LVwG-600887/7/MB/Bb

Linz, 19.10.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter            Dr. Markus Brandstetter über die Beschwerde des A G K, geb. 1974, S,  D, vom 12. Mai 2015 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 27. April 2015, GZ VerkR96-865-2015, wegen Übertretung des § 24 Abs. 1 lit. a Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 25. August 2015,

 

zu Recht  e r k a n n t :

 

 

I.          Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 Z 1 VStG eingestellt.

 

II.         Gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG hat der Beschwerdeführer weder einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens noch einen Kostenbeitrag zum behördlichen Verfahren zu leisten (§ 66 Abs. 1 VStG).

 

III.        Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

I.

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding (im Folgenden: belangte Behörde) hat A G K (Beschwerdeführer - im Folgenden: Bf) mit Straferkenntnis vom 27. April 2015, GZ VerkR96-865-2015, die Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 24 Abs. 1 lit. a StVO vorgeworfen und über ihn gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO eine Geldstrafe in Höhe 40 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 14 Stunden, verhängt. Weiters wurde der Bf von der belangten Behörde gemäß § 64 VStG zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 10 Euro verpflichtet.

 

Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zugrunde (auszugsweise Wiedergabe):

 

„Sie haben im Bereich des Vorschriftszeichens „Halten und Parken verboten“ mit den Zusatztafeln „ausgenommen Ladetätigkeit“ und „Feuersicherheitszone“ gehalten. Während der angeführten Zeit wurde keine Ladetätigkeit durchgeführt.

 

Tatort: Stadtgebiet Schärding, Ludwig-Pfliegl-Gasse, gegenüber Haus Nr. x.

Tatzeit: 25.12.2014, 20:40 bis 22:30 Uhr.

Fahrzeug:

Kennzeichen SD-…., PKW, Ford Focus 1,8 TDDI, blau.“

 

Ihre Entscheidung stützte die belangte Behörde auf die dienstliche Wahrnehmung eines Organs der Polizeiinspektion Schärding und dessen zeugenschaftliche Aussage im behördlichen Verfahren, anlässlich der der meldungslegende Beamte einen Ablesefehler des Kennzeichens ausschloss. Die verhängte Geldstrafe wurde unter Hinweis auf § 19 VStG, der bisherigen Unbescholtenheit des Bf, dem Nichtvorliegen von Erschwerungsgründen sowie den persönlichen Verhältnissen des Bf begründet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis, zugestellt am 4. Mai 2015, richtet sich die vorliegende mit Schriftsatz vom 12. Mai 2015 rechtzeitig eingebrachte Beschwerde, in welcher die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Aufhebung des Straferkenntnisses begehrt wurde.

 

Verkürzt bringt der Bf im Wesentlichen vor, dass dem Anzeigenleger beim Ablesen des Kennzeichens ein Fehler unterlaufen sein müsse, da sich sein Pkw zur Tatzeit zuhause befunden habe. Weder er selbst noch jemand anderer habe den Pkw damals verwendet. Darüber hinaus erläutert er, dass es sich bei seinem Pkw nicht wie am Verständigungszettel vom Meldungsleger vermerkt, um einen schwarzen Ford Fiesta, sondern um einen blauen Ford Focus handle.

 

3. Die belangte Behörde hat die Beschwerde dem Landesverwaltungsgericht mit Vorlageschreiben vom 18. Mai 2015 unter Anschluss des Verwaltungsstrafaktes GZ VerkR96-865-2015 zur Entscheidung vorgelegt, ohne eine Beschwerdevorentscheidung zu fällen.   

 

Mit der Aktenvorlage wurde die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung begründet (Art. 130 Abs. 1 Z 1 iVm Art. 131 Abs. 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.

 

 

II.

 

1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt und das Beschwerdevorbringen.

 

Zusätzlich wurde am 25. August 2015 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, zu welcher der Bf und der meldungslegende Polizeibeamte GI G S von der Polizeiinspektion Schärding als Zeuge geladen wurden, teilgenommen haben und zum Sachverhalt gehört und befragt wurden. Die geladene belangte Behörde ist der Verhandlung entschuldigt ferngeblieben.

 

2. Das Landeverwaltungsgericht geht bei seiner Entscheidung von folgendem relevanten Sachverhalt aus:

 

GI G S von der Polizeiinspektion Schärding stellte laut Anzeige vom 30. Dezember 2014, GZ VStV/914100603102/001/2014, am 25. Dezember 2014 in Ausübung seines Dienstes fest, dass der Pkw mit dem behördlichen Kennzeichen SD-… in der Zeit zwischen 20.40 bis 22.30 Uhr in der Innenstadt von Schärding auf der Ludwig-Pfliegl-Gasse gegenüber Objekt  Nr. x im Bereich des dortigen Halte- und Parkverbotes mit den Zusatztafeln „ausgenommen Ladetätigkeit“ und „Feuersicherheitszone“ abgestellt war. Während dieses Zeitraumes wurde keinerlei Ladetätigkeit vorgenommen.

 

Der Meldungsleger hinterließ am Fahrzeug einen sogenannten Verständigungs-zettel. Im Verfahrensakt findet sich eine Durchschrift dieser Verständigung, woraus ersichtlich ist, dass die Marke/Type des Tatfahrzeuges mit Ford Fiesta und die Farbe des Pkw mit schwarz angegeben wurde.

 

Nach Auskunft des Kennzeichenzentralregisters ist der Bf Zulassungsbesitzer des Pkw mit dem Kennzeichen SD-…. Laut Fahrzeugdaten handelt es sich bei diesem Pkw um einen Ford Focus 1,8 TDDI, blau.

