LVwG-300507/5/KÜ/TO

Linz, 08.10.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Thomas Kühberger über die Beschwerde des Herrn W. J., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. C. R., S., S., gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 19. September 2014, GZ: SV96-109/15-2013, betreffend Zurückweisung des Antrags auf Aufhebung des Straferkenntnisses und Abweisung des Antrags auf Wiederaufnahme des Verfahrens

 

zu Recht  e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 17. März 2014, GZ: SV96-109/4-2013, wurden über den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) wegen Verwaltungsübertretungen nach § 3 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 Z 1 lit.a Ausländerbeschäftigungsgesetz fünf Geldstrafen iHv jeweils 2.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen iHv jeweils 36 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag von 1.000 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

Beschäftigung der nachstehend angeführten x bzw. x (Frau C. F., geb. x) Staatsbürger, am 08.12.2013 um 00:03  Uhr im Lokal „x" in S., F., obwohl für diese ausländischen Arbeitnehmer weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c AuslBG), eine Zulassung als Schlüsselkraft (§12 AuslBG) oder eine Entsendebewilligung (§ 18 AuslBG) erteilt oder eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs.  5 AuslBG) ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis (§ 14a AuslBG) oder einen Befreiungsschein (§§ 15 und 4c AuslBG) oder eine "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" oder einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" (§ 17 AuslBG) oder einen Niederlassungsnachweis (§ 24 AuslBG) nicht vorliegt.

 

Name der unerlaubt Beschäftigten:

C. R., geb. x

C. F., geb. x

P. C., geb. x

R. C., geb. x

V. M., geb. x

 

Die unerlaubte Beschäftigung wurde durch Strafantrag der Finanzpolizei Team 43 des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr angezeigt. Im Zuge einer Kontrolle am 08.12.2013 um 00:03 Uhr im Lokal „x" in S., F. wurden oben angeführte Personen als Prostituierte angetroffen und kontrolliert.

Da die Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Beschäftigung keine arbeitsmarkt-rechtlichen Genehmigungen vorweisen konnten, wurde das Vergehen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz zur Anzeige gebracht.

 

Diese Tat wird Ihnen als gem. § 9 Abs. 1 VStG. verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher angelastet.“

 

2. Dieses Straferkenntnis wurde dem Bf gemäß dem im Verwaltungsstrafakt einliegenden Rückschein im Wege der Hinterlegung am 21. März 2014 zugestellt.

 

Am 18. Juni 2014 erscheint der Bf laut dem im Akt einliegenden Aktenvermerk bei der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land und verkündet, dass er nicht gedenkt, die über ihn verhängte Strafe zu bezahlen, da er das Schriftstück nicht behoben habe. Die Zustelladresse wird vom Bf bestätigt. Es wird von ihm weder Ortsabwesenheit noch Krankheit/Spitalsaufenthalt vorgebracht.

 

Mit Schreiben vom 24. Juni 2014 ersuchte der Bf – mittlerweile rechtsfreundlich vertreten – um Akteneinsicht bzw. um eine Aktenkopie, da ihm eine Mahnung der Behörde bezüglich der Geldstrafe zugegangen sei, ohne dass er zuvor Kenntnis von dem zu Grunde liegenden Straferkenntnis erlangt habe.

 

Mit Beginn der Abholfrist am 26. August 2014 wurde dem Bf ein Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land hinterlegt, dass die Aufforderung zum Antritt der Ersatzfreiheitstrafe beinhaltet, da der Bf die ausständige Geldstrafe noch nicht bezahlt hat und Grund zur Annahme bestehe, dass diese unein­bringlich sei.

 

Mit Schreiben vom 3. September 2014 beantragte der Bf die Aufhebung des Straferkenntnisses der belangten Behörde sowie von Einbringungsmaßnahmen gegen ihn Abstand zu nehmen und stellte den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens unter Berufung auf § 69 Abs. 1 lit. b AVG.

 

Begründend führt der Bf dazu wörtlich Folgendes aus:

„1.) Durch das formelle in Rechtskraft erwachsene Straferkenntnis ist das Gesetz offenkundig zum Nachteil des Beschuldigten verletzt worden, zumal der Begründung des Straferkenntnisses zu entnehmen ist, dass die Behörde erste Instanz davon ausging, dass die in dem Nachtlokal „x" in S., F., Arbeit- bzw. Dienstnehmer und nicht - wie diese in einhelliger herrschender Judikatur bislang anerkannt ist - selbständige Erwerbstätige bei Ausübung der Prostitution sind.

 

Auch wenn bundesweit eine Gesetzesänderung in Bezug auf die Ausübung der Prostitution und deren Behandlung in finanztechnischer Hinsicht im Gespräch ist, ändert dies nichts daran, dass zum hier entscheidungsrelevanten Zeitpunkt 8.12.2013 für die im Straferkenntnis angeführten Personen keine Beschäfti­gungs­bewilligung, Zulassung als Schlüsselkraft oder Entsendebewilligung bzw. Anzeigebestätigung gem. § 3 Abs. 5 Ausländerbeschäftigungsgesetz erforderlich waren.

