LVwG-411010/2/KLe/BZ

Linz, 27.10.2015

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Karin Lederer über die Beschwerde des Herrn H S, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. P R, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 26. Februar 2015, GZ: Pol96-511-2014, Pol96-513-2014, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Glücksspiel­gesetz (GSpG) den

 

B E S C H L U S S

gefasst:

 

 

I.          Die Beschwerde wird gemäß § 7 Abs. 4 iVm § 31 Verwaltungs­gerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als verspätet zurückgewiesen.

 

 

 

II.         Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit dem Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land (im Folgenden: belangte Behörde) vom 26. Februar 2015, GZ: Pol96-511-2014, Pol96-513-2014, wurden über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) Geldstrafen von 2.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 34 Stunden) pro Glücksspiel­gerät, somit insgesamt 4.000 Euro, wegen Übertretungen nach § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG, drittes Tatbild, BGBl Nr. 620/1989, idF BGBl Nr. 13/2014, verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe von 400 Euro verhängt.

 

In der Rechtsmittelbelehrung dieses Straferkenntnisses ist ausgeführt, dass der Bf gegen diesen Bescheid binnen vier Wochen nach Zustellung Beschwerde an das Verwaltungsgericht erheben könne. Die Beschwerde sei schriftlich bei der belangten Behörde einzubringen.

 

I.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die Beschwerde vom 18. September 2015, mit der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und die Einstellung des Strafverfahrens beantragt werden. Begründend wurde kurz zusammengefasst ausgeführt, dass der Bescheid der belangten Behörde per
E-Mail am 21.08.2015 an den Rechtsvertreter zugestellt worden sei und somit die Beschwerdeerhebung rechtzeitig sei. Eine rechtswirksame Zustellung des Straferkenntnisses an den Bf persönlich – wie von der belangten Behörde offenbar angenommen – sei nicht erfolgt. Der Bf werde amtsbekannt in Glücksspielangelegenheiten seit 2010 vom einschreitenden Rechtsvertreter rechtsfreundlich vertreten. Im konkreten Fall wäre überdies nachweislich bereits am 21. August 2014 ausdrücklich für den Bf die Vertretung in bezughabender Sache klar und eindeutig angezeigt worden. Die belangte Behörde hätte dieses E-Mail auch erhalten, was nicht zuletzt aus ihrem E-Mail vom 21. August 2014 hervorgehe. Eine rechtswirksame Zustellung des Straferkenntnisses sei somit – mangels Zustellung an den Rechtsvertreter – nicht erfolgt. Das Original des Straferkenntnisses sei dem rechtsfreundlichen Vertreter bis heute nicht zugegangen. Wenn überhaupt, sei eine rechtswirksame Zustellung erst per
E-Mail am 21. August 2015 erfolgt, wobei auch dies fraglich sei. Weiters wäre der per E-Mail am 21.08.2015 zugestellte Bescheid nicht unterfertigt und würde sohin ein „Nicht-Bescheid“ vorliegen. Dass das Dokument tatsächlich amtssigniert worden wäre, sei nicht ersichtlich. Im Übrigen wurde begründend ausgeführt dass der Bf die ihm angelastete Tat nicht zu verantworten hätte. Weiters sei die Tatanlastung unschlüssig und genüge nicht den Konkretisierungserfordernissen nach § 44a VStG. Zudem könne den erhobenen Einsatzmöglichkeiten folgend ein Eingriff in das Glücksspielmonopol des Bundes denkunmöglich vorliegen. Auch sei die verhängte Strafe bei weitem überhöht. Abschließend wurden ausführliche unionsrechtliche Bedenken gegen das GSpG vorgebracht.

 

I.3. Mit Schreiben vom 23. September 2015 übermittelte die belangte Behörde unter gleichzeitiger Vorlage der Beschwerde den bezughabenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidungsfindung. Dieses hat gemäß § 2 VwGVG durch Einzelrichter zu entscheiden.

 

 

II.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Eine öffentliche mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG, da die Beschwerde zurückzuweisen ist.

 

II.2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung – in Ergänzung zu I.1. und I.2. – von folgendem relevanten Sachverhalt aus:

 

Das angefochtene Straferkenntnis wurde nach dem aktenkundigen Zustellnach­weis (RSb-Rückschein) nach einem erfolglosen Zustellversuch am  2. März 2015 hinterlegt. Der Beginn der Abholfrist wurde auf dem Rückschein mit 3. März 2015 vermerkt. Der Verständigungsnachweis über die Hinterlegung des Straferkennt­nisses wurde in die Abgabeeinrichtung bei der Wohnung des Bf (Abgabestelle iSd § 2 Z 4 ZustG) eingelegt.

