LVwG-200007/11/SCH/HK

Linz, 22.10.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Schön über die Beschwerde des Herrn B H, G,  B, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Mag. B S, O, B, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 10. April 2015, GZ. Pol96-232-2014, wegen Übertretungen nach dem Oö. Jugendschutzgesetz 2001 (Oö. JSchG 2001) nach öffentlicher mündlicher Verhandlung und Verkündung der Entscheidung am 14. Oktober 2015

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG  wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z1 VStG eingestellt.

 

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 8 und Abs. 9 VwGVG entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat über Herrn B H, den nunmehrigen Beschwerdeführer, mit Straferkenntnis vom 10. April 2015, GZ: Pol96-232-2014, eine Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, wobei der Spruch des Straferkenntnisses wie folgt lautet:

 

Sie haben es am                                                                 in

11.07.2014, 22.00.Uhr bis 12.07.2014,       B

00.55 Uhr                                            

 

als Verantwortlicher der Veranstaltung ‚S‘ unterlassen, dafür zu sorgen dass die Jugendschutzbestimmungen eingehalten wer­den.

Der 17-jährige Jugendliche S F, richtig: K, konsumierte im Zeit gebrannten Alkohol in Form von Whiskey, Schnaps und Wodka, den er vom Personal erhielt obwohl er diesen laut Oö. Ju­gendschutzgesetz erst ab dem 18. Lebensjahr konsumieren darf.

An Jugendliche dürfen keine alkoholischen Getränke oder Tabakwaren abgegeben werden, wel­che sie im Sinn des § 8 Abs. 1 Oö. JSchG nicht erwerben und konsumieren dürfen, weiters ha­ben die Veranstalter die notwendigen Vorkehrungen zur Einhaltung der Jugendschutzbestim­mungen zu treffen, insbesondere durch die Überprüfung des Alters, die Verweigerung des Zu­tritts, die Aufforderung zum Verlassen dieser und die erforderliche Anweisung der Mitarbeiterin­nen und Mitarbeiter.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§ 8 Abs. 2 und § 4 Abs. 3 lit. 2 iVm § 12 Abs. 1 Z 2 und 3 Oö. Jugendschutzgesetz 2001, LBGI.Nr. 93/2001 idgF.“      

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von 200 Euro und falls diese uneinbringlich ist eine Ersatzfreiheitsstrafe vom 43 Stunden gemäß § 12 Abs. 1 Z2 und 3. Oö. JSchG 2001, LGBl.Nr. 93/2001 idgF verhängt.

 

Weiters wurde ein Kostenbeitrag zum Verwaltungsstrafverfahren in der Höhe von 10% der verhängten Geldstrafe, also 20 Euro, vorgeschrieben.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschwerdeführer rechtzeitig Beschwerde erhoben. Die belangte Behörde hat die Beschwerde samt Verfahrensakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Dieses hatte gemäß § 2 VwGVG durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter zu entscheiden.

Am 14. Oktober 2015 wurde eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung abgeführt, an der der Beschwerdeführer mit seiner rechtsfreundlichen Vertretung und zwei Zeugen teilgenommen haben. Die belangte Behörde hat sich im Vorfeld der Verhandlung für ihr Nichterscheinen entschuldigt.

 

3. Vorweg wird seitens des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich in formeller Hinsicht Folgendes festgestellt:

Die belangte Behörde wirft dem Beschwerdeführer nach der Formulierung des Spruches des angefochtenen Straferkenntnisses nicht eine, sondern zwei Übertretungen des Oö. JSchG 2001 vor. Zum einen geht es um den Konsum von gebranntem Alkohol durch einen 17-jährigen Jugendlichen, welcher Umstand eine Übertretung des § 8 Abs. 1 Oö. JSchG 2001 darstellt. Dort heißt es, dass Jugendlichen ab dem vollendeten 16. Lebensjahr der Erwerb und der Konsum von gebrannten alkoholischen Getränken, auch in Form von Mischgetränken, verboten ist. Gemäß Abs. 2 dürfen an Jugendliche keine Waren abgegeben werden, die sie im Sinn des Abs. 1 und 1a nicht erwerben und konsumieren dürfen. Gegen dieses Verbot habe der Beschwerdeführer verstoßen.

§ 12 Abs. 1 Z3 leg.cit sieht als Strafbestimmung vor, dass sich jener Erwachsene strafbar macht, entgegen dem Verbot des § 8 Abs. 2 Waren an Jugendliche, welche diese nicht erwerben und konsumieren dürfen (§ 8 Abs. 1 und 1a), abgibt.