 

Bei allfälligen Zweifeln über die dazu geltende Gesetzeslage und deren Auslegung hätte es genügt, eine Anfrage bei der Landespolizeidirektion Oberösterreich oder beim Polizeikommissariat in Steyr, x, einzuholen, worauf von dieser (auch Örtlichen zuständigen) Behörde bestätigt worden wäre, dass alle Damen, die aus EU-Staaten stammen jedenfalls zur Ausübung der Prostitution berechtigt sind, aber auch solche Damen, die eine gültige Asylkarte vorweisen können und weitere Erfordernisse lediglich in der Form erbracht werden müssen, dass ein gültiger Ausweis, ein aktueller Meldezettel und ein Gesundheitsbuch mit entsprechenden nachgewiesenen wöchentlichen Kontrollen durch den Amtsarzt vorgelegt werden.

 

2.) Da der Verurteilte W. J. mangels Kenntnis von einer Aufforderung zur Stellungnahme durch die Behörde erster Instanz sich am bisherigen Verfahren nicht beteiligen konnte, haftet dem Straferkenntnis erster Instanz auch insoweit eine Rechtswidrigkeit zu Lasten des Beschuldigten an, als dieser zwar unstrittigerweise im Firmenbuch der G. GmbH - die im Übrigen im Straferkenntnis vom 17.03.2014 namentlich und in dieser Form als Dienstgeber überhaupt nicht erwähnt wurde - aufscheint, er tatsächlich aber mit dem von der genannten GmbH ausgeübten Bereich des Betriebes des Nachtlokales x in S., F., überhaupt nichts zu tun hat und in keiner Weise befasst ist.

Hinsichtlich des Lokales „x" in S. ist nämlich seit mehr als 10 Jahren bereits mit Zustimmung der zuständigen Behörde Magistrat der Stadt Steyr, Fachabteilung für Verkehrsrecht und öffentliche Sicherheit, ausschließlich und unbestrittenermaßen Frau G. J., geb. x, als verantwortliche Beauftragte unter Einhaltung der Bescheidauflagen aus dem Bescheid vom 26.03.2004, GZ: Pol-50/2004 Fe/An, zuständig!!

 

Aus den bezogenen Akten und den darin erliegenden Bescheiden vom ursprünglich 20.10.1994 und 26.03.2004 ergibt sich eindeutig und unmiss­verständlich, dass die erteilten Bewilligungen zur Ausübung der Prostitution im Objekt F., S., ausschließlich auf die Person der Antragstellerin G. J. beschränkt sind und ihre Gültigkeit mit jeglicher Änderung der Verfügungsberechtigung verlieren. Gemäß Punkt 4. des Bescheides vom 26.03.2004 hat auch Frau G. J. als ausschließliche Verfügungsberechtigte laufend den Bordellbetrieb zu überwachen und persönlich für die Aufrechterhaltung von Ruhe, Ordnung und Sicherheit beim Bordellbetrieb zu sorgen und die einschlägigen, für das Gewerbe der Prostitution geltenden sämtlichen Gesetzesbestimmungen einzuhalten.

 

Daraus folgt aber, dass eine persönliche Haftung des Beschuldigten und Antragstellers nach § 9 Abs. 1 VStG nicht Platz greift, sondern aufgrund der Verwaltungsvorschriften und unter Bedachtnahme auf § 9 Abs. 1 u. 2 VStG ausschließlich Frau G. J. als verantwortliche Beauftragte als Bescheid­adressat heranzuziehen gewesen wäre.

 

Jedenfalls wurde Letztgenannte als verantwortliche Beauftragte bestellt und als solche auch in den vorliegenden Bescheiden der zuständigen Verwaltungs­behörde Magistrat Steyr bestimmt und bestätigt.

 

3.) Wie sich aus den vorgelegten Bescheiden ergibt, wurde dort auch unmissverständlich und abschließend festgelegt, dass zwischen der Verfügungsberechtigten - dies ist selbstverständlich wiederum lediglich die Person von Frau G. J. - und den im Objekt tätigen Prostituierten ausschließlich mietrechtliche Vereinbarungen getroffen werden dürfen und insbesondere Vereinbarungen über Beteiligungen an den Einnahmen aus der Prostitution verboten sind.

 

Völlig unabhängig davon hat der Antragsteller und Beschuldigte überhaupt nie etwas mit der Führung des Betriebes „x" in S. zu tun gehabt, sondern war von Anfang an und bis zuletzt und auch heute noch nur für die Belange der Ausübung des Gastgewerbes der von ihm vertretenen juristischen Person intern zuständig und verantwortlich, wofür selbstverständlich eigene Konzessionsbescheide vorliegen.

 

Ausdrücklich releviert wird auch der Umstand, dass die angelastete, tatsächlich aber aus den oben angeführten Gründen nicht verwirklichte Verwaltungs­übertretung in S. stattgefunden hätte und damit eine Zuständigkeit des Tatortes anzunehmen gewesen wäre.

