LVwG-180001/4/MK

Linz, 27.10.2015

B E S C H L U S S

gefasst:

 

I. Dem Gemeinderat der Gemeinde T (als Abgabenbehörde) wird gemäß § 284 Abs.2 BAO aufgetragen, über die Berufung der Frau P F vertreten durch Mag. H F bis längstens 31.12.2015 zu entscheiden und eine Abschrift des Bescheides anher vorzulegen oder innerhalb dieser Frist anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungsfrist nicht oder nicht mehr vorliegt.

 

II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. Sachverhalt, bisheriger Verfahrensverlauf:

 

I.1. Mit Bescheid der Gemeinde T (als Abgabenbehörde) vom 18.08.2006, GZ. 031/171/2001-2270, wurde auf der Grundlage des § 28 Oö. ROG 1994 für das als Bauland ausgewiesene, unbebaute und durch die gemeindeeigene Kanalisationsanlage erschlossene Gst.Nr. X, KG E, ein jährlicher Erhaltungsbeitrag [Anm.: für die Abwasserentsorgungsanlage] vorgeschrieben. In diesem Bescheid wurden die Bemessungsgrundlage und Erhaltungsbetrag ausgewiesen.

 

I.2. Mittels Lastschriftanzeige vom 23.01.2015 wurde Frau P F (in der Folge: Bf) der Erhaltungsbeitrag für das 1. Quartal 2015 in der Höhe von 45,- Euro mit Fälligkeitsdatum vom 16.02.2015 vorgeschrieben.

 

I.3. Am 10.02.2015 erhob der Gatte der Bf in deren Namen Berufung gegen diese Lastschriftanzeige und begründete diese im Wesentlichen damit, dass – obwohl sich eine große Anzahl von Grundstücken im Bereich der Kanalisationsanlage befinden würde – nur die als Bauland gewidmeten Flächen zur Beitragsleistung herangezogen würden. Dies widerspreche dem Gleichheitsgrundsatz und der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach der Erhaltungsbeitrag eben für die Erhaltung der Anlagen zu leisten sei und es nicht einzusehen sei, weshalb Landwirte keinen Beitrag zur Erhaltung von Ver- und Entsorgungsleitungen leisten sollten.

 

Es würde die Aufhebung der Lastschriftanzeige sowie die Herstellung eines dem Gleichheitssatz entsprechenden Zustandes beantragt.

 

I.4. Mit Schreiben vom 24.02.2015, GZ. 920/FR, wurde der Bf mitgeteilt, dass die Lastschriftanzeige auf der Grundlage eines seit dem Jahr 2006 rechtskräftigen Bescheides erfolgt sei, welcher sich auf § 28 Oö. ROG 1994 stützen würde. Die Bf sei Eigentümerin des Gst.Nr. X, KG E, welches im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan als Bauland gewidmet sei. Es bestehe daher Beitragspflicht. Um Überweisung des offenen Betrages würde gebeten.

 

I.5. Mit Schriftsatz vom 23.09.2015 erhob die Bf Säumnisbeschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und widerholte dabei, neben der Behauptung der Säumnis, das Berufungsvorbringen.

 

Seitens des BVwG wurde die Beschwerde am 01.10.2015 zuständigkeitshalber an das Landesverwaltungsgericht Oö. weitergeleitet.

 

I.6. Nach Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsakt und Beischaffung des für die Lastschriftanzeige maßgeblichen Titelbescheides vom 18.08.2006, GZ. 031/171/2001-2270, steht der oben dargestellt Sachverhalt in seinem entscheidungsrelevanten Umfang fest.

 

 

II. Für die Beurteilung der hier relevanten Rechtsfragen sind insbesondere nachstehende Bestimmungen zu berücksichtigen:

 

Gemäß § 284 Abs.1 kann die Partei wegen Verletzung der Entscheidungspflicht Beschwerde (Säumnisbeschwerde) beim Verwaltungsgericht erheben, wenn ihr Bescheide der Abgabenbehörden nicht innerhalb von sechs Monaten nach Einlangen der Anbringen oder nach dem Eintritt zur Verpflichtung zu ihrer amtswegigen Erlassung bekanntgegeben (§ 97) werden. Hiezu ist jede Partei befugt, der gegenüber der Bescheid zu ergehen hat.