Des Weiteren enthält der Spruch des Straferkenntnisses den Tatvorwurf, dass der Beschwerdeführer als Veranstalter die notwendigen Vorkehrungen zur Einhaltung der Jugendschutzbestimmungen nicht getroffen habe.

§ 4 Abs. 3 Z2 Oö. JSchG 2001 ordnet an, dass unter anderem Veranstalter die notwendigen Vorkehrungen zur Einhaltung der Jugendschutzbestimmungen zu treffen haben, insbesondere durch Überprüfung des Alters, die Verweigerung des Zutritts zu den Betriebsräumlichkeiten, Veranstaltungsorten, Liegenschaften etc.

Auch für die Zuwiderhandlung gegen diese Vorschrift enthält § 12 leg.cit eine eigene Strafbestimmung für Erwachsene, nämlich Abs. 1 Z2. Strafbar macht sich demnach ein Erwachsener, der den für eine Veranstaltung gemäß § 4 Abs. 3 vorgeschriebenen Auflagen, Vorkehrungen und Kontrollverpflichtungen oder sonstigen Jugendschutzbestimmungen zuwiderhandelt.

Aus dieser Rechtslage erhellt eindeutig, dass im Falle mehrerer Tatvorwürfe im Sinne des § 22 Abs. 1 VStG demnach auch zwei Verwaltungsstrafen zu verhängen sind. Die von der belangten Behörde gewählte Vorgangsweise, nämlich bloß eine Strafe festzusetzen, widerspricht somit dem gesetzlich vorgegebenen Kumulationsprinzip.

 

4. Unbeschadet dieser Erwägungen ist in der Sache selbst noch Folgendes festzuhalten:

Anlässlich der eingangs angeführten Beschwerdeverhandlung ist jener Jugendliche, dem gebrannter Alkohol ausgegeben worden war, für welchen Vorgang der Beschwerdeführer als Verantwortlicher des Veranstalters verwaltungsstrafrechtlich haftbar gemacht wurde, zeugenschaftlich befragt worden. Dabei hat er Nachstehendes angegeben:

„Ich weiß noch, dass ich damals Gast im Veranstaltungszelt in B war, wann ich dort angekommen bin, weiß ich heute aber nicht mehr. Ich hatte schon vor dem Besuch dieser x-Disco alkoholische Getränke konsumiert gehabt. Wir hatten damals schon eine Wodka-Flasche getrunken gehabt, gemeint sind hier vier bis fünf Personen. Es handelte sich um eine Flasche im Ausmaß von 0,7 l Inhalt. Wir hatten damals diese Alkoholmenge relativ schnell konsumiert gehabt. Der Alkoholkonsum erfolgte privat. Es kann auch sein, dass ich zu diesem Zeitpunkt noch dazu Bier konsumiert hatte, über bestimmte Mengen kann ich aber heute nichts mehr sagen. Ich kann heute sagen, dass ich zu dem Zeitpunkt, als ich bei der Ö3-Disco eintraf, schon alkoholisiert war. Wir waren damals schon in B aufhältig gewesen, ich stamme aus B. Meine Freunde und ich hatten uns zusammengesetzt und getrunken, wie schon geschildert.

Wir gingen dann in der Folge in dieses Disco-Zelt in B. Ich hatte für den Eintritt bereits eine Karte gehabt. Es wurde beim Eingang eine Ausweiskontrolle durchgeführt. Welche Person, ob allenfalls die heute anwesend gewesene Zeugin oder eine andere die Ausweiskontrolle durchgeführt hat, weiß ich heute nicht mehr. Jedenfalls hat eine Ausweiskontrolle stattgefunden. Ich habe ein Band bekommen. Da bin ich mir ganz sicher. Meine Freunde und ich begaben uns innerhalb des Disco-Zelts dann an die Bar. Wir tranken dort Whisky mit RedBull. Die Getränke wurden uns anstandslos serviert.“

 

Des Weiteren hat der Zeuge noch angegeben:

„Wir waren damals an der Bar glaublich zwischen fünf und zehn Personen. Die anderen Bekannten waren großteils schon über 18 Jahre alt gewesen. Wir standen damals beisammen an der Bar und einer nach dem anderen bestellte die Getränke. Es kam an der Bar auch zu Bestellungen in der Form, dass einer von uns eine Runde ausgab. Dies heißt, dass er die Getränke bestellt und übernahm und dann die Getränke von uns konsumiert wurden. Auch ich habe eine solche Einladung einmal ausgesprochen und eine entsprechende Runde bezahlt. Ich bekam auch direkt Getränke ausgeschenkt vom Personal.