Da sohin aus den angeführten Gründen die Voraussetzungen für die amtswegige Aufhebung; / oder Abänderung des Straferkenntnisses vom 17.03.2014, Zahl: SV96-109/4-2013 beantragt und weiters beantragt, das zwischenzeitlich eingeleitete Verfahren bis zur endgültigen rechtskräftigen Entscheidung über diesen Antrag auszusetzen und von Einbringungsmaßnahmen gegen den Antragsteller Abstand zu nehmen.

 

Unter Hinweis auf § 24 VStG stellt der Einschreiter auch hiemit ausdrücklich als Eventualantrag den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens unter Berufung auf § 69 Abs. 1 lit. b AVG, da die nun vom Einschreiter beigeschafften Beweis­mittel (vorgelegte Bescheide des Magistrats der Stadt Steyr) jedenfalls geeignet gewesen wären, eine günstigere Entscheidung im früheren Verfahren herbei­zuführen und bei Kenntnis des tatsächlichen Sachverhaltes über die interne Aufteilung und Verantwortlichkeit der Geschäftsbereiche zweifellos die Behörde erster Instanz auch eine anderslautende Entscheidung getroffen hätte.

 

Die Bezug habenden neuen Beweismittel wurden dem Einschreiter auch erst vor wenigen Tagen über Betreiben seines Rechtsvertreters ausgefolgt und ist daher der Eventualantrag auch fristgerecht gestellt.

 

Diesbezüglich ist darauf zu verweisen, dass es sich gegenständlich beim Vorbringen des Antragstellers hinsichtlich der Wiederaufnahmegründe um Tatsachen und Beweismittel handelt, die zwar beim Abschluss des wieder aufzunehmenden Verfahrens schon vorhanden waren, deren Verwertung der Partei aber ohne ihr Verschulden erst nachträglich möglich wurde. Offenkundig waren diese entscheidungswesentlichen Tatsachen und Beweismittel aber auch der Behörde nicht bekannt, sodass sie im rechtskräftig durchgeführten Verfahren nicht berücksichtigt wurden.

 

Generell ist zu sagen, dass es wohl Aufgabe eines geordneten rechts staatlichen Verwaltungsverfahrens, insbesondere auch im Bereich des Verwaltungs­strafrechtes sein muss, den wahren Hintergrund und die wahren Tatsachen des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes zu ergründen und festzustellen und auf Basis der Ausschöpfung der in Betracht kommenden vorhandenen Beweismittel korrekt zu entscheiden.

 

Es sind daher sowohl die Voraussetzungen für die Wiederaufnahme des Verfahrens auf Antrag, aber auch von Amts wegen gegeben.

 

In diesem Zusammenhang wird konkret beantragt, die dem Beschuldigten zwischenzeitlich zugestellte Aufforderung vom 20.08.2014 zum Antritt der Ersatzfreiheitsstrafe ersatzlos aufzuheben, wozu einerseits auf die obigen Ausführungen und Begründungen verwiesen wird, andererseits aber auch darauf, dass aktuell die Voraussetzungen für eine derartige Aufforderung zu Lasten des Beschuldigten zweifellos im Hinblick darauf nicht gegeben sind, dass kein Grund zur Annahme besteht, die Geldstrafe wäre uneinbringlich und es müsse die Ersatzfreiheitsstrafe vollstreckt werden.

Dazu darf bemerkt werden, dass der Beschuldigte einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit nachgeht und sohin über ein Eigeneinkommen verfügt und zudem bekanntermaßen auch grundbücherlicher Eigentümer der Liegenschaft EZ x Grundbuch  W. ist, sodass von einer Uneinbringlichkeit der verhängten Geldstrafe prima facie keinesfalls ausgegangen werden kann. Die Aufforderung zum Antritt der Ersatzfreiheitsstrafe ist auch deshalb unzulässig, da bislang kein vorheriger Versuch der Eintreibung der Geldstrafe gegen den Beschuldigten unternommen wurde, sodass ein Anspruch die Ersatzfreiheitsstrafe zu vollziehen, erst gar nicht entstehen konnte. Diesbezüglich wird auf die höchstgerichtliche Judikatur verwiesen.“

 

 

3. Mit Bescheid vom 19. September 2014, GZ: SV96-109/15-2013, hat die belangte Behörde im Spruchpunkt 1. den auf § 52a VStG gestützten Antrag auf Aufhebung des Straferkenntnisses durch die Behörde erster Instanz wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und im Spruchpunkt 3. den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens als unbegründet abwiesen.

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass mit Strafantrag vom 09.12.2013, GZ:  051/10370/10/4313, die Finanzpolizei Team 43 des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr bei der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land den Verdacht einer Übertretung des § 3 Abs. 1 iVm. § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a Ausländer­beschäftigungs­gesetz (AuslBG) angezeigt habe.

Im Zuge einer Kontrolle am 08.12.2013 um 00:03 Uhr im Lokal „x" in S., F., seien fünf Personen als Prostituierte angetroffen und kontrolliert worden. Die Damen hätten Anwesenheitspflicht in der vorgegebenen Arbeitszeit gehabt und hätten freie Tage beim Kellner bekanntgeben müssen. Die Arbeit­nehmer hätten im Zeitpunkt der Beschäftigung keine arbeitsmarkt­rechtlichen Genehmigungen vorweisen können. Eine Arbeitsbewilligung für Österreich sei nicht vorgelegen.

Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 06.03.2014 sei dem Bf die gegen­ständliche Verwaltungsübertretung angelastet und die Möglichkeit geboten worden sich zu rechtfertigen.

Diese Ladung sei ordnungsgemäß zugestellt (eine Verständigung über die Hinterlegung wurde nachweislich in die Abgabeeinrichtung eingelegt) worden, der Bf habe diesen Termin jedoch nicht wahrgenommen.

Mit Straferkenntnis der BH Steyr-Land vom 17.03.2014, nachweislich zugestellt durch Hinterlegung (Zustellversuch am 20.03.2014 samt Verständigung über die Hinterlegung, Beginn der Abholfrist am 21.03.2014), an den gemeldeten Hauptwohnsitz des Bf, sei dieser wegen der Übertretung des § 3 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG zu einer Geldstrafe von insgesamt 11.000 Euro (inkl. Verfahrenskosten) verurteilt worden.

 

§ 52a VStG normiere, unter welchen Voraussetzungen rechtskräftige Bescheide von Amts wegen aufgehoben oder abgeändert werden können und § 68 Abs. 7 AVG sinngemäß gelte. In § 68 Abs. 7 AVG würde festgelegt, dass auf die Ausübung des der Behörde zuständigen Abänderungs- und Behebungsrechts niemanden ein Anspruch zustehe. § 68 Abs. 7 AVG räume damit lediglich der Behörde die Befugnis ein, in bestimmten Fällen einen rechtskräftigen Bescheid abzuändern oder beheben zu können, gewähre jedoch der Partei kein subjektives Recht auf einen solchen behördlichen Akt. Deshalb sei das gegenständliche Anbringen wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, denn über ein und dieselbe Verwaltungssache dürfe nur einmal rechtskräftig entschieden werden.

 

Zu Spruchpunkt 3. wurde ausgeführt, dass neue Tatsachen, die der Partei bis zum Ablauf der Beschwerdefrist bekannt geworden seien oder neue Beweismittel, die ihr bis dahin zur Verfügung gestanden seien, im Beschwerdeverfahren einzubringen seien. Nur Tatsachen und Beweismittel, die erst nach formellem Abschluss des Verfahrens bekanntgeworden seien, die aber schon vor dem Abschluss existent gewesen seien, könnten eine Wiederaufnahme begründen. Es gehe also im gegenständlichen Fall nicht darum, ab wann Beweismittel verwertbar seien (wie im Zuge der Eingabe vom 03.09.2014 ausgeführt), sondern ausschließlich darum, wann diese Beweismittel der Partei bekannt geworden seien.

 

Diesbezüglich stehe zweifelsfrei fest, dass dies schon vor Abschluss des Verfahrens gewesen sein müsse. Wie der Bf selbst ausführe, sei hinsichtlich des Lokals „x“ in S. seit mehr als 10 Jahren ausschließlich und unbestritten Frau G. J. zuständig gewesen. Die nunmehr angeführten Bescheide des Magistrats der Stadt Steyr seien vom 20.10.1994 bzw. 26.03.2004. Demnach werden also diese Tatsachen und Beweismittel schon vor, formellen Abschluss des Verfahrens bekannt gewesen. Zudem müsse festgestellt werden, dass es ausschließlich das Verschulden des Bf gewesen sei, dass die in der nunmehrigen Eingabe vom 03.09.2014 angeführten Beweismittel im Verfahren nicht geltend gemacht worden seien und dass die Behauptung unrichtig sei, dass der Bf sich mangels Kenntnis von der Aufforderung zur Stellungnahme durch die Behörde erster Instanz am bisherigen Verfahren nicht habe beteiligen können. In der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 06.03.2014 sei dem Bf die gegenständliche Verwaltungsübertretung angelastet worden und sei ihm die Möglichkeit geboten worden, entweder bei der Behörde zu erscheinen oder sich bis zu einem bestimmten Zeitpunkt schriftlich zu rechtfertigen. Diese Ladung sei ordnungsgemäß zugestellt worden (eine Verständigung über eine Hinterlegung sei nachweislich in der Abgabeeinrichtung eingelegt worden).

 

Am 18.06.2014 habe der Bf bei der Behörde verkündet, dass die Zustelladresse gestimmt hätte, er aber das Schriftstück nicht behoben hätte. Damit sei konkludent von ihm ausgedrückt worden, dass er von der Verständigung der Hinterlegung des Schriftstückes Kenntnis erlangt habe, dieses jedoch bewusst nicht behoben habe. Da kein Wiederaufnahmegrund vorliege, sei der Antrag als unbegründet abzuweisen gewesen.