Nach Abs.2 hat das Verwaltungsgericht der Abgabenbehörde aufzutragen, innerhalb einer Frist von bis zu drei Monaten ab Einlangen der Säumnisbeschwerde zu entscheiden und gegebenenfalls eine Abschrift des Bescheides vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht oder nicht mehr vorliegt. Die Frist kann einmal verlängert werden, wenn die Abgabenbehörde das Vorliegen von in der Sache gelegenen Gründen nachzuweisen vermag, die eine fristgerechte Entscheidung unmöglich machen. Wird der Bescheid erlassen oder wurde er vor Einleitung des Verfahrens erlassen, so ist das Verfahren einzustellen.

Gemäß Abs.3 geht die Zuständigkeit zur Entscheidung erst dann auf das Verwaltungsgericht über, wenn die Frist (Abs. 2) abgelaufen ist oder wenn die Abgabenbehörde vor Ablauf der Frist mitteilt, dass keine Verletzung der Entscheidungspflicht vorliegt.

[…]

 

 

III. Das Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

II.1. Auf Grund der zwingenden Anordnung des § 284 Abs.2 BAO kann im derzeitigen Verfahrensstadium eine Sachentscheidung durch das LVwG nicht ergehen.

 

III.2.1. Unabhängig von den nachstehenden Ausführungen hat die Bf – da es sich bei der von ihr eingebrachten Berufung um einen (ausreichend konkretisierten und begründeten) Antrag handelt – ein formelles Recht auf (fristgerechte) Erledigung. Insoweit kommt der Bf in jedem Fall Parteistellung zu.

 

III.2.2. Zu klären ist im Verfahren die Frage der Zulässigkeit eines derartigen Rechtsmittelantrages, da dieser – als prozessuales Parteirecht – den normativen Eingriff in die Rechtssphäre des Rechtsmittelwerbers durch die belangte Behörde voraussetzt, wozu es aber eines anhängigen (materiellen Titel-)Verfahrens bedürfte. Dies ist im gegenständlichen Fall (siehe unten Pkt. III.3.) jedoch nicht anzunehmen.

 

III.3.1. Der bekämpften Lastschriftanzeige kommt schon auf Grund der mangelnden Unterfertigung keine Bescheidqualität zu.

 

III.3.2. Aber auch die Lastschriftanzeige per se ist nach stRsp des VwGH kein Bescheid (vgl. VwGH vom 25.04.2005, 2004/17/0215). Selbst eine – im gegenständlichen Fall aber gar nicht vorhandene – ausdrückliche Beifügung einer Bezeichnung als „Bescheid“ ließe nicht eindeutig erkennen, ob tatsächlich ein Bescheid vorliegt oder nicht (vgl. VwGH vom 25.09.2012, 2010/17/0114).

 

III.3.3. Ebensowenig ist dem Schriftsatz der belangten Behörde vom 24.02.2015 Bescheidqualität beizumessen. Es handelt sich dabei ausschließlich um ein Informationsschreiben samt Hinweis auf ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren und der diesem zu Grunde liegenden rechtlichen Bestimmung. Weder aus dem Inhalt noch aus der Formulierung lässt sich ein konkreter, d.h. aktueller normativer Erledigungswille ableiten. Dies gilt insbesondere auch für der Wiederholung der bereits in der Lastschriftanzeige enthaltenen (und auch dort nicht bescheidmäßigen) Zahlungsaufforderung. Die Berufung wurde dadurch jedenfalls nicht (und zwar auch nicht unzuständiger Weise) erledigt.

 

III.4. Darüber hinaus bedürfte auch die Frage des tatsächlichen Bestehens eines Vollmachtsverhältnisses einer allfälligen Beurteilung durch die Behörde. Ausdrückliche Vollmachtserteilung ist aus dem vorgelegten Akt jedenfalls nicht ersichtlich.

 

 

IV. Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass die belangte Behörde über die Berufung der Bf – wie wohl dazu verpflichtet – nicht entscheiden hat. Es liegt demnach ein Säumnisfall vor.

 

 

V. Zulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Markus Kitzberger

Hinweis:

Dieses Dokument wurde amtssigniert. Informationen zur Prüfung der elektronischen Signatur und des Ausdrucks finden Sie unter: „https://www.lvwg-ooe.gv.at/Das Gericht/Amtssignatur des OÖ. LVWG“.