 

Mit E-Mail vom 18. August 2015 teilte die belangte Behörde dem Rechtsvertreter aufgrund seiner telefonischen Anfrage mit, dass eine Vollmacht seinerseits im gegenständlichen Akt nicht aufliege und ersuchte die belangte Behörde diese zu übermitteln.

 

Mit E-Mail vom 19. August 2015 teilte der rechtsfreundliche Vertreter mit, dass er den Bf seit 2010 ständig rechtsfreundlich in Glücksspielangelegenheiten vertrete. Erst seit kurzem hätte teilweise Kollege Dr. M Angelegenheiten für Herrn S erledigt. Der Rechtsvertreter würde sich diesbezüglich auf die erteilte Bevollmächtigung berufen und hätte er die Vollmacht in Glücksspiel­angelegenheiten seit 2010. Er ersuche daher um Zustellung des Bescheides.

Am 21. August 2015 wurde per E-Mail dem Rechtsvertreter eine Kopie des Bescheides übermittelt.

 

II.3. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus den im Akt aufliegenden Unterlagen.

 

 

III. Erwägungen des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich:

 

III.1. Gemäß § 7 Abs. 4 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG vier Wochen.

 

§ 17 Abs. 1 Zustellgesetz (ZustG) normiert eine Verpflichtung des Zustellers, das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen, wenn das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden kann und der Zusteller Grund zur Annahme hat, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält.

 

Der Empfänger ist von der Hinterlegung schriftlich zu verständigen (§ 17 Abs. 2 ZustG). Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

 

§ 17 Abs. 3 leg. cit. zufolge ist das hinterlegte Dokument mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

 

Gemäß § 10 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) können sich die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte natürliche Personen, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen. Bevollmächtigte haben sich durch eine schriftliche, auf Namen oder Firma lautende Vollmacht auszuweisen. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk. Schreitet eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person ein, so ersetzt die Berufung auf die ihr erteilte Vollmacht deren urkundlichen Nachweis.

Nach Abs. 2 richten sich Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis nach den Bestimmungen der Vollmacht; hierüber auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Die Behörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung des § 13 Abs. 3 von Amts wegen zu veranlassen.

 

III.2. Eine Vollmacht kann für bestimmte Teile eines Verfahrens (spezielle Vollmacht) oder für das gesamte Verfahren (allgemeine Vollmacht) erteilt werden (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG2 § 10 Rz 17 [Stand 01.01.2014, rdb.at] mwN.). Nach stRsp des Verwaltungsgerichtshofes bezieht sich aber auch eine allgemeine Vertretungsbefugnis nur auf das jeweilige Verfahren, in dem sich der Bevollmächtigte ausgewiesen oder auf seine Vollmacht berufen hat (vgl. VwGH 08.05.2003, 2001/06/0134; 28.08.2008, 2008/22/0607). Selbst eine in einem Verfahren vorgelegte Vollmacht zur Vertretung „in allen Angelegenheiten“ reicht allein nicht für die Schlussfolgerung aus, eine Partei wolle sich auch in weiteren Rechtssachen eines bestimmten Vertreters bedienen (so bereits VfSlg 6474/1971 sowie VwGH 27.01.2011, 2009/03/0163).

 

Nach der Rsp des VwGH ist für die Beurteilung der Frage, ob eine Vollmacht auch für andere Verfahren über bereits schwebende oder erst später anhängig werdende Rechtsangelegenheiten als erteilt anzusehen ist, entscheidend, dass ein so enger Verfahrenszusammenhang besteht, dass von derselben Angelegen­heit oder Rechtssache gesprochen werden kann (vgl. VwGH 24.05.2012, 2011/03/0127). In seiner Entscheidung vom 26.03.2004, 2004/02/0038 beispielsweise hat das Höchstgericht einen so engen Verfahrenszusammenhang zwischen dem Strafverfahren, das Anlass für die Entziehung der Lenkberech­tigung gewesen ist, und dem zuletzt genannten Entzugsverfahren verneint.