 

4. Mit Schriftsatz vom 21. Oktober 2014 erhob der Bf – rechtsfreundlich vertreten – fristgerecht Beschwerde gegen Spruchpunkte 1. und 3. des Bescheides der belangten Behörde und beantragte die Abänderung des angefochtenen Bescheides dahingehend, dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens stattzugeben und das im Verfahren ergangene Straferkenntnis ersatzlos aufzuheben, in eventu möge der Beschwerde gegen Spruchpunkt 1. des bekämpften Bescheides Folge gegeben werden. Zudem beantragte der Bf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Landesver­waltungsgericht.

 

Begründend führt der Bf dazu Folgendes aus:

„Der Hauptbeschwerdepunkt des Rechtsmittels liegt aber darin, dass der Antrag des Beschwerdeführers auf Wiederaufnahme des Verfahrens als unbegründet abgewiesen wurde.

 

Wie die Erstbehörde zutreffend darstellt, können jedenfalls - und nicht anders ist das Vorbringen in den Anträgen des Beschuldigten vom 3.09.2014 zu verstehen - Tatsachen und Beweismittel, die erst nach formellem Abschluss des Verfahrens bekannt geworden, die aber schon vor dem Abschluss existent gewesen sind, eine Wiederaufnahme begründen.

 

Die Behörde erster Instanz knüpft an diese unstrittige Voraussetzung an und verweist in der Begründung darauf, dass es ausschließlich darum gehe, wann diese Beweismittel der Partei bekannt geworden sind. Auch dieser Begründung ist an sich beizutreten, völlig aktenwidrig und zu Unrecht vermeint die Behörde erster Instanz jedoch, dass es zweifelsfrei feststehe, dass die nun vor gelegten Beweismittels schon vor Abschluss des Verfahrens bekannt gewesen seien, ohne allerdings zunächst darzutun, wem, also welcher Person diese Beweismittel bekannt gewesen sein mussten.

 

Dazu ist grundsätzlich festzuhalten, dass Bescheide wie im gegenständlichen Fall jene des Magistrates der Stadt Steyr vom 26.03.2004 und vom 20.10.1994 natürlich der jeweiligen Bescheidadressatin, im gegenständlichen Fall also Frau G. J., und keinesfalls dem Beschwerdeführer oder damals überhaupt noch nicht existenten, geschweige denn das Lokal x betreibenden G. GesmbH zugstellt wurden.

Dies ergibt sich eindeutig aus dem historischen Firmenbuchauszug betreffend der G. GmbH und den vorgelegten Bescheiden sowie dem Geburtsdatum des Einschreiters W. J. x zum Ausstellungs­datum des Bescheides 20.10.1994, bedarf aber im Übrigen wohl keiner weit­wändigen zusätzlichen Begründung.

 

Die Behörde erster Instanz hat die diesbezüglich beantragten Verwaltungsakte des Magistrates der Stadt Steyr zu Pol-50/2004 Fe/an und Pol-139/1994, erst gar nicht beigeschafft, geschweige denn daraus die entscheidungsrelevanten Feststellungen getroffen, sondern sich vielmehr in der Begründung der Abweisung des Wiederaufnahmeantrages darauf beschränkt aktenwidrig und ohne jegliche nähere Begründung und Beweisdarlegung zu behaupten, diese Beweismittel seien dem Beschwerdeführer bereits vor Abschluss des Verfahrens bekannt geworden.

 

Dies ist schlicht und einfach unrichtig, sondern hat der Beschwerdeführer erst über Anforderung seines Rechtsvertreters nach Kenntnis vom ergangenen zwischenzeitlich in Rechtskraft erwachsenen Straferkenntnis entsprechende weitere Recherchen beim Magistrat der Stadt Steyr angestellt, um eben solcher Art allenfalls taugliche und die Richtigkeit seiner Verantwortung bestätigende Urkunden zu erhalten, die dann aber seinen Rechtsvertreter beigeschafft werden konnten. Die gegenständlichen Bescheide lagen nämlichen, was aus zeitlichen Gründen nachvollziehbar erscheint, auch seiner Mutter, Frau G. J., zu diesem Zeitpunkt nicht mehr vor bzw. waren in Verstoß geraten.

 

Dass der Beschwerdeführer die von der Behörde eingeräumte Frist zur Stellung­nahme nicht genutzt hat, hat er sich selbstverständlich als Eigenverschulden zurechnen zu lassen, es trifft ihn aber mit Sicherheit kein Verschulden daran, dass er die nun vorgelegten und ausschließlich Grundlage für den Wieder­aufnahmeantrag bildenden Bescheide samt entsprechender Aktenzahlen der Verwaltungsakte des Magistrates der Stadt Steyr erst nach Abschluss des gegenständlichen Verfahrens erster Instanz erlangt hat.

 

Wenn der Beschwerdeführer vorher keine Kenntnis von diesen Beweismitteln erlangt hatte, kann ihm auch kein Verschulden daran angelastet werden, dass er sie im Verfahren erste Instanz damals nicht geltend gemacht hat.

 

Es liegt daher sehr wohl im Sinn ständiger höchstgerichtlicher Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ein Wiederaufnahmegrund vor und ist die Beurteilung der Voraussetzungen wohl auch vor der Richtschnur zu prüfen, dass es schon im Interesse der Verwaltung insgesamt liegt, eine letztendlich rechtsrichtige Entscheidung zu treffen und nicht darum geht, eine bereits gefällte und formell in Rechtskraft erwachsene behördliche Entscheidung sozusagen mit allen Mitteln einzuzementieren.

