LVwG-490010/5/HW LVwG-490011/5/HW

Linz, 14.09.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Mag. Dr. Wiesinger über die Beschwerden der D J Betriebsgesellschaft mbH, W, A, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. F M, gegen die Bescheide der Bezirks­hauptmannschaft Vöcklabruck vom 12.5.2015, Pol96-100-2-2015, und vom 21.5.2015, Pol96-100-4-2015, jeweils wegen einer Zwangsstrafe nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird den Beschwerden stattgegeben und es werden die angefochtenen Bescheide aufgehoben.

 

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 27.4.2015 wurde die gänzliche Schließung des Betriebes mit der Bezeichnung „E G D J“ in A, W, angeordnet. Gleichzeitig wurde für den Fall der Wiederaufnahme des Betriebes die Verhängung einer Beugestrafe angedroht.

 

Mit dem angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 12.5.2015, Pol96-100-2-2015, wurde über die D J Betriebsgesellschaft mbH („Bf“) eine Zwangsstrafe über € 8.000,00 mit der Begründung verhängt, dass das Lokal trotz des vollstreckbaren Betriebs­schließungsbescheides geöffnet hatte und sohin die bescheidmäßige Verpflichtung zur Unterlassung der Wiederaufnahme des Betriebes nicht erfüllt wäre. Gleichzeitig wurde eine weitere Zwangsstrafe angedroht. Mit dem ange­fochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 21.5.2015, Pol96-100-4-2015, wurde über die Bf eine weitere Zwangsstrafe über
€ 15.000,00 mit der Begründung verhängt, dass das Lokal trotz des vollstreck­baren Betriebsschließungsbescheides geöffnet hatte.

 

I.2. Gegen die Verhängung der Zwangsstrafen wurden Beschwerden erhoben, in denen die Aufhebung der angefochtenen Bescheide beantragt wurde.

 

I.3. Mit Schreiben vom 10.7.2015 übermittelte die belangte Behörde unter gleichzeitiger Vorlage der Beschwerden die bezughabenden Verwaltungsakte.

 

I.4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in diese Verwaltungsakte sowie in den die gleichen Verfahrens­parteien betreffenden Akt LVwG-410829. Von der Durchführung einer münd­lichen Verhandlung konnte abgesehen werden, da bereits auf Grund der Akten­lage feststeht, dass die mit Beschwerde angefochtenen Bescheide aufzuheben sind (vgl. § 24 Abs. 2 Z. 1 VwGVG).

 

I.4.1. Das Landesverwaltungsgericht geht von folgendem für die Entscheidung wesentlichen Sachverhalt aus:

 

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 27.4.2015 wurde die gänzliche Schließung des Betriebes mit der Bezeichnung „E G D J“ in A, W, angeordnet. Mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 4.9.2015, LVwG-410829/12/HW, wurde der diese Betriebsschließung anordnende Bescheid aufgehoben.

 

I.4.2. Der unter Punkt I.1. bis I.3. dargestellte Verfahrensverlauf bzw. der unter Punkt I.4.1. festgestellte Sachverhalt ergeben sich widerspruchsfrei aus den in den Akten aufliegenden Unterlagen.

 

I.5. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

Gemäß § 5 Abs. 1 Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 – VVG, BGBl
Nr. 53/1991, zuletzt geändert durch BGBl I Nr. 3/2008, wird die Verpflichtung zu einer Duldung oder Unterlassung oder zu einer Handlung, die sich wegen ihrer eigentümlichen Beschaffenheit nicht durch einen Dritten bewerkstelligen lässt, dadurch vollstreckt, dass der Verpflichtete von der Vollstreckungsbehörde durch Geldstrafen oder durch Haft zur Erfüllung seiner Pflicht angehalten wird.

 

Voraussetzung für eine Vollstreckung nach den Bestimmungen des VVG ist, dass ein entsprechender Titelbescheid vorliegt, dass dieser gegenüber dem Verpflichteten wirksam geworden ist und dass der Verpflichtete seiner Verpflichtung innerhalb der festgesetzten Frist und bis zur Einleitung des Vollstreckungsverfahrens nicht nachgekommen ist (VwGH 28.04.1992, 92/07/0027 mwN). Die Aufhebung eines verwaltungsbehördlichen Bescheides bewirkt, dass ein inzwischen eingeleitetes Vollstreckungsverfahren unter Umständen nicht mehr fortgesetzt werden darf bzw. dass die in einem solchen Verfahren gesetzten behördlichen Handlungen die Eigenschaft von Vollstreck­ungshandlungen verlieren (VwGH 28.04.1992, 92/07/0027). Der nachträgliche Wegfall des Titelbescheides macht dessen Vollstreckung unzulässig
(vgl. VwGH 28.04.1992, 92/07/0027; Larcher, Vollstreckung im Verwaltungsrecht Rz 128; Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10 Rz 1294;
Hengst­schläger/Leeb, AVG, § 66 AVG
Rz 107). Das Verwaltungsgericht hat seiner Entscheidung jenen Sachverhalt zu Grunde zu legen, der im Zeitpunkt der Erlassung der Entscheidung besteht
(vgl. Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungs­verfahrensrecht10 Rz 836).

 

Durch die (bereits erfolgte) Aufhebung des Titelbescheides durch das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich (LVwG-410829/12/HW) ist die (weitere) Vollstreckung des (aufgehobenen) Titelbescheides unzulässig. Die verfahrensgegenständlichen Zwangsstrafen stellen im Übrigen auch keine vor der Aufhebung des Titelbescheides abschließend erledigten Maßnahmen der Zwangsvollstreckung dar, da hinsichtlich dieser Zwangsstrafen die gegens­tändlichen Rechtsmittelverfahren anhängig sind, in denen gerade (erstmals) über die Rechtsrichtigkeit der Zwangsstrafen zu befinden ist. Aufgrund des im Zeitpunkt der Erlassung des gegenständlichen Erkenntnisses vorliegenden (nachträglichen) Wegfalls des Titelbescheides ist dessen weitere Vollstreckung unzulässig, sodass die auf diesem Titelbescheid basierenden Verhängungen von Zwangsstrafen aufzuheben waren.

 

I.6. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

II. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum (nachträglichen) Wegfall eines Titelbescheides ab (vgl. etwa VwGH 28.04.1992, 92/07/0027).

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

 

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Dr. Wiesinger