramm Kokain konsumiert.

 

 

Dem Verfahrensakt ist kein Hinweis zu entnehmen, dass der Bf – nach dem letzten Konsum im Juni 2015 – den Suchtgiftkonsum fortgesetzt hätte.

 

Somit liegen Bedenken iSd § 24 Abs.4 FSG nicht vor;

VwGH vom 22.02.2007, 2004/11/0004

 

Gemäß § 28 Abs.1 VwGVG war daher der Beschwerde stattzugeben und

der behördliche Bescheid aufzuheben.

 

 

II.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung.

Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag
der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) und/oder einer außerordentlichen Revision
beim Verwaltungsgerichtshof (VwGH).

Eine Beschwerde an den VfGH ist unmittelbar bei diesem einzubringen,

eine Revision an den VwGH beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich.

Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision
müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

 

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung

einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim VwGH einzubringen.

 

 

 

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

 

 

Mag. Josef Kofler