 

Beim gegenständlichen Vorbringen des Wiederaufnahmewerbers darf ja nicht übersehen werden, dass inhaltlich releviert wird, die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung hätte aus den in den Anträgen dargelegten Gründen eben nicht den Beschwerdeführer, sondern ausschließlich Frau G. J. getroffen, sodass der Behörde erster Instanz auch die Möglichkeit der Erlassung eines neuerlichen Straferkenntnisses offen stünde, wenn dem auch das Vorliegen zahlreicher höchstgerichtlicher Entscheidungen aus dem Zivilrecht zur Selbstständigkeit von Prostituierten sowie eine über Jahrzehnte geübte Praxis der Finanz- und Polizeibehörden entgegenstehen mag.

 

Da sohin sämtliche gesetzlichen Voraussetzungen für die Bewilligung der Wieder­aufnahme des Verfahrens gem. § 69 Abs.1 Z 2 AVG vorliegen, hätte die Behörde erster Instanz dem Antrag auf Bewilligung der Wiederaufnahme stattgeben müssen.

 

Dies umso mehr, als stadtbekannt vorausgesetzt werden muss, dass der Beschwerdeführer persönlich zu keinem Zeitpunkt nach Gründung der Gaststättenbetreibe GesmbH jemals in die Führung der in S. etablierten Betriebe x und x involviert war, sondern vielmehr ausschließlich als Inhaber der Gaststättenkonzession mit der Führung der in W. betriebenen Gaststätten befasst war. Allein der Umstand der Eintragung als handels­rechtlicher Geschäftsführer entbindet die Behörde sicherlich nicht von der gesetzlich statuierten amtswegigen Pflicht zur materiellen Wahrheitsforschung und auch zur Beachtung notorisch bekannter Tatsachen und Umstände.“

 

5. Mit Schreiben vom 3. November 2014 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Verfahrensakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vor, das gemäß § 2 VwGVG durch seinen nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter zur Entscheidung berufen ist.

 

6. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht. Dem Antrag in der Beschwerde folgend hat das Landesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 9. März 2015 eine mündliche Verhandlung für den 8. April 2015 ausgeschrieben. Mit Schriftsatz vom 31. März 2015 teilte der Bf mit, dass auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet wird, zumal sich nach seiner Rechtsansicht die Aussagekraft der vorgelegten bzw. vorgebrachten Beweismittel in ihrer Gesamtheit als hinreichend erweist, um ein schlüssiges, nachvollziehbares und insgesamt plausibles Bild darzubieten. Überdies sei im gegenständlichen Fall vorrangig die Rechtsfrage zu klären, sodass eine mündliche Erörterung der entscheidungsrelevanten Aspekte zum maßgeblichen Sachverhalt als nicht erforderlich erachtet werden kann.

 

6.1. Folgender entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest:

Der Bf fungierte im Jahr 2013 als Gesellschafter und handelsrechtlicher Geschäftsführer der G. GmbH mit dem Sitz in H.,W.. Laut Firmenbuchauszug übte Frau G. J., die Mutter des Bf, ab 10.02.2011 in der genannten Gesellschaft die Funktion einer Prokuristin aus.

 

Von der G. GmbH, welche zwischenzeitig infolge eines Konkurs­verfahrens aufgelöst wurde, wurden im Jahr 2013 in W. ein Vergnügungs­etablissement unter der Bezeichnung „x“ und ein Restaurant unter dem Namen „x“ sowie am Standort F., S., der N. „x“ betrieben. Mit Bescheid des Magistrats der Stadt Steyr vom 26. März 2014, Pol‑50/2004 Fe/An, wurde dem Antrag von Frau G. J. auf Ausnahme des Objektes F., S. vom Verbot der Prostitution in Anwendung der Bestimmungen des § 2 Abs. 4 iVm § 3 lit. a Oö Polizeistrafgesetz, LGBl. 36/1979, unter Einhaltung von Bedingungen und Auflagen Folge gegeben. Frau G. J. ist Hälfteeigentümerin des Grundstücks, auf welchem das Objekt F. situiert ist.

 

Am 8. Dezember 2013 um 00:03 Uhr wurde im N. „x" in S. von Organen des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr eine Kontrolle durchgeführt und wurden neben einem Kellner sieben Ausländerinnen (Staatsangehörigkeit x, x und x), die der Prostitution im Lokal nachgegangen sind, angetroffen. Die Ausländerinnen hatten Anwesenheitspflicht während der Öffnungszeiten des Lokals von 20:00 Uhr bis 6:00 Uhr in der Früh. Freie Tage mussten die Damen beim Kellner bekannt geben. Die Damen kassierten Provision für verkaufte Getränke. Die Preise für den Liebesdienst waren fix vorgegeben, wobei der Kellner den vollständigen Betrag vom Kunden kassiert hat und täglich die Auszahlung an die Prostituierten vorgenommen hat. Der Kellner des Lokals hat in einem von ihm selbst ausgefüllten Personenblatt angegeben, dass er seit 2007 bei der G. GmbH beschäftigt ist und seine Arbeitsan­weisungen vom Bf erhält.