Zu den vorhin erwähnten bezahlten Getränkerunden ist zu sagen, dass dies eigentlich der Regelfall war bei unserem Aufenthalt an der Bar.“

 

Diese Angaben des Zeugen stehen zum beträchtlichen Teil in Widerspruch zu jenen, die er am 15. September 2014 bei der belangten Behörde gemacht hatte. In der entsprechenden Niederschrift heißt es, dass eine Ausweiskontrolle nicht stattgefunden hätte, auch sei er nicht nach seinem Alter gefragt worden.

Demgegenüber sei laut Angaben des Zeugen in der Beschwerdeverhandlung sehr wohl eine Ausweiskontrolle erfolgt. Zutage kam bei dieser Verhandlung auch der Umstand, dass der Zeuge offenkundig schon alkoholisiert war, als er das Partyzelt besuchte. Es muss daher relativiert werden, wie verlässlich denn die Angaben eines solchen Zeugen einzustufen sind. Nach den Angaben des Zeugen dürfte die Getränkeausgabe auch nicht durchgängig an einzelne Personen erfolgt sein, sondern in Form von „Runden“ und hiebei muss wohl dem Schankpersonal  die nicht gehörige Beachtung des Alters der Gäste angerechnet werden, allerdings darf dabei auch nicht gänzlich vernachlässigt werden, dass der Zeuge nur noch rund vier Monate vor der Vollendung des 18. Lebensjahres war.

Die zweite bei der Beschwerdeverhandlung befragte Zeugin stützte im Wesentlichen die Verantwortung des Beschwerdeführers, dass eigens eine Security-Firma in Form von zwei Männern und einer Frau engagiert gewesen seien, die alle Ausweise kontrolliert hätten. Auch habe es Armbänder für die Gäste gegeben, die die entsprechende Altersklasse erkennbar gemacht hätten. Auch sei eine Unterweisung im Hinblick auf die Jugendschutzbestimmungen erfolgt. Bei entsprechend starkem Andrang habe sie und eine Kollegin auch diese Tätigkeiten ausgeführt.

Der Beschwerdeführer selbst hat bei der Verhandlung angegeben, auch bei der Veranstaltung anwesend gewesen zu sein und die Kontrollen selbst beobachtet zu haben. Für den Ausschank bei der x-Disco sei ein Gastronom und Caterer verpflichtet worden, der in diesem Bereich dann auch tätig gewesen sei. Auch diese Person sei von ihm in die Jugendschutzbestimmungen eingewiesen worden.

 

5. In der Zusammenschau dieser Sachverhaltselemente im Verein mit ihrer rechtlichen Würdigung ist das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Ansicht gelangt, dass ein Nachweis der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Übertretungen aufgrund eines unzureichenden Organisations- oder Kontrollsystems nicht mit der für eine Bestrafung erforderlichen Gewissheit zu erbringen ist. Die von ihm geschilderten und auch im Beweisverfahren im Wesentlichen bestätigten Vorkehrungen lassen die Bewertung zu, dass hier gerade noch kein strafbares Verhalten gegeben war. Zumal der Verwaltungsgerichtshof an ein funktionierendes Kontrollsystem aber einen schon nahezu an eine Erfolgshaftung grenzenden Maßstab anlegt, soll dem Beschwerdeführer schon bewusst sein, dass er mit der Übernahme der Verantwortung für eine Veranstaltung auch für Vorgänge verwaltungsstrafrechtlich haftbar zu machen ist, die von ihm vor Ort nicht lückenlos überwachbar sind, sondern es bloß auf die indirekte Eingriffsmöglichkeit in Form von entsprechenden Vorbereitungs- und Kontrollmaßnahmen ankommt.

In diesem Sinne ist hervorhebend darauf hinzuweisen, dass das gegenständliche Verfahren insbesondere deshalb im Ergebnis zugunsten des Beschwerdeführers ausgegangen ist, da ein Zeuge auftrat, dessen Angaben nicht nur widersprüchlich, sondern aufgrund seiner damaligen Alkoholisierung auch nur bedingt relevant waren.

 

 

II. Die Entscheidung über die Kosten ist in den zitierten gesetzlichen Bestimmungen begründet.

 

 

 

 

 

Zu III.:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes am, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von jeweils 240 Euro zu entrichten.

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. S c h ö n