 

Sofern kein derartiger Zusammenhang besteht, kommt es darauf an, ob eine Parteienerklärung vorliegt, die so gedeutet werden kann, dass auch das jeweilige weitere oder bestimmte andere Verfahren von der Vertretungsbefugnis des Bevollmächtigten erfasst sein soll (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG2 § 10 Rz 18 [Stand 01.01.2014, rdb.at] mwN.). Zu beachten ist dabei, dass nach der strengen Rsp des VwGH die Entscheidung, ob von einer schon beigebrachten Vollmacht auch in anderen Verfahren Gebrauch gemacht wird, allein der Partei und ihrem Vertreter überlassen bleibt und daher in dem jeweiligen anderen Verfahren gegenüber der Behörde unmissverständlich (zB. dadurch, dass die Partei auf eine in einem bestimmten früheren Verfahren ausgewiesene unbeschränkte Vollmacht verweist) zum Ausdruck gebracht werden muss (vgl. VwGH 28.08.2008, 2008/22/0607; 29.05.2013, 2011/22/0130).

 

III.3. Verfahrensgegenständlich hat der einschreitende Rechtsanwalt im Beschlagnahmeverfahren (bei der belangten Behörde geführt unter GZ Pol01-61-7-2014) die Vollmacht zur Vertretung des Bf vorgelegt. Jedoch ist in Zusammenschau mit der zitierten Judikatur bei einem Beschlagnahme- und einem Verwaltungsstrafverfahren von keinem so engen Verfahrenszusammen­hang auszugehen, dass von derselben „Sache“ gesprochen werden kann. Daran ändert auch das Vorbringen, dass der Bf amtsbekannt in Glücksspielangelegen­heiten seit 2010 vom Rechtsvertreter vertreten werde, nichts. Zumal der rechtsfreundliche Vertreter in seiner E-Mail vom 19. August 2015 selbst ausführt, dass der Bf teilweise auch von Rechtsanwalt Dr. M. vertreten werde.

Weder der Bf noch der einreitende Rechtsvertreter haben im verfahrensgegen­ständlichem Verwaltungsstrafverfahren der belangten Behörde gegenüber zum Ausdruck gebracht, dass sich die im Beschlagnahmeverfahren erteilte Vollmacht auch auf das Verwaltungsstrafverfahren bezieht.

 

Zum Zeitpunkt der Zustellung des Straferkenntnisses war der Bf somit nicht anwaltlich vertreten.

 

Bezüglich der Zustellung an den Bf sind Zustellmängel weder aus der Aktenlage ersichtlich, noch wurden solche geltend gemacht. Der vorliegende Zustellnach­weis als öffentliche Urkunde erbringt den Beweis dafür, dass der Zustellvorgang vorschriftsgemäß erfolgt ist. An der Rechtmäßigkeit dieses Zustellvorganges bestehen keine Zweifel.

 

Das Straferkenntnis gilt gemäß § 17 Abs. 3 dritter Satz ZustellG daher mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wurde, das war der 3. März 2015 (Dienstag, kein Feiertag), als rechtswirksam zugestellt und es begann mit diesem Tag die gesetzliche und unabänderliche Frist von 4 Wochen zu laufen. Bei Rechtsmittelfristen handelt es sich um gesetzliche Fristen, deren Verkürzung oder Verlängerung einer Behörde oder einem Gericht nicht zusteht.

Letzter Tag für die Einbringung (Postaufgabe) des Rechtsmittels war gemäß § 32 Abs. 2 AVG der 31. März 2015 (Dienstag, kein Feiertag).

 

Auf die Rechtsmittelfrist von 4 Wochen wurde in der Rechtsmittelbelehrung des Straferkenntnisses zutreffend und ausdrücklich hingewiesen. Die mit 18. September 2015 datierte Beschwerde wurde somit trotz ordnungsgemäßer Rechtsmittelbelehrung deutlich nach Ablauf der Rechtsmittelfrist – und somit verspätet – eingebracht.

 

III.4. Im Ergebnis war die Beschwerde als unzulässig – da verspätet – zurück­zuweisen. Auf das Sachvorbringen des Bf war somit nicht weiter einzugehen, zumal das angefochtene Straferkenntnis wegen des Ablaufes der Rechts­mittelfrist in Rechtskraft erwachsen und damit inhaltlich keiner weiteren Erörterung zugänglich ist.

 

 

IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art.  133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Karin Lederer

Beachte:

Die Revision wurde zurückgewiesen.

VwGH vom 8. April 2016, Zl.: Ra 2016/17/0072-3