 

Arbeitsmarktrechtliche Papiere konnten von fünf angetroffenen Ausländerinnen (Staatsangehörigkeit x und x) den Kontrollorganen nicht vorgewiesen werden. Aus diesem Grund wurde am 9. Dezember 2013 ein Strafantrag an die belangte Behörde wegen Übertretung des Ausländerbe­schäftigungsgesetzes gestellt.

 

Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 6. März 2014 hat die belangte Behörde das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Bf wegen der Beschäftigung von fünf Ausländerinnen ohne entsprechende arbeitsmarktrechtliche Papiere eingeleitet. Die Aufforderung zur Rechtfertigung wurde nach einem Zustellversuch am 10.03.2014, bei dem eine Verständigung über die Hinterlegung in der Abgabeeinrichtung eingelegt wurde, mit Beginn der Abholfrist am 11.03.2014 hinterlegt. Diese Sendung wurde von der Zustellbasis mit dem Vermerk nicht behoben an die belangte Behörde zurückgesendet.

 

Mit Straferkenntnis vom 17.03.2014 wurden über den Bf wegen Übertretungen des § 3 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a AuslBG fünf Geldstrafen in Höhe von jeweils € 2000, im Fall der Uneinbringlichkeit jeweils Ersatzarreststrafe von 36 Stunden verhängt. Dieses Straferkenntnis wurde dem Bf im Wege der Hinterlegung mit Beginn der Abholfrist 21.03.2014, nach einem Zustellversuch am 20.03.2014, bei dem eine Verständigung über die Hinterlegung in der Abgabenentrichtung eingelegt wurde, zugestellt. Auch das Straferkenntnis wurde vom Bf nicht behoben und daher von der Zustellbasis mit dem Vermerk nicht behoben der belangten Behörde zurückgestellt.

 

Am 18.06.2014 ist der Bf aufgrund einer von der belangten Behörde ausgestellten Mahnung über die Einzahlung der verhängten Geldstrafe bei dieser erschienen und hat lautstark mitgeteilt, dass er die Strafe nicht bezahlen wird. Der Bf gab an, dass er dies nicht einsehe, da er ja die Schriftstücke nicht behoben hat. Der Bf bestätigte die angegebene Zustelladresse und sprach nicht davon, dass er zu den Zustellungszeitpunkten ortsabwesend gewesen ist.

 

6.2. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus dem Verwaltungs­akt, insbesondere den Schriftsätzen des Bf, dem Strafantrag des Finanzamtes, dem Firmenbuchauszug sowie den genannten schriftlichen Unterlagen.

Der vom Bf weiters vorgelegte Bescheid des Magistrats der Stadt Steyr vom 20.10.1994, Pol-139/1994, ist insofern im gegenständlichen Verfahren nicht relevant, zumal in diesem Bescheid die Ausnahme vom Verbot der Prostitution für das Objekt B., S., ausgesprochen wurde, welches im Verwaltungsstrafverfahren aber bedeutungslos ist.

 

 

II. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

1. Gemäß § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten.

 

Die Wiederaufnahme nach § 69 Abs. 1 AVG setzt ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren voraus (VwGH 27.5.1999, 98/11/0178). Das Wiederaufnahmeverfahren hat nicht den Zweck, allfällige Versäumnisse einer Partei in einem Ermittlungsverfahren oder die Unterlassung der Erhebung eines Rechtsmittels im Wege über die Wiederaufnahme eines Verfahrens zu sanieren (VwGH 27.6.2002, 2002/07/005). Neue Tatsachen und Beweismittel im Sinne des § 69 Abs. 1 Z 2 AVG sind nur solche, die beim Abschluss des wieder­aufzunehmenden Verfahrens schon vorhanden waren, deren Verwertung der Partei aber ohne ihr Verschulden erst nachträglich möglich wurde. Der Umstand, dass die neuen Tatsachen oder Beweismittel im früheren Verfahren nicht berücksichtigt werden konnten, darf bei der Wiederaufnahme auf Antrag nicht auf ein Verschulden der Partei zurückzuführen sein. Dabei spielt es keine Rolle, welchen Grad das Verschulden hat und ob die Partei Alleinverschulden oder nur ein Mitverschulden trifft (VwGH 30.4.1991, 89/08/0188, VwGH 8.4.1997, 94/07/0063). Konnte der Antragsteller eine Tatsache bei gehöriger Aufmerksamkeit und gebotener Gelegenheit schon im Verwaltungsstrafverfahren geltend machen, unterließ er dies aber, liegt ein ihm zuzurechnendes Verschulden vor, das eine Wiederaufnahme des Verfahrens ausschließt (VwGH 14.6.1993, 91/10/0107). Bei der Beurteilung des Verschuldens im Sinne des § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ist das Maß dafür ein solcher Grad des Fleißes und der Aufmerksamkeit, welcher bei gewöhnlichen Fähigkeiten aufgewendet werden kann (VwGH 23.9.1991, 90/10/0173).