 

Im Rahmen des Verwaltungsstrafverfahrens wegen Verstoßes gegen § 24 Abs. 1 lit. a StVO wandte der Bf einen Ablesefehler des Kennzeichens ein und  behauptete, dass sein Pkw mit dem Kennzeichen SD-… zur fraglichen Tatzeit bei ihm zuhause abgestellt gewesen sei. Der Meldungsleger schloss anlässlich seiner zeugenschaftlichen Vernehmung vor der belangten Behörde einen Ablesefehler des Kennzeichens jedoch aus.

 

Im Beschwerdeverfahren berief sich der Bf erneut auf einen Ablesefehler. Er bekräftigte abermals, dass das inkriminierte Tatfahrzeug am Tattag bei ihm zuhause gestanden sei und er die ihm vorgeworfene Tat daher nicht begangen habe. Auch seine Frau habe den Pkw nicht verwendet, da sie zu diesem Zeitpunkt in Wien aufhältig gewesen sei.

 

Der meldungslegende Polizeibeamte gab in der mündlichen Verhandlung nunmehr explizit an, nicht ausschließen zu können, sich beim Ablesen des Kennzeichens geirrt zu haben. Vor allem nachts sei es sehr schwierig Farbe und genaue Type eines Fahrzeuges festzustellen.

 

3. In freier Beweiswürdigung ist zum strittigen Beweisthema, ob der auf den Bf zugelassene Pkw mit dem Kennzeichen SD-… tatsächlich am 25. Dezember zwischen 20.40 und 22.30 Uhr am angezeigten Tatort abgestellt war, Folgendes anzumerken:

 

Der Meldungsleger ist nach Eindruck des erkennenden Richters des Landesverwaltungsgerichtes ein sehr versierter Polizeibeamter, der mit der Überwachung des ruhenden Verkehrs bestens betraut ist und dem aufgrund seiner Erfahrung und Ausbildung durchaus zuzubilligen ist, das Kennzeichen eines im Stillstand befindlichen Kraftfahrzeuges richtig abzulesen. Unabhängig davon, ist dennoch nicht auszuschließen, dass ihm in der gegenständlichen Situation, insbesondere aufgrund der zur Vorfallszeit vorherrschenden Dunkelheit, hinsichtlich des Erkennens des Kennzeichens ein Irrtum, allenfalls auch ein Schreibfehler beim Notieren, unterlaufen sein könnte, schloss er doch anlässlich seiner Befragung vor dem Landesverwaltungsgericht einen Kennzeichenirrtum nicht mehr aus. Hinzu tritt, dass es auch die am Verständigungszettel angegebenen Fahrzeugdaten durchaus nicht unwahrscheinlich erscheinen lassen, dass tatsächlich ein Ablesefehler des Kennzeichens vorliegt. Immerhin korrespondiert die darin vermerkte Farbe schwarz nicht mit der tatsächlichen Fahrzeugfarbe blau und als Fahrzeugmarke/-type wurde ein Ford Fiesta angeführt, während es sich beim Pkw des Bf um einen Ford Focus handelt.

 

Darüber hinaus hinterließ der Bf im Rahmen der mündlichen Verhandlung einen glaubwürdigen Eindruck und trat überzeugend auf. Er verantwortete sich im gesamten Verfahren von Anbeginn an im Ergebnis inhaltsgleich und legte auch anlässlich der Beschwerdeverhandlung abermals in sachlicher überzeugender Weise dar, dass der Pkw zur vermeintlichen Tatzeit nicht an der angegebenen Örtlichkeit, sondern bei ihm zuhause abgestellt gewesen sei. Durchaus realitätsnah ergänzte er noch ausdrücklich, ausschließen zu können, dass der Pkw zum damaligen Zeitpunkt von seiner Frau verwendet wurde. 

 

Angesichts der aufgezeigten Umstände und des schlüssig getätigten Vorbringens des Bf war daher letztlich seiner Verantwortung zu folgen.

 

 

 III.

 

1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht hierüber erwogen:

 

1.a) Die hier maßgebliche Rechtsnorm der StVO lautet:

 

„§ 24. Halte- und Parkverbote

 

(1) Das Halten und das Parken ist verboten:

a) im Bereich des Vorschriftszeichens „Halten und Parken verboten“ nach Maßgabe der Bestimmungen des § 52 Z 13 b.“

 

1.b) Aufgrund des Ergebnisses des durchgeführten Beweisverfahrens anlässlich der öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung ist - vgl. insbesondere Punkt II. 3. - nicht gesichert, dass der auf den Bf zugelassene Pkw, Kennzeichen SD-… tatsächlich zur fraglichen Tatzeit am 25. Dezember 2014 im Zeitraum von 20.40 bis 22.30 Uhr im beschilderten Halte- und Parkverbot in Schärding, auf der Ludwig-Pfliegl-Straße gegenüber Objekt Nr. x abgestellt war. Es kann damit nicht mit einer zur Bestrafung des Bf führenden Sicherheit der Nachweis erbracht werden, dass er eine Verwaltungsübertretung gemäß § 24 Abs. 1 lit. a StVO zu verantworten hat.

 

Aus diesem Grunde war der Beschwerde stattzugeben und das Verwaltungsstrafverfahren nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" zugunsten des Bf gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG einzustellen.

 

2. Aufgrund der Einstellung des Strafverfahrens entfällt gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG die Verpflichtung des Bf zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens als auch gemäß § 66 Abs. 1 VStG zur Bezahlung von Verfahrenskostenbeiträgen für das Verfahren vor der belangten Behörde.

 

 

IV.

 

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

Für den Bf ist die Möglichkeit zur Revisionserhebung gemäß § 25a Abs.4 VwGG ex lege ausgeschlossen.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde/der revisionslegitimierten Formalpartei die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

 

Dr.  Markus  B r a n s t e t t e r