 

2. Gemäß den im Verfahrensakt einliegenden Rückscheinen wurde sowohl die Aufforderung zur Rechtfertigung als auch das Straferkenntnis an den Bf im Wege der Hinterlegung zugestellt. Anlässlich einer Vorsprache bei der belangten Behörde am 18. Juni 2014 teilte der Bf mit, dass es sich bei der auf den Rück­scheinen ausgewiesenen Zustelladresse um seine Abgabestelle handelt, er allerdings die Schriftstücke nicht behoben hätte und daher keine Kenntnis vom Inhalt der Schriftstücke habe. Der Bf hat anlässlich seiner Vorsprache weder das Vorliegen eines Zustellmangels noch seine Ortsabwesenheit eingewendet, sondern schlichtweg behauptet, die Schriftstücke einfach nicht behoben zu haben. Insofern ist von einer rechtswirksamen Zustellung durch Hinterlegung im Sinne des § 17 Abs. 3 Zustellgesetz und nach Verstreichen der Beschwerdefrist von einem rechtskräftig abgeschlossenen Verwaltungs­strafverfahren auszugehen.

 

Wenn nunmehr der Bf seinen Wiederaufnahmeantrag darauf stützt, dass er nicht verantwortlich war für die Ausübung der Prostitution im Lokal „X“ und diesbezüglich zwei Bescheide des Magistrats der Stadt Steyr vom 26.03.2004 und vom 20.10.1994 vorlegt, so ist dem Bf zu entgegnen, dass er bei gehöriger Aufmerksamkeit bereits im Verwaltungs­strafverfahren hätte geltend machen können, dass - wie er nunmehr darstellt - die G. GmbH nicht Betreiber des Bordells „x“ gewesen ist. Wäre der Bf bereits im Verwaltungsstrafverfahren seiner gebotenen Mitwirkungspflicht nachgekommen und hätte die Aufforderung zur Rechtfertigung entsprechend beantwortet bzw. persönlich bei der belangten Behörde seine Rechtfertigung vorgebracht, hätte er zur Aufklärung beitragen können. Der Bf hat es allerdings vorgezogen, die hinterlegten Schriftstücke der belangten Behörde nicht zu beheben.

 

In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass es äußerst unglaubwürdig erscheint, dass der Bf erst aufgrund der nachträglich durch seinen Rechtsvertreter besorgten Bescheide davon Kenntnis erlangt haben soll, dass seine Mutter für den Bordellbetrieb „x“ verantwortlich ist und nicht die G. GmbH. Die diesbezüglichen Erklärungen des Bf im Rahmen seiner Schriftsätze vermögen nicht zu überzeugen. Es widerspricht jeglicher Lebenserfahrung, dass der Bf, nachdem der Bescheid bereits im Jahr 2004 ausgestellt wurde, nicht davon in Kenntnis ist, wer eigentlich für den Betrieb des Bordells verantwortlich zeichnet.

 

Da der Bf - wie erwähnt - jegliche Mitwirkung im Verwaltungsstrafverfahren unterlassen hat, ist im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass das Verhalten des Bf dem Zweck des Wiederaufnahmeverfahrens entgegensteht und dem Bf durch dieses Versäumnis ein zurechenbares Verschulden vorwerfbar ist, das der Erledigung des Wiederaufnahmeantrages im Sinne des Bf zuwiderläuft. Die belangte Behörde hat daher den Wiederaufnahmeantrag zu Recht abgewiesen, weshalb der gegenständlichen Beschwerde keine Berechtigung zukommt und somit die Entscheidung der belangten Behörde zu bestätigen war.

 

3. Diese Sachlage führt gleichzeitig zum Schluss, dass die Voraussetzungen des § 52a VStG für die Aufhebung eines Bescheides von Amts wegen, falls das Gesetz zum Nachteil des Bestraften offenkundig verletzt worden ist, im gegenständlichen Fall nicht erfüllt ist. Die vom Bf vorgelegten Unterlagen sind jedenfalls nicht geeignet, den im Strafantrag festgestellten Sachverhalt in Zweifel zu ziehen. Der Kellner des Lokals gibt an, für die G. GmbH bereits seit längerer Zeit tätig zu sein, kassiert vorerst von den Kunden der Prostituierten den fix vorgegebenen Preis für den Liebesdienst und rechnet nach Geschäftsschluss mit den Prostituierten ab. Damit bestehen keine Zweifel, dass die Ausübung der Prostitution im Lokal x unabhängig vom Inhaber der Bordellbewilligung der G. GmbH, als deren verwaltungs­strafrechtlich Verantwortlicher der Bf zum fraglichen Zeitpunkt fungierte, zurechenbar ist. In diesem Sinne war auch dem Eventualbegehren des Bf auf Aufhebung des Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides nicht zu entsprechen und auch in diesem Punkt die Entscheidung der belangten Behörde zu bestätigen.

 

 

III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art.  133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Thomas Kühberger